Sanierung einer Schule
Die leidige Diskussion über Wärmedämmung werden wir bestimmt so schnell nicht beenden können. Momentan scheinen sich die Medien gegenseitig zu überbieten in der Verbreitung von Angst und Schrecken. Viele Menschen springen auf diese einseitige Berichterstattung an, wie man zum Beispiel bei Facebook unter solchen Beiträgen gut erkennen kann. Vermutlich war die letzte Heizkostenabrechnung schon zu lange her.
Es mag sicher Fehlentwicklungen geben, die offen diskutiert werden sollten. Aber alle Sanierungen zu stoppen, weil es ein paar unwirtschaftliche Sanierungen gibt, ist sinnlos. Es wird aber niemand zu unwirtschaftlichen Sanierungen gezwungen, das wäre mir neu. Die vielen positiven Reaktionen auf meinen Beitrag zum blanken Populismus über Wärmedämmung vom letzten Montag bestärken mich zudem in meiner Argumentation.
Ist der NAPE der Auslöser für diese Kampagne?
Man kann fast von Volksverdumung sprechen, wenn man sich diese einseitige Berichterstattung ansieht. Eine differenzierte Betrachtung scheint für die Medien uninteressant zu sein. Es sieht schon sehr stark aus nach einer organisierten Kampagne, wenn viele Medien mit den gleichen Stichwörtern berichten und vier Jahre alte Fassadenbrände urplötzlich wieder auftauchen – so kurz bevor die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz beschließen möchte. Fast schon naiv, wenn man dabei an einen Zufall glaubt.
Jeden einzelnen Beitrag in den Medien zu kommentieren wäre sinnlos. Aber der aktuelle Titel im Magazin Spiegel bietet sich wieder mal dazu an. Der Spiegel hat sich schon immer hervorgetan im Kampf gegen Veränderungen in der Energiewirtschaft. Im medialen Kampf gegen Erneuerbare Energien hat sich der Spiegel besonders einseitig positioniert. Heute ist es die Gebäudesanierung – medial gleichgesetzt mit der Fassadendämmung.
Läuft eine Angst-Kampagne gegen Gebäudesanierungen?
Alles was man derzeit so liest und sieht, erweckt den Eindruck, als müsse man Angst vor dieser Zukunft haben. Manchen Lesern wird das vielleicht bekannt vorkommen, ich muss dabei jedenfalls an die immer wieder auftauchenden Warnungen vor einem Blackout als Folge der Energiewende denken. Da wird auch versucht mit Angst eine Veränderung zu verhindern.
Beim Thema Angst kann ich gleich übergehen zum Brandschutz. Dass Styropor brennt, ist keine neue Erkenntnis, Fachleute wissen das schon lange. Sicherheit ist ein ernstes Thema und es gibt schon strenge Vorschriften. Eine Angleichung der europäischen Richtlinien wäre auch mit Sicherheit sinnvoll.
Aber wenn sich vermeintliche Experten hinstellen und Styroporplatten anzünden, könnte man genauso gut den Tankinhalt eines Autos anzünden. Auch das Benzin in unseren Autos brennt, es ist sogar leichter entzündlich als Styropor. Die vielen ausgebrannten Autos, die wir eine Zeit lang in Berlin hatten, haben dies eindrücklich gezeigt. Doch dafür werden nicht die Hersteller oder die Politik verantwortlich gemacht – im Gegensatz zur Wärmedämmung.
Die Sicherheit möchte ich nicht kleinreden, aber es steht heute schon jedem Planer und Bauherren frei eine nicht-brennbare Dämmung zu wählen.
Probleme der Wärmedämmung sind lösbar
War der Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz die Zielscheibe der Kampagne?
Auch mit der Optik wird Angst erzeugt. Unsere Städte werden künftig gleich aussehen, zugepflastert mit gedämmten Häusern und kleinen Fenstern, die an Schießscharten erinnern. Ok, kann man so sagen. Dann sollte man sich aber mal neue Häuser in den Innenstädten ansehen – Büro- und Geschäftsgebäude ohne Wärmedämmung. Sehen die so besonders aus oder gar charakteristisch für die Stadt, in der sie stehen? Geschmacksache.
Aber auch da muss man keine Angst verbreiten, es sei denn man hat etwas anderes im Sinn. Sollen die Häuser einen individuellen Charakter erhalten, finden kreative Architekten mit Sicherheit eine Lösung – Wärmedämmung ist dafür kein Hindernis, vielleicht eine Ausrede.
Das Gleiche gilt für die Schießscharten aus der Einleitung im Spiegel-Titelthema. Wenn die Fenster ausgetauscht werden, kurz bevor die Dämmung angebracht wird, können diese weiter nach vorne gesetzt werden, um den Eindruck einer Schießscharte zu verringern. Es gibt auch schon Lösungen mit einer schrägen Laibung, damit mehr Licht in die Fenster kommt. Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg.
