Lehrer werden: Was kommt da auf mich zu oder hast Du Nerven wie Drahtseile ?

Lachende Kinder, weinende Kinder, laute Kinder: Grundschullehrer haben bei ihrer Arbeit ständig Action. Das kann ganz schön stressig sein. Und wer sich für den Job entscheidet, sollte wissen, dass mehr als nur das Unterrichten dazugehört. Echte Allrounder in allen "Lebenslagen" sind gefragt.

Lehrer werden: Was kommt da auf mich zu oder hast Du Nerven wie Drahtseile ?

Kinder, Kinder - die müssen Sie im "Griff" haben?! Bild pixabay


Und dazu kommt ein Schlechtes Image, hohe Burnout-Raten, viele Ferien und das Beamtenprivileg. So weit die Vorurteile. Doch wie sieht der Markt, der Arbeitsalltag und die Bezahlung für junge Lehrer wirklich aus?
Der Lehrerberuf ist einer der ältesten und normalerweise schönsten Berufe überhaupt – und einer der wichtigsten in der Gesellschaft. Viele Lehrer haben Freude an ihrem Beruf, die anderen gehen in die Schule, weil sie nicht alleine saufen wollen, findet Entertainer Harald Schmidt.
Die Ausbildung
Beim Lehramtsstudium gibt‘s noch immer überwiegend ein zweiphasiges Modell. Zunächst der theoretische Teil an der Hochschule, später die Praxisphase, das 18- bis 24-monatige Referendariat an einer Schule. Kritikpunkt von Studenten wie Lehrern ist noch immer die Praxisferne im Studium. 

Die Anforderungen
Ich möchte, dass die Besten und Engagiertesten eines Jahrgangs Lehrer werden“, wünscht sich die Bundesbildungsministerin. Doch Spitzennoten machen noch keinen guten Pädagogen. Es ist sehr wichtig, dass man Kinder und Jugendliche mag. Der Lehrberuf ist ein kooperativer Beruf, das heißt, ihn kann man nicht alleine machen.
Für Josef Kraus, Präsident des deutschen Lehrerverbandes, brauchen Pädagogen etwas, was man nur schwerlich in Seminaren bekommt: "Nerven wie Drahtseile". Im hessischen Marburg gibt’s jemanden, auf den dies zutrifft. Marco Otto ist ein leidenschaftlicher Lehrer, "80 Prozent meines Lebens bestehen aus Schule", sagt er und das klingt nicht wehmütig, sondern stolz. Mittlerweile 18 Jahre besucht er diese Schule, als Schüler, Referendar und nun als Lehrer.

Die Jobchancen
Probleme, einen Job zu finden, hatte Marco Otto nicht. Das lag auch an seinen Fächern: Englisch und Latein. Geradezu gebuhlt wird auf dem Arbeitsmarkt um Lehrer mit Fächern wie Mathe, Physik, Informatik oder eben Latein. Dass es für Junglehrer auch anders aussehen kann, beschreibt der Berliner Stephan Serin in seinen teils autobiographischen Büchern "Föhn mich nicht zu" oder dem jüngst erschienen "Musstu wissen, weissdu!". 
In ihnen schildert er nicht nur den Alltag in deutschen Klassenzimmern, sondern auch seine unbefriedigende Jobsituation nach dem Referendariat. Bedingt durch seine Fächerwahl: Französisch und Politik. Als Vertretungslehrer hangelt er sich durch verschiedenste Berliner Schulen und gibt zu: "Natürlich hab ich auch darunter gelitten, dass die Chancen so schlecht waren aufgrund von meiner nur durchschnittlichen Note und mehr noch meinen Fächern."
Generell gilt: Der Markt für Lehrer ist extrem unübersichtlich, schließlich gibt es je nach Bundesland ganz unterschiedliche Schulformen oder Tarife. Chancen, gerade den Mangelfächern, gibt es auch für Quereinsteiger, allerdings nicht immer zu den besten Konditionen. Lehrervertreter Kraus, selbst Schulleiter an einem bayerischen Gymnasium, spricht da aus eigener Erfahrung: "Ich hab an meiner Schule in den letzten Jahren Diplom-Ingenieure und Diplom-Physiker eingestellt, aber ich konnte den Leuten immer nur einen Jahresvertrag geben."
Der Verdienst
Seit der Föderalismusreform legen die Bundesländer die Lehrergehälter an staatlichen Schulen fest, mit Ausnahme der Schweiz ein einzigartiges Modell in Europa. Da auch noch bei kirchlichen oder privaten Trägern unterschiedlich vergütet wird, ergibt sich eine entsprechend große Gehaltsspanne.
Laut Angaben der GEW von 2014 verdient ein Grundschullehrer ja nach Berufsalter zwischen 36.000 und 51.400 Euro jährlich. Pädagogen für die Mittelstufe kommen auf 42.000 bis 57.900 Euro, in der Oberstufe sind es zwischen 45.400 bis 64.000 Euro. Damit liegt Deutschland im oberen Drittel, lediglich in Luxemburg und Liechtenstein wird besser verdient.
Grundsätzlich scheint der Faktor"Gehalt" nur eine untergeordnete Rolle bei der Berufswahl zu spielen, auf die besser honorierten Rektorenstellen spekuliert laut einer aktuellen Allensbach-Umfrage nur jeder fünfte Lehrer. Unterschiede beim Gehalt ergeben sich aber auch aus dem Berufsstatus, so bleibt angestellten Lehrern bei gleichem Gehalt weniger Netto vom Brutto als verbeamteten Lehrern. Grund sind die Abzüge für die gesetzliche Rentenversicherung, die bei Beamten durch die spätere Pension aus der Landeskasse nicht anfällt.

