Aus Anlass der Blogparade – Was bedeutet reisen für dich? – bei travelography.de muss ich doch mal überlegen, was das Reisen für mich bedeutet. Ich versuche mich mal im Laufe des Artikels: was das Reisen für mich bedeutet, in die Materie hineinzusteigern. Vielleicht habe ich eine andere Einstellung zum Reisen, weil ich nicht oder nur ganz selten reise. Ich mache mich höchstens auf den Weg zu einem anderen Ort. Und was dann passiert, steht in den Sternen.
Reisen- nein, leben auf dem Globus
Ich versuche mir gar keine Ziele in Bezug auf Schönheit, Gastfreundlichkeit etc. zu setzen, sondern alles zu nehmen wie es kommt, egal wo. Einzig in Sachen Sicherheit treffe ich eine Vorabauswahl. Ich bin bestimmt nicht so blöd und mache mich aus purer Sensationsgier auf unbefestigte Pfade abzuwandern, nur um ein besonderes Foto schießen zu können. Und ich werde sicherlich nicht auch die etwas perverse Art des Armuts-, Slum oder Indigenentourismus betreiben.
Nähmaschine im Lateinamerika
Die Abart des Reisens – auch in Lateinamerika
Zum einen sind Menschen keine Affen, die sich wie im Zoo neugierigen Blicken von anderen, selbst ernannten höheren Affen, unfreiwillig aussetzen müssen. Und zum anderen, weil ich nicht nach dem Motto lebe: Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um.
Ich reise nicht, um eine Sehnsucht zu stillen. Was für eine Sehnsucht soll das denn sein? Einen schöneren Ort, ein besseres Leben oder liebevollere Menschen zu entdecken? Ich bitte euch, was für ein Schwachsinn. Wer in der Gegend herumreist wird nie den wahren Menschen in dem jeweiligen Gastland kennenlernen. Dazu ist die Zeit des wirklichen Kennenlernens viel zu kurz. Er wird in den meisten Fällen den nach außen hin gastfreundlichen Einheimischen kennenlernen, der ihm etwas andrehen will. Sei es ein Erlebnis oder ein Produkt. Nur wer das Reisen in anderen Dimensionen betrachtet – also vom Hin- und Herreisen Abstand nimmt, wird den echten Indigenen mit all seinen Macken lieben und hassen lernen.
Freunde beim Angeln und Geniessen
Die Freunde auf Reisen – nicht mehr als Bekanntschaften
Ich habe in 5 verschiedenen Ländern längere Zeit gelebt, verbracht, gewohnt oder wie auch immer. Aus diesen ausgereist bin, nachdem ich einmal dort war, selbst nicht mehr viel. Außer aus meinem Geburtsland. Vielmehr hat mich dann gereizt mit den dortigen Freunden das jeweilige Land zu entdecken. Das bedeutet deren Familien zu besuchen, an Orte gebracht zu werden, die scheinbar keinen touristischen Reiz haben, aber dennoch, auch wenn sie nicht im Reiseführer stehen, ihren Charme haben. Eben weil dort Freunde sind. Freunde lernt man nicht beim Reisen kennen. Bekanntschaften oder Interessengemeinschaften sind das – und nicht mehr.
Die Sucht nach dem Reisekick kann nicht in Lateinamerika befriedigt werden
Das Verlangen von scheinbar abenteuer- und reiselustigen Zeitgenossen ständig neue unbekannte Orte entdecken zu müssen, bedeutet doch nur, dass sie dem Konsumrausch verfallen sind, der einen immer neuen Kick verlangt. Und bedeutet gleichfalls, dass viele nicht einmal ihre nähere Umgebung wirklich kennen. Dazu kann ich nur auf eine alte Weisheit hinweisen, die da heisst: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?
Dies gilt auch in Bezug auf den Punkt: sich die Freiheit nehmen einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Wer das nicht zu Hause kann, kann das nirgendwo auf der Welt.
Südamerika Sommer und nichts
Goehte reiste anders – wenn auch nicht durch Lateinamerika
Und Goethe hatte mit seinem Spruch, das reisen bildet, vielleicht auf sich bezogen recht, weil er mit offenen Augen durch die Welt – auch seine Heimat – ging. Ich bin aber der Meinung, dass 50 Prozent aller Reisenden keinen positiven Bildungseffekt aus ihren Reisen ziehen. Oder was für einen positiven Bildungseffekt geniesst ein Pauschaltourist, der sich 14 Tage in einer Bettenhochburg am Pool und der Bar verschanzt? Oder wie sieht der positive Effekt von Reisenden aus, die sich mit Bussen, Schiffen oder was auch immer in Gruppen von einer Touristenfalle in die nächste bringen lassen? Schon allein die Buchung einer solchen Tour zeigt mir was in den Köpfen dieser Reisenden vorgeht – nämlich nichts. Da wird nicht gefragt wohin es geht, sondern nur wie der nächste Kick aussieht. Kontakte zu den Menschen, ich rede von dem normalen Menschen vor Ort – gibt es so gut wie keinen.
Für mich bedeutet daher das Reisen, langsam und bewusst mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Reisen muss man dazu nicht.
Hier könnt ihr bei travelography.de eure Meinung zu dem Thema kundtun.