Wie hast du dich mit "Wyomingitis" infiziert?
Kai Moorschlatt: Liebe auf den ersten Blick war das mit mir und dem Cowboy State auf jeden Fall nicht. Das erste Mal bin ich als Austauschstudent in Laramie gelandet. Ich hatte mir die University of Wyoming ausgesucht, da sie einen guten Journalistik-Studiengang hat und die Berge in der Nähe sind. Für mich als begeisterter Snowboarder eine ideale Umgebung. Als ich dann aber zum ersten Mal von Denver über Fort Collins nach Wyoming gefahren bin, war mein erster Gedanke: "Hier soll ich jetzt wirklich leben?" Wildnis und Einsamkeit pur. Und wenn man dann kurz vor Laramie ist, begrüßen den Reisenden ersteinmal ein Fabrikschornstein, Eisenbahngleise und ein Feuerwerksladen. Klasse.
Und die Menschen dort sind anscheinend auch sehr nett...
Dem kann ich nur zustimmen! Ich muss sagen, dass mich mein Leben in Amerika selber freundlicher werden ließ. Wie geht es dir: Hat dich deine zweite Heimat Wyoming verändert oder vielleicht auch in bestimmten Sachen bestärkt?
Kai Moorschlatt: Ich glaube, ich bin in Wyoming weltoffener geworden. Das ist eigentlich kurios, da man gerade dort eigentlich außer über das Internet wenig vom Rest der Welt mitbekommt. Viele meiner Freunde dort sind Anhänger von George Bush gewesen. Ein Kumpel würde sich über eine Präsidentin Sarah Palin sehr freuen. Anfangs haben mich solche Aussagen schockiert, zumal sie von intelligenten, sympathischen Menschen kommen. Persönliche habe ich zwar eine andere politische Einstellung, aber ich habe aus Gesprächen gelernt und begriffen, warum ein Großteil der Bevölkerung in Wyoming die Republikaner favorisiert. Und das ist doch ein Schritt zu mehr Offenheit.
Die Toleranz gegenüber anderen Meinungen ist wichtig im Umgang miteinander. Ich habe mit einem guten Freund lange, harte Diskussionen über die Tea Party geführt. Aber danach haben wir freundschaftlich mit einem Bier angestoßen. Jeder von uns ist zwar im Endeffekt bei seiner Meinung geblieben, aber es war trotzdem ein Gedankenaustausch bei dem beide Seiten mehr über die Hintergründe der anderen Meinung gelernt haben.
Außerdem hat Wyoming mich in Bezug auf die Wahrnehmung der Natur verändert. Ich glaube, ich erlebe die Umgebung intensiver. Man kann Naturwunder nicht nur in der endlosen Prärie oder auf Berggipfeln der Rockies erleben, sondern auch bei einer Radtour durch Norddeutschland. Vom Vogelschwarm am Himmel bis zu den Rehen auf der Wiese. Seit Wyoming achte ich mehr auf solche Dinge.