Wenn ich auf Fotosafari bin, begleiten mich in der Regel eine Olympus E-M1X mit 300mm ƒ4 Teleobjektiv und eine E-M1 II mit 12–100 ƒ4 Universalzoom. Ersteres wiegt etwa 2,3kg, Letzteres knapp 1,1kg. Beides möchte ich nach Möglichkeit so schnell ziehen können, wie ein Westernheld seinen Revolver. Da ist die Wahl des richtigen Tragesystems keine leichte.
Nachdem ich 2008 von meiner ersten DSLR, der Nikon D80, auf die Vollformatkamera D700 umgestiegen bin, war ich mit dem der Kamera beigelegten Gurt nicht mehr glücklich. Schon damals begleiteten mich oft beide Apparate, um ohne Objektivwechsel für weite Winkel und entfernte Subjekte gerüstet zu sein. Als Lösung fand ich das System von OP/Tech USA, dem ich mehrere Jahre treu blieb, und über das ich noch 2016 diesen Artikel verfasste.
Das System umfasst zahlreiche Produkte, ist vielseitig kombinierbar und grundsätzlich angenehm zu tragen, da das Hauptmaterial – Neopren – weich und elastisch ist. Allerdings trage ich Kameras nicht um den Hals, sondern mit dem Riemen quer über die Schultern an der Seite. Daraus ergibt sich zum Einen das Problem, dass etwas schwerere Kameras auf Dauer recht unangenehm an der Hüfte baumeln. Außerdem sind reguläre Riemen generell unpraktisch, wenn man die Kamera zum Auge zieht, erfordern sie doch, dass der Gurt an der Schulter nach hinten rutschen muss.
Lange Zeit sah ich mich nach einer Alternative um. Die Systeme von Sun Sniper und Black Rapid schienen mir interessant, allerdings fand ich zu viele Berichte, dass die Befestigung nicht immer ganz sicher sitzt. Darüber hinaus vermute ich, dass die Kamera dadurch, dass sie über einen einzigen Punkt mit dem Gurt verbunden ist, noch deutlich heftiger an der Hüfte baumelt als mit einer Befestigung über zwei Punkte, so dass ich mich nie dazu entschließen konnte die Systeme zu testen.
Irgendwann habe ich es mit Peak Design und einen ihrer Riemen getestet. Anschließend sagte ich OP/Tech Goodbye und nutze heute Gurten und Handschlaufen dieser Marke. Das glatte Sicherheitsgurt-Material der Peak-Design-Gurte gleitet mit wenig Widerstand über die Schultern, wenn die Kamera von der Hüfte zum Auge hoch gehoben wird. Sie sind relativ breit und das Material ist ausreichend elastisch für einen guten Tragekomfort. Lediglich wenn man nur ein T-Shirt trägt liegt der Gurt auf der Haut statt auf Stoff und trotz der Glätte des Materials wird es mit der Zeit unangenehm, wenn er beim Heben der Kamera dauernd über die Haut rutscht.
Hinzu kommt, dass zwei Kameras an zwei über den Schultern getragenen Gurten auch eine eher suboptimale Lösung sind. Aus diesem Grund habe ich meine Peak-Design-Ausstattung um Capture Clips erweitert. So kann ich eine Kamera am Gürtel oder dem Schulterriemen eines Rucksacks tragen und nur eine am Schulterriemen.
Leider ist das Clip-System nicht ganz tadellos. Es beginnt damit, dass die Bodenplatten der Versionen 2 und 3 nicht vollständig kompatibel sind. Wird der Clip v3 an einem dünnen Gurt befestigt, stehen des Weiteren hinten die Schrauben über und bohren sich in den Körper – ich beichtete darüber. Letzten Sommer kam hinzu, dass die Clips auf längeren Touren beim Gehen zu quietschen begannen. Nicht nur einer, sondern sowohl die alte als auch die neue Version. Die Idee mit Waffenöl für Abhilfe zu sorgen entpuppte sich als Flop.
