Am Montag hatte ich dank Nike die Gelegenheit, mit Arne Gabius eine lockere Runde am Frankfurter Mainufer zu laufen. Gerade ein paar Tage vor seinem Start beim Frankfurt Marathon war es besonders spannend zu hören, wie er sich in dieser Phase vor dem Wettkampf fühlt und was er sich zutraut. Trotz Saltin-Diät war er gut drauf, richtig sympathisch und sehr redselig. Die knappen 5 Kilometer vergingen dadurch wie im Fluge und leider viel zu schnell. Doch ich hatte auch im Anschluss in der Nike-Zentrale noch die Möglichkeit, die eine oder andere Frage zu stellen. Hier eine kurze Zusammenfassung seiner Aussagen zu diversen Gesprächsthemen.
LowCarb & Saltin-Diät
Arne ist der Überzeugung, dass LowCarb und Saltin-Diät wichtig sind und gerade auf diesem Niveau eine sehr wichtige Rolle spielen. Er findet, dass Top-Athleten, die dies nicht praktizieren, sich etwas berauben. Die Saltin-Diät ist zwar hart und er muss sehr auf die Lebensmittel achten, die er zu sich nimmt, aber er kommt damit gut klar und hatte nie ein Hungergefühl. Dennoch freute er sich auf Dienstag, denn ab da durfte er seine Kohlenhydratspeicher wieder füllen. Aufgrund der Saltin-Diät (die im Körper eine Kohlenhydrate-Notsituation verursacht) sogar deutlich über den ursprünglichen 100%. Insgesamt kann er dadurch seine Kohlenhydratspeicher von 90min auf 2:05 optimieren.
Olympia-Norm
Der Marathon bei den Olympischen Spielen in Rio soll das Highlight für 2016 werden. In Frankfurt wird die Norm dazu für ihn nur dann eine Rolle spielen, wenn es schlecht läuft und Probleme hat. Sie wird dann die Motivation sein, dass Rennen trotzdem bestmöglich zu beenden. Er fände es schön, wenn in Rio drei Deutsche am Start wären. Der nationale Verband würde sich die Chance auf eine Überraschung nehmen, denn ein olympischer Marathon kann ganz anders verlaufen.
Deutsche Marathonläufer
Arne meint, dass er nicht beurteilen kann, ob die anderen deutschen Läufer bisher etwas falsch gemacht haben. Hierfür kennt er deren Training nicht. Er teilt allerdings sein Wissen mit den deutschen Trainern, von denen er jedoch nie Rückfragen erhielt. Er findet, dass viele unflexibel und nicht offen für neue Ideen sind. Talent ist seiner Meinung nach wichtig und wird oft unterschätzt. Dass er von der Bahn kommt, sieht er als klaren Vorteil, denn die leichtathletische Grundausbildung ist gerade im Training sehr hilfreich. Er hat aber das Gefühl, dass seit seinem Marathon im letzten Jahr unter den deutschen Läufern sich etwas getraut wird. Seine Zeit hatte eine Signalwirkung. Das hatte vielleicht gefehlt.
Form / Vorbereitung
Er kann seine Form zum Vorjahr nur schwer vergleichen. Letztes Jahr waren der Marathon und die Vorbereitung darauf neu für ihn. Arne weiß aber, dass er gut drauf ist. Er fährt zum Training gerne nach Kenia, um u.a. dort auch das Laufen in der Gruppe zu lernen. Also nicht nur wegen der Höhe. Die Vorbereitung verlief ohne Probleme und auch mit den langen Einheiten kam er besser zurecht. Dieses Mal war sogar ein Trainingslauf über 46 Kilometer dabei, bei dem er eine Marathonzwischenzeit von 2:27 hatte und sogar Intervalle integriert waren. Am Dienstag war dann noch ein Fahrtspiel nach Gefühl auf dem Plan, also ganz ohne Signaltöne der Uhr.
Frankfurt Marathon
Arne sieht den Frankfurt Marathon dieses Jahr als große Chance an. Die Voraussetzungen sind für ihn ideal. Deswegen hat er sich auch für Frankfurt und gegen New York entschieden. In New York geht es nicht um Zeiten, sondern um die Platzierung. Den kann er irgendwann immer noch laufen. Doch jetzt in Frankfurt will er die Gelegenheit nutzen und auch etwas riskieren. Arne wird mit seinen Tempomachern die erste Hälfte in 63:30 angehen. Die Bestzeit von Mo Farrah (2:08:21) interessiert ihn weniger. Er orientiert sich mehr an den Bereich von 2:07:23 von Viktor Röthlin. Den deutschen Rekord (2:08:47) von Jörg Peter möchte er auf alle Fälle knacken. Arne will dieses Jahr nicht so sehr auf die Uhr schauen. Er läuft ohne GPS und drückt nur die 10km-Runden. Da er einen 3:00-Schnitt laufen möchte, ist dies eh einfach zu rechnen. Arne wird den Nike Air Zoom Streak 5 tragen, den er auch schon im letzten Jahr lief. Er hatte auch schon den Streak 6 testen können, aber das ist ihm jetzt zu kurzfristig. Den Streak 5 ist er 35 Kilometer eingelaufen. Er nutzt keine eigenen Einlagen. Sollte er den Rekord brechen, wird seine Dopingprobe für 8 Jahre eingefroren. Arne wurde 2015 bereits 9 Mal kontrolliert, zuzüglich einer Wettkampfkontrolle.
Zukunft
Arne möchte so lange auf Wettkampfniveau laufen, wie das Feuer in ihm brennt und die Leidenschaft nicht nur noch aus Leiden besteht. Er wird aber auch nach seiner Karriere laufen und es wird Bestandteil in seinem Leben bleiben. Aber daran denkt er noch nicht, denn er fühlt sich jünger als er ist und sein Körper ist fit. Arne kann sich auch gut den olympischen Marathon 2020 in Tokio vorstellen.
Bis Tokio ist es noch eine Weile hin und jetzt steht erst einmal der Frankfurt Marathon am kommenden Sonntag an. Und ich habe das Gefühl, dass uns da etwas Großes erwarten könnte. Ich war ehrlich gesagt sehr skeptisch, als Arne vor seinem Debüt letztes Jahr eine Zeit von 2:10 ankündigte. Doch er belehrte mich eines Besseren und lief eine grandiose 2:09:32. Nach meinem Treffen mit ihm weiß ich, dass er sich scheinbar sehr gut selbst einschätzen kann. Er ist sich seiner Stärken bewusst und will sein Potenzial abrufen. Ich drücke ihm für sein mutiges Vorhaben beide Daumen und tippe auf eine sensationelle Zielzeit von 2:06:47.
Was tippt ihr?