"Le Passé - Das Vergangene" [F, I 2013]


Seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, die haften bleibt und eine unwiderrufliche Schuld in sich trägt, ist unmöglich. Dazu passt es, dass der Titel von Asghar Farhadis erstem europäischem Autorenfilm "Le Passé" nur mühselig weggewischt wird – die Scheibenwischer arbeiten umso energischer, um die Umrisse und Buchstaben zu reinigen. Andernorts sind wiederholt Figuren zu sehen, die hinter Glasscheiben Geständnis ablegen, ohne dass wir etwas davon hören. Unausgesprochene Vergangenheit ist genauso kompliziert wie zum Scheitern vorgeplante Zukunft, und in "Le Passé" hat folglich jeder mit jedem zu kämpfen, mit Unrecht und Unschuld, den heimlichen Erschütterungen, die lauern, der Bauarbeit Liebe und dem Verrat an ihr. Eingebettet in eine multikulturell gefärbte Familie (neben einem Haus verlegt Farhadi die Geschichte, symbolisch geschickt, zu einem Waschsalon), bei der ebenso kulturelle Sozialisation wie religiöse Ideologie kein Kitt sein darf, Probleme abzuschwächen, metaphorisieren Farhadis meisterhaft ausgezirkelte Charaktere ein zutiefst menschliches, über iranische Ländergrenzen hinausweisendes Anliegen: Alle sind gleich, aber genauso tragen alle die gleiche Verantwortung, Konsequenzen für ihr Handeln einzukalkulieren. Schicht um Schicht wird in "Le Passé" forensisch abgetragen, aber die eine wahrheitsgemäße Vergangenheit verschlüsselt sich selbst. Dann jedoch entscheidet sich Samir (Tahar Rahim) wenigstens, nachdem er zunächst überstürzt in die Zukunft will, geläutert für die Vergangenheit.
7 | 10


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