Positiv erwähnen möchte ich allerdings, dass ich diesbezüglich mit Peak Design Kontakt aufnahm und mir das Unternehmen anbot, die Clips zurück zu nehmen und mir den Preis zurückzuerstatten, ohne überhaupt danach zu fragen, wie alt sie sind. Sehr lobenswert und das Gegenteil, was ich in letzter Zeit mit einigen anderen Unternehmen erlebt habe und noch immer erlebe.
Auf der Suche nach Videos zum Thema Vogelfotografie stolperte ich dann unlängst auf eines von Tim Boyer, in dem er über seine Erfahrungen mit dem Cotton Carrier berichtet.
Nun finde ich, dass das Teil recht peinlich aussieht. Andererseits, wenn es hilft zwei Kameras auf stundenlangen Ausflügen komfortabel zu tragen und die Apparate jederzeit blitzschnell griffbereit zu haben, ist mir eigentlich nichts zu peinlich. Also habe ich ein Cotton Carrier Harness (Cotton Carrier Website | Amazon-Affiliate-Link) für zwei Kamera geordert.
Die Produkte von Cotton Carrier lassen sich leider nicht als Schnäppchen titulieren. Allerdings habe ich gerade unlängst wieder erfahren, dass doppelt kauft, wer billig kauf. Und das lief so: Da meine Frau gelegentlich Schmerzen in der Hüfte hat, suchte ich für sie nach einer Befestigungsmöglichkeit für den Gürtel, allerdings mit größerer Auflagefläche, als das Pro Pad von Peak Design. Das Tragesystem von B-Grip (Amazon-Link) versprach so ein System zu sein, und schien darüber hinaus auch noch preiswert zu sein. Leider sind die B-Grip-Produkte nicht nur billig, sie fühlen sich auch so an. Zwar funktioniert das System teilweise nicht schlecht, die Kunststoffe wirken stabil, aber die Clips sind ausgesprochen klobig und ein Teil der Materialien wirkt so billig, dass man sie nicht gerne anfasst.
An den Materialien des Cotton Carriers finde ich nichts auszusetzen, an der Verarbeitung habe ich bislang keine Mängel entdeckt. Der Clip über den die Kamera am Gurt befestigt wird, ist das Effizienteste, was ich bislang getestet habe. Während sich Peak Design Clip gelegentlich verhakt, so dass einem manchmal ein Motiv entgeht, und das Einsetzen nicht zu selten zum Geduldspiel wird, geht das beim Cotton Carrier absolut reibungslos. Der Trick ist, dass die Kamera horizontal gehalten werden muss, um in den Befestigungsclip eingefügt werden zu können, danach schenkt sie in die Vertikale und kann nicht wieder heraus.
Der Tragekomfort ist besser als alles, was ich sonst bislang getestet habe. Das Gewicht verteilt sich auf die beiden Schultern und auf die Auflage unterhalb der Rippen. Die knapp 3,5kg meiner beiden Kameras tragen sich überwiegend so, als befänden sie sich im Rucksack. 3,5kg im Rucksack zwingen niemanden in die Knie. Einen echten Rucksack mit dem Geschirr zu tragen geht völlig problemlos – die beiden kommen sich nicht in die Quere. Lediglich auf dem Brustkorb entsteht ein Druck, der etwas beengend wirkt, und den Einzelne vielleicht als etwas unangenehm empfinden könnten, was allerdings jeder für sich selbst herausfinden muss. Ich für meinen Teil bind fürs Erste einmal sehr zufrieden mit dieser Entdeckung, und gehe davon aus, dass es Cotton Carrier bei mir Peak Design verdrängen wird. Von daher: Klare Empfehlung für alle die ordentlich Kamera längere Zeit griffbereit schleppen wollen.
Zur Abwechslung einmal Model statt Fotograf: Der Cotton Carrier Harness G3 für zwei Kameras. Und so sieht ein glücklicher Wäger von der anderen Seite aus. Und dann noch das Harness ohne dicke Kamera. Sieht peinlich aus, ja, trägt sich aber gut.