Also… was gibt es in Lemberg zu sehen?
Lemberg heute am Prospekt Swobody (Freiheitsallee). Das vorherige Bild stammt aus der österreichischen Tageszeitung "Die Presse"
Zu Beginn einmal ein Tipp für den Besucher: Vor der Oper finden täglich um 12 Uhr kostenlose Touren durch die Metropole statt. Dabei sein ist in jedem Fall ein Vorteil.
Vor der Oper gibt es nicht sooo viel zu sehen..
Die Oper selbst bietet schon einmal einen interessanten Startpunkt. Sie wurde mit dem dazugehörigen Prospekt Swobody (Prospekt ist ukrainisch für Allee oder Prachtstraße) von den Österreichern erbaut. Die meisten Häuser, die den Platz umringen waren früher einmal Banken – doch davon ist nicht allzu viel geblieben – außer die Eingänge, die an den Ecken der Häuser angebracht wurden. Das brachte angeblich Glück.
Die Oper im Hintergrund. Opfer von ihr wurde das Bächlein, das einst unter Lemberg durchgeflossen ist
Angelegt wurde das ganze, um auch im Osten eine imperiale Stadt nach Wiener Vorbild zu haben. Während die Oper in Budapest erst nach langer Debatte erbaut werden durfte schien es hier weniger Probleme gegeben zu haben.
Die beiden Hauptplätze, die gleich nebeneinander liegen sind ebenfalls eine Tour wert. Die Kirche, die nahe dem Hauptplatz steht ist eine polnisch-katholische, da Lemberg ursprünglich Polnisch war. Von hier gehen auch die Wege in die anderen Bezirke, da die Ethnien recht streng separiert wurden.
Ab hier würde das jüdische Viertel beginnen
Straße in das serbische Viertel
Serben wohnten in der serbischen Straße, Juden im jüdischen Bezirk, Armenier im armenischen, Polen im polnischen und so fort. Zu Zeiten der Habsburger, war der Osten ein regelrechtes Sammelbecken von Sprachen und Völkern. Heute zeugen noch Straßennamen und Restaurants davon.
Cafè mit einer Statue von Leopold von Sacher-Masoch. Er war mit dem Wort "Masochismus" bei weitem unglücklicher als der Betreiber des Themenlokals
Da es von beiden mehr als genug gibt – und sich Zweitere auch verdienen müssen, erlebt die „Event-Gastronomie“ eine regelreichte Blüte. Das Partisanenlokal war nur ein Beispiel dafür. Im Café Sacher-Masoch, das dem gleichnamigen österreichischen Schriftsteller (Leopold von Sacher-Masoch) gewidmet ist (zwar wurde durch ihn die Bezeichnung “Masochismus“ geprägt, jedoch sind seine Werke nicht so masochistisch, wie man vermuten mag) sind im Preis bestimmte Tortouren mit inbegriffen. Ein Café widmet sich der Sagenwelt der Ukraine und gegenüber steht ein „jüdisches“ Restaurant.
Perfekt platziert neben den Überresten der Synagoge zur Goldenen Rose will der Betreiber seinen Gästen das Judentum näher bringen. Wobei dies teilweise lustig, hin und wieder aber etwas hilflos erscheint, aber in jedem Fall einen Besuch wert ist.
Überreste der Synagoge zur "Goldenen Rose"
Händewaschen gehört auch dazu. Soviel weiß man hier. Nach dem "Warum" sollte man dann allerdings nicht fragen...
Die Bedienung begrüßt die Gäste mit einem „Schalom“ (eine Andere mit „Scholem Ajlechem“ – wer diese trifft, richte ihr bitte einen schönen Gruß von mir aus – im Zweifelsfall bin ich der verrückte Österreicher, der den Bierkrug bekommen hat), vor dem Essen werden die Hände mit frischem Wasser gewaschen und zu jeder Mahlzeit gibt es Mazzot (dieses geschmacklose Knäckebrot) – meine Frage, ob wir denn schon Pessah haben wurde mit Verwunderung beantwortet. Man findet neben verschiedenen „jüdischen“ Gerichten auch einige Eigenkreationen, wie „Funny Jew“.
"Funny Jew"...?
