Laternendings

Letzte Woche war es bei uns wieder soweit: Laternenfest im Kindergarten. UND in der Kita. Am selben Tag. Zur fast selben Uhrzeit. Hier bei uns heißt dieses Ereignis nicht St.Martin, es reitet niemand auf einem Pferd und es wird am Ende des Umzugs auch kein großes Feuer entfacht. Zu meiner Zeit (vor etwa 300 Jahren) war das noch so. Schöne, neue Welt.
Seit die Maus im Kindergarten ist, wurde keine einzige Laterne gebastelt. Zum Glück liebt sie aber ihr gutes Stück aus der Kita heiß und innig und weigerte sich sogar beharrlich, eine neue Laterne zu kaufen. Und nein, ich bastele keine Laternen mit meinen Kindern. Ich bin die Grummelmama. Die kann nicht basteln. Die kann nur fluchend Tonpapier durchs Zimmer werfen, das dann nicht wegsegelt, weil es an ihren Fingern kleben bleibt. Und keiner, wirklich KEINER will das erleben. Also kaufen wir - oder lassen basteln.
Das Mäuschen hingegen hat in der Kita mit ihren 14 Monaten tatsächlich eine Laterne zusammengeschustert, was ihre große Schwester auch schwer beeindruckte. Natürlich wurde ihr verheimlicht, dass das Mäuschen, genau wie sie selbst damals, lediglich ein paar Buntstiftstriche auf ein durchscheinendes Papiert kritzelte und der Rest von den Erzieherinnen erledigt wurde.
Um 17h sollte also das Fest in Mäuschens Kita starten, eine halbe Stunde später das der Maus. Also stiefelten der Mann und ich zusammen mit den Mäusen los, um mal so richtig Laterne zu feiern. Im Garten der Kita war schon eine Menge los, die Maus rannte gleich mit ihren alten Kollegen durch die Gegend und amüsierte sich, während das Mäuschen eigentlich nur eins tat: sich fragen, was zum Geier wir hier eigentlich wollten. Der Garten ihrer Kita voller fremder Leute, Mama, Papa und Schwester dabei, überall trugen fremde Kinder leuchtende Papierkugeln durch die Gegend und dann fingen die Erzieher auch noch an, ein Lied nach dem anderen in ein komisches Gerät zu singen, das ihre Stimmen total laut werden ließ. Und daneben stand ein großer Tisch voller Essen, das man aber nicht nehmen durfte. Und ständig wurde versucht, einem dieses leuchtende Ding in die Hand nötigen und einen damit zum herumlaufen zu bewegen. Voll blöd. Mäuschen wollte nur eins. Weglaufen. Egal wohin, nur schnell. Und da der Mann und ich das verhindern wollten, durfte sie auf dem Arm ihrem Ärger Luft machen. Als es dann endlich nach ewiger Singerei (von Liedern, die überraschend unfassbar viele Strophen hatten, die die Erzieher auch ungerührt ALLE durchzogen) zum kleinen Umzug durch den Garten gehen sollte, liefen wir ein bisschen zur Tarnung mit, um am Gartentörchen schnell die Biege zu machen. Schließlich hatten wir noch viel vor. Partyhopping der Grummelklasse.
Schwupps war das gestresste Mäuschen im Buggy und wir eilten den vielen Eltern mit belaternten Kindern hinterher zum anderen Nicht-Martins-Umzug. Mittlerweile war es ziemlich dunkel und die Maus freute sich wie doof, zu ihren Freundinnen zu stoßen und mit ihrer uralten Kitalaterne zu prahlen - die unter uns gesagt wirklich nicht mehr pralle aussieht, aber was macht das schon, wenn die Besitzerin ein gutes Ego hat?
Der Umzug des Kindergartens ist immer ein etwas größeres Event. Eine Ewigkeit ziehen sehr viele Eltern mit sehr vielen Kindern in der Kindergartengegend umher und singen (die gleichen Lieder wie in der Kita, nur mit schon wieder ganz anderen Strophen! Die sind doch alle frei erfunden!). Die Maus lief alleine mit ihren Freundinnen umher, ich mich mit dem Mann und dem Mäuschen eher im Hintergrund haltend. Das Mäuschen kapierte immer noch nicht, was das hier alles sollte, was man seinem Gesichtsausdruck auch bestens entnehmen konnte. Jetzt liefen da ganz viele Große und Kleine mit diesen Leuchtdingern immer im Kreis auf den Wegen, auf denen man sonst zum Einkaufen oder zum Mausabholen spazierte? Das wurde ja immer merkwürdiger!
Später ging es dann in den mit vielen Laternen erleuchteten Garten des Kinderhauses, wo wieder gesungen und dann endlich auch gegessen wurde. Das stimmte das Mäuschen denn auch kurz fröhlich. Den Mann allerdings weniger, denn es gab Schmalz- und Butterbrote. "Die Schmalzbrote sind selbstverständlich vegetarisch!". Dieser Satz der Kinderhausleiterin war es, der dem Mann den letzten Spaß nahm. Der Mann ist karnivor. Und ist überhaupt nicht amused bei der Kombination der Worte "Schmalz" und "vegetarisch". Daher schickte ich ihn und das Mäuschen kurzerhand nach Hause, bevor die Situation eskalieren konnte und suchte die drei einzigen Mütter, mit denen ich mich wirklich gut verstehe. Es sind auch Grummelmütter. Perfekt, oder? So wurde es dann auch noch echt lustig. Unsere Kinder waren in der Dunkelheit des Gartens verschwunden und wir hatten es uns dieses Jahr auch nicht mehr zur Aufgabe gemacht, hinter ihnen herzulaufen und aufzupassen. Komme, was wolle - wir wollten einfach unsere Ruhe, ein bisschen quatschen und viel zu süßen Kinderpunsch trinken. Neben uns stand ein Vater neben einem anderen dieser recht seltenen Spezies auf solchen Festen und sagte "Das ist ja die reinste Hölle hier! Wie kann meine Frau das nur jeden Tag mitmachen ohne verrückt zu werden?" und eine meiner Grummelmütter sagte laut "Das wird sie doch! Jeden Tag! Kapiert er das nicht?" - und wir lachten und lachten. Verzweifelt, zustimmend und vielleicht etwas übertrieben laut.
Und als die Maus und ich dann viel zu spät nach Hause schlenderten - wir waren mit die Letzten gewesen - merkte ich, dass es doch ein ganz witziger Tag gewesen war. Anstrengend, aber unterhaltsam. Und ich merkte, dass alles einfacher wird, wenn die Kinder größer werden. Und ein klitzekleines bisschen freue ich mich auf das nächste Laternenfest. Aber pssst, nicht verraten. Ich habe einen Ruf zu verlieren!

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