Christoph Lauer
Foto: Lisavan, wikimedia
Mir reicht es langsam auch. Ich bin – wie bekannt – Mitglied der Piratenpartei. Und langsam fange ich an, mich dafür zu schämen. Nicht, weil ich von Freunden und Bekannten immer wieder belächelt werde, weil ich Pirat bin. Ich erkläre dann gern und immer wieder, dass es zwei Gründe für mich gab, Pirat zu sein: Die Piratenpartei hat die Forderung nach einer strikten Trennung von Staat und Kirche im Parteiprogramm zu stehen. Und sie setzt sich für das Bedingungslose Grundeinkommen ein.
Allerdings wird kaum noch – zumindest nicht nach Außen hin – über Inhalte gesprochen. Medial findet nur noch Schlammschlacht und Nabelschau statt. Und das wird mir inzwischen echt zu viel. Und dafür schäme ich mich.
Den letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, lieferte gerade der Berliner Pirat Christopher Lauer. Da schreibt er in der FAZ einen ellenlangen Artikel darüber, dass er und warum er von Twitter genervt ist.
Ich glaube ihm das sogar. Denn, ja, das Bedienen der sozialen Netzwerke kostet Zeit und ist oft auch einfach nur vertane Zeit. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, dass Lauer von irgendwem dazu gezwungen wurde, zu twittern. Und wenn er für sich entscheidet, weniger zu twittern… bitteschön; da spricht nix gegen.
Wogegen jedoch etwas zu sagen ist, ist, dass er das mit viel öffentlichem Tamtam tun muss. Anstatt zum Beispiel die FAZ dazu zu nutzen, etwas über die Inhalte piratischer Politik kundzugeben, breitet er sich ellenlang über seine Befindlichkeiten aus. Das kulmuliert ist seinen abschliessenden Sätzen: “Nicht ich bestimme meinen Alltag, mein Alltag wird von Twitter zumindest mitbestimmt. Dem gegenüber steht für mich ein Mehrwert, der genau zu messen und äußerst beschränkt ist. Selbst wenn mir alle deutschsprachigen Twitternutzer folgen würden, dann stünden 800.000 Follower gegen die 27 Millionen eines Barack Obama oder 34 Millionen eines Justin Bieber.”
Ja geht’s noch?
Für mich klingt das so, als wäre Lauer sauer darüber, dass nicht alle Welt ihm folgt. Ihm, dem GPaZ.1 Bitte knieet nieder vor den 140 Zeichen eines @schmidtlepp. Auch Niggemeier vermutet, dass “das größere Problem im konkreten Fall doch eher nicht das Kommunikationsmittel zu sein [scheint], sondern der Mensch, der es benutzt.”
Und währenddessen?
Treten sowohl der Landesvorsitzende der brandenburgischen Piraten und der baden-württembergische zurück. Aus irgendwie nachvollziehbaren Gründen: der Eine aus privaten Gründen (die für mich eher danach klingen, als hätte er aufgegeben, an eine sinnvolle Politik innerhalb und mit der Piratenpartei zu glauben), der Andere, weil er aus den eigenen Reihen bedroht wird.
Und dabei rede ich noch nicht einmal über die unsägliche, öffentlich ausgetragene Schlammschlacht um den Geschäftsführer Ponada. Bei der der nun twitterlose Lauer sich mit einer mehr als peinlichen SMS eingemischt hat.
Wie heißt es? Der Fisch stinkt zuerst am Kopf. Und ich habe den Eindruck, dass der piratische Kopf inzwischen dermaßen verfault ist, dass inzwischen jede Gräte der Partei angesteckt wurde.
Nic
- Grösster Pirat aller Zeiten ↩