Der Beamtenstatus
Dass gerade den jungen Lehrern die Verbeamtung wichtig ist, leugnen sie gar nicht. Zwei Dritteln ist der Status Beamter wichtig oder sehr wichtig. Warum eigentlich? Beamte müssen keine Kündigung fürchten, bekommen im Krankheitsfall ihr volles Gehalt und eine sichere Pension aus der Landeskasse.
Was davor steht, ist allerdings erst einmal eine große Hürde. Denn längst nicht in jedem Bundesland wird automatisch verbeamtet, gerade finanziell klamme Stadtstaaten wie Berlin oder Bremen scheuen die teuren Staatsdiener und vergeben lieber Angestelltenverträge. Hinzu kommt eine Gesundheitsprüfung, die am Ende des Referendariats für so manche Extraschicht im Fitnessstudio sorgt, schließlich sind nicht nur psychische oder körperliche Probleme, sondern auch ein BMI-Wert vonüber 25 K.-o.-Kriterien für eine Verbeamtung.
Doch der vermeintliche Traumstatus hat auch Schattenseiten. Die Standortsicherheit kann schnell zum Bumerang werden. Schon dein erster Posten bindet dich für mehrere Jahre, das ist ja auch klar, wenn man bedenkt, dass Klassen ihre Lehrer nicht ständig wechseln können. Auch das Streiken für bessere Gehalts- oder Arbeitsbedingungenist ihnen untersagt.

Lehrer werden: Was kommt da auf mich zu oder hast Du Nerven wie Drahtseile ?

Lehrer müssen fast Entertainer sein. Bild pixabay


Die Arbeitsbelastung
Vormittags haben sie recht und nachmittags frei, so weit das beliebte Lehrerklischee. Ein Gymnasiallehrer mit den Fächern Deutsch und Englisch verbringt im Schnitt pro Jahr etwa 1.000 Stunden allein mit den Korrekturen von Klausuren, Vokabeltests oder Aufsätzen. Bei diesen 1.000 Stunden hat er noch keine einzige Stunde gehalten oder vorbereitet, Kollegen vertreten, Elternabende oder Konferenzen abgehalten.
Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer verbringt rund 1.800 Stunden im Job. Zudem ist im Job jederzeit volle Konzentration gefragt. Die große Herausforderung ist, sich innerhalb eines Schultags auf ganz unterschiedliche Klassen- und Schülertypen inklusive ihrer Tagesform einzustellen.
Viele Lehrer machen sich nicht bewusst, dass man in diesem Beruf immer auf dem Präsentierteller steht. Denn die Klassen spiegeln einfach gnadenlos die Persönlichkeit des Lehrers zurück. Das ist auf Dauer sehr anstrengend. Hinzu kommen der ständige Druck von Schülern, Kollegen, Eltern und Vorgaben der jeweiligen Kultusbehörden, was Lehrstoff und Umfang angeht. Man nimmt den Beruf natürlich auch mit nach Hause. Man muss schon darauf achten, dass man irgendwann sagt, jetzt ist auch Schluss.
Druck, den man nach Möglichkeit beim Verlassen des Schulgeländes hinter sich lassen sollte. Wenige Lehrer schaffen den Spagat, nicht selten ist bereits das Referendariat die Nagelprobe für so manche Beziehung. Und dennoch – trotz aller Klischees, besonderen Arbeitsbedingungen und Belastungen, glücklich sind sie alle angeblich mit ihrer Berufswahl. Was gibt es Größeres und Wichtigeres, als Kinder und Jugendliche zu unterstützen, sich Dinge anzueignen, die sie in ihrem späteren Leben gut gebrauchenkönnen?"
Aktuell gibt es in Deutschland rund 800.000 Lehrer. Experten rechnen mit 250.000 Stellen,die durch Pensionierung bis 2020 frei werden. Die besten Jobchancen haben aktuell Pädagogen mit den Fächern Mathe, Physik, Informatik und Latein.
Quelle auszugsweise unicum.de
Bildung


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