Wie war's bis jetzt?
Zwei Tage LBM18 sind vorbei, Zeit für eine kurze Zwischenbilanz. Ich bin dort als Buchbloggerin mit Presseausweis, was einige Vorteile mit sich bringt: Ich zahle keinen Eintritt, die separate Garderobe ist gratis, das Parken ebenso und dasLBM 2018 - Halle Presseeingang
Journalistenrestaurant bietet Essen zu günstigen Preisen an. Als Erkennungsmerkmal trägt man wähernd des Messebesuchs den Presseausweis an einem blauen Band um den Hals. Das erinnert an die bunten Armbändchen in All-inclusive-Hotels. Die Organisation rund um Anfahrt und Akkreditierung habe ich im Vergleich zur Frankfurter Buchmesse als besser empfunden. Doch weiter mit dem eigentlichen Messebesuch.
Halle 1: Bunter geht es nicht
Dies ist mein erster Besuch auf der Leipziger Buchmesse. Aus Gründen, die in meiner Person liegen, überlege ich mir vor solchen Großveranstaltungen genau, ob es sich für mich lohnen könnte, die Mühe eines Besuchs auf mich zu nehmen. Der Aufwand ist etwas größer, da mich eben wegen dieser persönlichen Gründe eine Person begleitet. Wie schon in Frankfurt wie auch jetzt in Leipzig ist meine Freundin bei mir, die mich seit 40 Jahren kennt und erträgt. Danke Sabine!Vom Presseeingang aus kommt man an der bestimmt buntesten Halle vorbei: Gleich in Halle 1 findet die Manga-Comic-Con statt. Da geht das Herz allen auf, die sich für Mangas, Comics, Animes und Games interessieren. Meins nicht, weil mich das nicht besonders anspricht, aber die Besucher sind vom Jugendlichen bis zum Erwachsenen phantasievoll verkleidet. Von Kostümen von der Stange bis zu aufwendigen selbstgemachten ist alles dabei. Wem das noch nicht genug ist, der belässt es nicht nur bei schillernder Kleidung, auffälligen Perücken oder geschminkten Gesichtern, sondern setzt sich auch noch ein blinkendes Geweih auf. Man fällt eher auf, wenn man in normaler Kleidung herumläuft.
Vorträge und Lesungen
Ich habe mir sehr unterschiedliche Lesungen angesehen und gebe zu, dass ich offensichtlich von falschen Voraussetzungen ausgegangen bin. Der Auftritt bei einer so großen Veranstaltung mit einer breiten Wirkung sollte gut vorbereitet sein. Das dachte ich zumindest. Eine Autorin, deren Buch in einem Publikumsverlag erschienen ist und die für ihr Werk einen Preis erhalten hatte, wurde von einer Dame angekündigt, die offenbar eine Verlagsmitarbeiterin war. Sie schien so etwas nicht so oft zu machen, ihr Part wirkte unsicher und nicht professionell. Die Autorin las eine knappe halbe Stunde einige Teile aus ihrem Buch, die sie sich in einer Mappe zusammengestellt hatte. Aber nicht nur das Mikrofon war nicht optimal eingestellt, die Autorin hatte offenbar auch keine Übung im Vorlesen. Ihre Stimme schwankte, und teilweise las sie den Text so betont vor, dass es anstrengend wurde, ihr zuzuhören. Ich verstehe nicht, dass ein großer Verlag solch einen Termin, der den Verkauf ankurbeln soll, nicht besser und professioneller vorbereitet.Ein Self Publisher hat auf einer anderen Bühne aus seinem neuesten Krimi vorgelesen, der in Norddeutschland spielt. Er wirkte zwar etwas verloren, kam aber gut rüber. Ich habe vor so einem Einsatz Respekt, weil sich Self-Publishing-Autoren um alles selbst kümmern müssen und es schwer haben, gegen Publikumsverlage zu bestehen.
