Ich habe ein älteres Video an der Schule zum Thema Gesundheit und Ernährung. Es ist mindestens 20 Jahre alt und es ist interessant zu sehen, dass sich die Ansichten über Übergewicht in Medien und Gesellschaft seitdem nicht gewandelt haben.
Ein Beitrag auf dem Video zeigt den Zusammenhang zwischen Fernsehen und Ernährung. Dort wird suggeriert, dass wir das essen, was uns die Werbung vorführt. Wenn Schokokekse beworben werden, greifen wir zu Schokokeksen, sind es Chips, greifen wir zu Chips. Wenn man diesen Gedankenstrang fortführt, kommt man zu der Ansicht, es müsse logisch sein, dass wir zu wenig Obst und Gemüse essen, es macht ja niemand Werbung für frische Möhren oder Birnen.
Die logische Konsequenz wäre ja, dass man die Werbung für ungesunde Lebensmittel (hoher Kaloriengehalt pro Gewichtseinheit, industriel verarbeitet, viele Zusätze, die den Geschmack verbessern und süchtig machen) verbieten müsste, so wie man auch die Zigarettenwerbung verboten hat.
Die Lebensmittelbranche wehrt sich gegen die Aussage, dass mehr Süßwarenwerbung auch mehr Süßwarenkonsum bedeuten würde.
In einem Beitrag zum Thema Lebensmittelwerbung und Übergewicht referiert PD Dr. med. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Sektion Niedersachsen sehr im Sinne der Lebensmittelindustrie (sonst hätte ihn diese wohl kaum für den Vortrag bezahlt) gleich ein paar beeindruckende Argumente. Ob diese richtig sind oder nicht, müsste man mit sehr genauen, objektiven Studien nachprüfen, die Aussagen einfach so in den Raum gestellt, veranlassen mich zu ein paar Gegenfragen und Überlegungen (jeweils in Klammer darunter):
- In Schweden gibt es gleich viel dicke Kinder wie in den Nachbarländern, obwohl im schwedischen TV Lebensmittelwerbung für Kinder verboten ist.
(Aha. Also wenn Schokoriegel für Erwachsene angepriesen werden, fühlt sich kein Kind davon angesprochen. Und Chipswerbung für Jugendliche veranlasst keinen 10jährigen dazu, auch Chips essen zu wollen.)
- In Deutschland wird seit etwa 30 Jahren gleich viel Zucker konsumiert.
(Wobei der Haushaltszucker gemeinst sein dürfte. Allerdings ist im Gegensatz zu früher inzwischen der industriel hergestellte Fruchtzucker als Süßungsmittel beliebter als früher. Wenn also der Haushaltszucker pro Kopf -Verbrauch gleich geblieben ist und der Fruchtzucker vermehrt dazu gekommen ist, heißt das wirklich, dass der Absatz an Süßwaren (ob flüssig oder fest) über die 30 Jahre gleich geblieben ist?)
- Wir verbrauchen gemäß dem Max-Rubner-Institut (Nationale Verzehrsstudie II) nich mehr Kalorien als in den letzten Jahrzehtnen, eher sogar weniger.
(Ist der Anteil der Lebensmittelwerbung in dieser Zeit wirklich gestiegen oder gleich geblieben? Sind durch Handy und andere technische Errungenschaften die Werbezeiten für Lebensmittel nicht geringer geworden, weil jetzt mehr für Technik geworben wird? Und ist es nicht wichtig, welche Form die Kalorien haben, ob sie uns gut satt machen oder nur den Appetit anheizen und uns süchtig nach bestimmten Zusatzstoffen machen?)
So könnte jedes der Argumente genau durchleuchtet und hinterfragt werden. Am einfachsten jedoch wäre es einfach auf die Verkaufszahlen für Süßwaren zu schauen, um zu erkennen, ob mehr konsumiert wurde oder nicht. Leider stand davon nichts im Artikel.
Meine persönliche Meinung ist, dass Kinder nicht viel mehr Süßwaren essen als noch vor 30 Jahren, als ich ein Kind war. Doch ob wir damals “gesünder” gelebt haben? Das wage ich zu bewzeifeln. Chips, Schokoriegel, Eis – das alles gab es schon damals und wir haben es geliebt. Manche von uns blieben dünn, andere wurden dick und das hing sicher nicht eins zu eins mit der Menge der Leckereien zusammen.