Das Essen ist schlecht und viel zu wenig
Doch damit ist es noch nicht getan. Die Speisekarte beinhaltet keine Preise. Die Rechnung ist generell komplett überteuert und man muss sie erst herunterhandeln (oder gleich den richtigen Preis verlangen). Nach der Mahlzeit wurden mir 250 berechnet (etwa 25 Euro) und nach einigen Ausrufen meinerseits, dass das Essen zu wenig und obendrein schlecht wäre konnte ich ihn immer mehr drücken. Ab 110 (unter 11 Euro – für ein Dreigängemenü) zeigte sich die Kellnerin jedoch gnadenlos. Der Grund: Die Rechnung machte 113 aus und alles was darunter liegt, hätte sie aus eigener Tasche bezahlen müssen. Tat sie (wie zu erwarten war) auch nicht.
Zugegeben: Das ganze macht das Restaurant noch lange nicht jüdisch, jedoch war es eine interessante Abwechslung. Wie gesagt – in Lemberg muss man um die Touristen kämpfen, um zu überleben.
Es gibt noch Synagogen in Lemberg. Eine ist die Beis Aharon W'Yisrael Synagoge
Die Synagoge hinter der Gaststätte hat jedoch eine weitaus traurigere Geschichte. Die Juden der Stadt mussten immer wieder um ihr Bestehen bangen und die deutschen Nationalsozialisten brannten sie endgültig nieder. Soweit ich weiß, hat in Lemberg keine Synagoge überlebt. Zwei wurden entweder wiederaufgebaut oder haben eine Geschichte, die mir nicht bekannt ist. Eine ganz im Westen der Stadt – die Beis Aharon W’Yisrael Synagoge, oder Tsori Gilead Synagoge, sowie eine andere im Norden der Stadt, die jedoch gerade geschlossen war. Renovierungsarbeiten, wie mir schien.
In der ganzen Stadt verteilt finden sich nicht nur viele Märkte, sondern auch einige schöne Parks und eine etwas heruntergekommene Zitadelle, die den Besuch nicht wirklich wert ist – die Gebäude werden heute eher als Handelsniederlassungen verwendet.
Wer die Stadt überblicken will, wird im Rathaus auf seine Kosten kommen: Ein Turm bietet einen ausgesprochen guten Überblick.
Auf den ersten Blick etwas besser ist der Berg, der in der Stadt steht (ob das der „Lemberg“ ist, konnte ich nicht in Erfahrung bringen), jedoch verdecken einige Bäume den optimalen Blick in die Stadt. Für Liebespärchen ist das scheinbar ein idealer Ort. Wenn nicht alle so denken würden. Einige etwas beschwipstere aushilfs-Casanovas versuchen ihre Liebste mit verschiedenen Ballermann-Chansons zu verführen. Sollte dies nicht den gewünschten Effekt erzielen, so singen sie einfach lauter.
Lemberg bei Nacht.
Ein weiteres Erlebnis sind Busfahrten. So wirklich habe ich das System dahinter nicht verstanden. Auch nicht, ob es überhaupt eines gibt. Manchmal reicht man dem Fahrer zwei Griwen und darf mitfahren. Ein andermal zahlt man drei und bekommt ein Ticket dafür.
Auch die Busstation befindet sich ganz woanders, als man erwarten würde – nämlich sehr weit außerhalb der Stadt. Dort geht es per Bus in fast alle größeren Städte Europas.
Immer aufpassen beim Busfahren - in Osteuropa ist der Abenteuerurlaub im Preis mitinbegriffen
Meiner hat mich nach Lublin in Polen gebracht. Und es war ein Abenteuer. Bis zur Grenze geht eigentlich alles ganz gut, dann wartet man auf der ukrainischen Seite (Der Pass wird wie schon bei der Einreise für eine Stunde beschlagnahmt), dann wartet man auf er anderen Seite der ukrainischen Grenze auf die Ausreise – um den Pass zurückzubekommen und auf der Polnischen Seite auf die Einreise zu warten. Die bei uns vier Stunden gedauert hat, da gerade niemand arbeiten wollte (diese Information stammt von einer polnischen Mitreisenden). Statt um 16:00 sind wir dann erst um 20:00 drangekommen.
Aber bequem sind sie, die Busse.
Die Straßen von Lemberg
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