„Leaning into the wind“ – Film über Andy Goldsworthys Land Art – Wir VERLOSEN DVDs!

Von Lilligreen @lilligreen

Der Dokumentarfilm „Leaning into the wind“ begleitet den britischen Land Art Künstler Anthony Goldsworthy. Es ist bereits die zweite Zusammenarbeit des Münchner Kameramanns und Filmemachers Thomas Riedelsheimer mit dem Kunstschaffenden. Sein erster Film erschien 2001 unter dem Titel „Rivers and Tides“, dieser war ein voller Erfolg und erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den Deutschn Kamerapreis 2001. Vertont wird der Film von dem zeitgenössischen Avantgardemusiker Fred Frith, dem mit seinem Soundtrack eine unaufdringliche Unterstreichung von Andy Goldsworthys Charakter gelingt.

Andy Goldsworthy: gleicher Künstler, anderer Ansatz

Es sind einige Jahre vergangen seit dem letzten Film. Andy Goldsworthy (>) ist älter geworden, und auch sein künstlerischer Ansatz hat sich verändert. Man kann vermuten, dass das mit den Änderungen in seinem Privatleben zusammenhängt – der Künstler und seine Ex-Frau haben sich nach langer Ehe getrennt; sie ist verstorben, und eine neue Frau ist in sein Leben getreten. Turbulente Zeiten, die zur Folge haben, dass Andy Goldsworthy seine Land Art (>) nicht mehr nur in der Natur ausübt, sondern zunehmend in den urbanen Raum verlegt. „Leaning into the wind“ (>) zeigt, wie er in direkten Kontakt mit seinem Publikum gerät, etwas, das ihm ansonsten nicht passiert. Neu ist auch, dass er nun mit seiner Tochter Holly zusammenarbeitet. Im Gegensatz zu früher wird er selbst Teil seiner Kunstwerke, er verwendet seinen eigenen Körper als Material.

Andy Goldsworthy studierte in den 1970er Jahren in Lancaster, zuvor war er in der Landwirtschaft tätig. Diese prägte ihn nachhaltiger, als es das Studium tat. Schon während seiner Zeit als Student zog es ihn nach draußen in die Natur, raus aus den Vorlesungen. Die harte körperliche Arbeit und Monotonie, die er in der Landwirtschaft erfahren hatte, konnte er nun mit seinem theoretischen Wissen aus dem Kunststudium verbinden.

Veränderung, Beweglichkeit, Vergänglichkeit

Andy Goldsworthy beschäftigt sich mit der Vergänglichkeit. So interessiert er sich im Alter von über 60 Jahren nicht mehr nur für das Werden und Vergehen von Naturzyklen, auch die eigene Endlichkeit ist etwas, mit dem er sich auseinandersetzt. Das Spektrum seiner Arbeit hat sich verändert, ein nahezu kindliches Staunen über die Welt ist ihm geblieben. Goldsworthy ist eine philosophische Haltung zu eigen: Er nimmt die Welt nicht als selbstverständlich wahr. Seine Arbeit ist geprägt von Fragen: Woher kommen wir? Wo gehen wir hin? Und was bleibt, wenn wir nicht mehr da sind, was passiert mit unseren physischen Überresten nach dem Tod? Zu verstehen versucht der Künstler, wie etwas gemacht wird, wie Dinge entstehen – und verschwinden. Hierfür bereist er die unterschiedlichsten Orte auf der Welt – Brasilien, Japan, Frankreich und immer wieder seine Heimat Schottland.

Allein oder im Team – Hauptsache Natur

Andy Goldsworthys Arbeitsweise reicht von filigraner Handarbeit, die er allein in der Natur durchführt, bis hin zur Teamarbeit mit schweren Arbeitsgeräten. Er sammelt, ordnet, drapiert Naturmaterialien wie Blätter und Äste auf Steine oder umgestürzte Bäume. Vergänglichkeit ist nicht nur Thema, sondern auch Bestandteil seiner Arbeit. Ein Windstoß oder ein Regenguss kann ausreichen, um die sorgfältig angeordneten Materialien loszulösen und dem ursprünglichen Naturkreislauf wieder zuzuführen. Der Künstler verwendet ausschließlich Materialien, die er in der Natur vorfindet. Kein Nagel, keine Schraube und kein Klebstoff findet sich in seinem Werk. Andy Goldsworthy dokumentiert seine Naturkunst; er fotografiert sie mit einer Hasselblad und präsentiert sie in Ausstellungen.

„Leaning into the wind“: moralische Gefühlswelt eines ungewöhnlichen Künstlers

Der im Jahr 2017 erschienene Film zeichnet ein sensibles Porträt des Künstlers, er lässt den Zuschauer teilhaben an der Gedanken- und Gefühlswelt Goldsworthys. Nicht nur in seinen Werken selbst, auch im gesamten Schaffensprozess wird deutlich, wie sehr er sich der Natur verbunden fühlt. Dies wird besonders in einer Szene veranschaulicht, etwa nach zwei Dritteln des Films. So verwendet der Künstler normalerweise für seine Arbeit Felsstücke, die aus Steinbrüchen stammen. Für eines seiner Projekte hat er vor, in einen erdverwachsenen Felsen zu sägen. Ihn packen jedoch Zweifel – und er bringt es nicht über das Herz, einen solchen Eingriff in die Natur vorzunehmen. Da der Felsen noch mit der Erde verbunden ist, empfindet der Künstler diese Handlung als Verletzung und schafft es nicht, sie durchzuführen.

Einseitig, aber ästhetisch

Trotz schöner Bilder lässt „Leaning into the wind“ zentrale Fragen unbeantwortet – planerische und ökonomische Aspekte bleiben offen. Dadurch bekommt das Künstlerdasein, so wie es hier dargestellt wird, einen romantischen Anstrich, der nichts mit Wirklichkeit zu tun hat. Es ist unverkennbar, dass Riedelsheimer ein großer Bewunderer Andy Goldsworthys ist, der Blickwinkel ist subjektiv und zeugt von unverhohlener Sympathie. Kritische oder überhaupt andere Stimmen gibt es allerdings nicht. So erfährt man nicht, was verschiedene Menschen über den Künstler und sein Werk denken: Es ist ausschließlich Goldsworthy selbst, der zu Wort kommt. Für Anhänger des britischen Kunstschaffenden ist dieser Film ein Must-Have. Mit seiner verschmitzten Art und gleichzeitigen Ernsthaftigkeit gelingt es Andy Goldsworthy dabei, auch dem interessierten Laienzuschauer seine ungewöhnliche Land Art nahezubringen.

Riedelsheimer hat mit „Leaning into the wind“ einen poetischen, sensiblen Dokumentarfilm geschaffen, der dem Zuschauer mit ästhetischen Bildern und einer gelungenen Vertonung Einblicke in Leben und Schaffen des ungewöhnlichen Land Art Künstlers Andy Goldsworthy gewährt.

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