Warum ist bei Wärmedämmung auf einmal die Entsorgung wichtig? Ist das Interesse bei anderen Baustoffen wirklich genauso hoch? Es wäre schön, wenn dem so wäre. Aber ich fürchte das ist genauso vorgeschoben wie die giftigen Bestandteile von Styropor. Denn bei den Möbeln und Bodenbelägen in den Wohnungen interessiert sich scheinbar niemand für die Inhaltsstoffe. Dabei sind wir den Ausdünstungen von Möbeln und Bodenbelägen ständig ausgesetzt, während die außenliegende Wärmedämmung in eine Putzschicht eingepackt wird.
Über die finanziellen Aspekte möchte ich hier nicht diskutieren. Das hat Ronny Meyer, der sich mit Sicherheit besser auskennt als ich, in seinem Kommentar zum Spiegel-Titel schon gut beschrieben. Er ist vor allem auf die gezeigten Kosten-Berechnungen eingegangen, die scheinbar nur das Ziel hatten die Leser zu manipulieren. Denn er stellt fest, dass der Spiegel seine Behauptungen nicht belegen kann und auch noch selbst falsch rechnet.
Meine Anmerkungen zur Debatte um Sanierung und Wärmedämmung
Ein paar Anmerkungen zur Debatte habe ich noch, wobei ich auch die Kritik teilweise aufgreifen muss.
Zuerst das Positive, denn es gibt ja viele Beispiele gut gedämmter Gebäude im Neu- und Altbau in denen sich die Bewohner über ein behagliches Raumklima und niedrige Heizkosten freuen. Da haben die Kritiker keine Antwort und gehen nicht darauf ein. Und es gibt auch zahlreiche Passivhäuser, das KfW-Effizienzhaus und viele weitere solcher Beispiele, die man nicht übergehen kann.
Heute wird jede Sanierung der Energiewende angelastet, egal welchen Stellenwert der Energieverbrauch bei der Sanierung hat. Die Verbesserung des Wohnwertes und weitere Vorteile zählen nicht. Sollte man also lieber gar nicht mehr sanieren? Das kann nicht die Lösung sein, vielmehr sollten Mieter mehr einbezogen werden bei Sanierungen, um sozialverträgliche Lösungen zu finden. Auch dafür gibt es gute Beispiele.
Ich würde auch eine Einführung von Erfolgsmessungen bei Sanierungen begrüssen, damit man weiß ob sich die Maßnahme wirklich gelohnt hat. Allerdings darf das nicht dazu führen, dass die Bewohner die Heizung hoch drehen, um den Planer, bzw. den Energieberater für die höheren Heizkosten zur Verantwortung zu ziehen.
Wichtig wäre auch die Betrachtung des tatsächlichen Energieverbrauchs vor der Sanierung, damit nicht am Bedarf vorbei saniert wird. Der Energieverbrauch in der Praxis sollte mit dem theoretisch ermittelten Wert verglichen werden. Dann muss man prüfen, ob die errechnete Einsparung in der Praxis erreicht werden kann, oder nicht. So müsste man einfacher erkennen, ob eine umfassende Sanierung wirklich die erhoffte Einsparung bringen kann. Anscheinend gibt es diese Überprüfung bisher nicht in allen Fällen in der Praxis.
Was tragen Dämm-Kritiker im Winter?
Eines muss ich die Kritiker der Dämmung mal fragen. Was ziehen sie eigentlich im Winter an? Bekleiden sie sich mit Dämmfolie oder mit einem speichernden Betonblock? Nein, natürlich nicht. Auch sie tragen Pullover und dicke Jacken, aber diese Frage konnte ich mir nicht verkneifen. In dem Fall wird der dämmenden Wirkung der Kleidung vertraut. Muss man nicht weiter kommentieren und wäre auch wieder unsachlich.
Stellungnahme des Fraunhofer-IBP zur Kritik
Bei der Kritik an Wärmedämmung wird oft verweisen auf Studien aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das oft angesprochene Fraunhofer-Institut für Bauphysik hat darauf reagiert und alle erwähnten Studien kostenlos zur Verfügung gestellt. Ich zitiere nur kurz aus der Zusammenfassung:
“Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die vielfach aufgestellten Behauptungen und gezogenen Schlussfolgerungen unhaltbar sind. In den in der vorliegenden Einlassung zitierten Publikationen, die von der Öffentlichkeit eingesehen werden können, erfolgte bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten eine Richtigstellung. Es ist deshalb verwunderlich, dass derartige Falschaussagen jetzt abermals publiziert worden sind.”
Transparenz-Hinweis
Einen Teil des Textes hatte ich schon in der vergangenen Woche angefangen zu schreiben. Den letzten Anstoß diesen Text weiter zu schreiben und zu veröffentlichen kam durch den Auftrag vom Gesamtverband Dämmstoffindustrie e.V. mit der Bitte dem allgemeinen Trend etwas entgegen zu setzen. Mehr Vorgaben gab es nicht und Einfluss auf den Text wurde auch nicht genommen.
Über Andreas Kühl
Energieblogger aus Leidenschaft mit großem Faible vor allem für effiziente Energienutzung im Strom- und Wärmebereich. Aber auch die kostenlose Energie, die uns die Natur zur Verfügung stellt ist faszinierend und Herausforderung zugleich.