Ein Poetry-Slammer hat ebenfalls aus seinem Buch gelesen. Ich habe bisher nicht gewusst, dass Slammer das, was sie auf der Bühne machen, auch in Büchern veröffentlichen. Fehlt da nicht das ganze Atmosphärische, was deren Auftritte auch ausmacht? Dieser Auto hatte - wen wundert's - die nötige Bühnenerfahrung, um sein Publikum gut zu unterhalten.
Mehr zufällig habe ich dann bei einem Vortrag zugehört, der von einem großen deutschen Nachrichtenmagazin veranstaltet wurde. Diese Wochenzeitschrift ist u. a. bekannt dafür, dass sie wöchentlich aktuelle Bestsellerlisten veröffentlicht. Bücher, die dort mal aufgetaucht sind, bekommen einen orangen Aufkleber aufs Cover. Jetzt weiß ich, wie diese Bestsellerlisten zustande kommen. Bisher habe ich geglaubt, es ginge nur um die Bücher mit den höchsten Verkaufszahlen. Okay, das spielt auch eine Rolle, aber eben nicht nur: Die tatsächlichen Bestsellerlisten werden dann noch mal "bereinigt". Titel, die so etwas wie Evergreens sind, fliegen sofort raus: Der Duden und die Bibel wird man darum nicht in diesen Listen sehen. Außerdem erhebt man den Anspruch, dass die erstellten Bestsellerlisten einen Trend widerspiegeln sollen. Eine Flut von Bibelkäufen, die möglicherweise eine neue Hinwendung der Buchkäufer zum Religiösen markieren könnte, würde zumindest in dieser manipulierten Liste außen vor bleiben.
Und sonst so?
Um sich das anzusehen, was die großen Publikumsverlage neu auf den Markt gebracht haben, muss man nicht zur Buchmesse gehen. Neben brandaktuellen Titeln liegen auch solche, die schon vor etlichen Jahren auf den Markt gebracht wurden. Deshalb habe ich meinen Schwerpunkt auf unabhängige Verlage und Self Publisher gelegt. Das war auch aus einem anderen Grund gut: Trotz meines am Hals baumelnden Presseausweises spricht das Standpersonal der großen Verlage nur mit den eigenen Kollegen oder Menschen, mit denen vorab bereits Treffen abgesprochen worden sind. Andere werden schlicht ignoriert. Ich finde das angesichts der schwindenden Anzahl von Buchkäufern erstaunlich. Kein Kontakt zu Lesern, kein Kontakt zu Bloggern. Immer wieder lese ich in der Presse und im Internet, dass die Verlage die Wichtigkeit von Buchbloggern und deren Einfluss auf die Leserschaft erkannt haben, aber an den Ständen der großen Verlagshäuser macht sich das nicht bemerkbar. Man sitzt zusammen, stößt hier und da mit einem Glas Sekt an und findet sich augenscheinlich großartig. Soweit mein subjektiver Eindruck.Ganz anders bei den unabhängigen Verlagen: Dort habe ich erlebt, dass man um den Kontakt zu den Lesern bemüht ist und auch die Schwierigkeiten anspricht, unter denen dort gearbeitet wird. An mehreren Ständen habe ich mit Autoren und Verlegern sehr nette Gespräche geführt. Vielleicht ergibt sich daraus etwas Neues.
Als sehr kontaktfreudig habe ich auch die Mitarbeiter an den Ständen der Unis empfunden. Es ist ganz ungewohnt, gefragt zu werden, ob man etwas suche oder Hilfe benötige und auf Fragen kompetente Antworten zu bekommen.
Dieser Text ist am Morgen des dritten Messetages entstanden. Der Großraum Leipzig liegt unter einer geschlossenen Schneedecke, der Verkehr auf den Bundesstraßen und Autobahnen geht zum Teil im Schneckentempo oder oft auch gar nicht vorwärts. Mal sehen, wie es heute weitergeht.