Kaum zu glauben, dass die eher zierliche Natasha Khan aka. Bat For Lashes sich das alles im wahrsten Sinne des Wortes aufhalsen will. Die Bezugsgrößen in musikalischer Hinsicht standen ja schon nach ihrer Debütplatte felsenfest: Beth Gibbons, Tori Amos und natürlich Kate Bush, alles keine kleinen Schuhgrößen; nun packt sie durch die Wahl des Covermotivs für das neue Album noch einiges an Gewicht obendrauf. Denn natürlich kommen dem Betrachter, wie sie selbst ja auch bereitwillig zugibt, Patti Smith und Yoko Ono mit ähnlichen Motiven in den Sinn, wie diese möchte auch Khan für ein neues, wiederum gewandeltes Frauenbild stehen, nicht unbedingt provokativ, eher irritierend und ganz gewiß nicht als bloße Projektionsfläche für irgendeines Mannes Fantasien.
Sie führt diese Gedanken auch in den Songs ihres Albums fort, die Texte dazu sind so bildhaft und verzweigt wie der Sound vielgestaltig und verspielt ist – der “gejagte Mann” also ist es, um den es ihr geht, der sie umtreibt. Im zweiten Stück “All Your Gold” schon fühlt sie sich hin- und hergerissen, betrogen einerseits von den süßen und leeren Versprechungen der falschen Männer, zugleich aber auch von ihren sehnsüchtigen Erinnerungen und dem, was sie sich selbst glauben machen will. Das dazugehörige Video unterstreicht diesen Zwiespalt in betörender Schwarz-Weiß-Ästhetik, dazu das trockene Gitarrenpicking, ruhloses Getrommel und ihre fast schwerelose Stimme – zauberhaft, fürwahr.
Auch in der Folge sind es die kleinen, persönlichen Dramen, die sie durchaus einfallsreich vertont, zartes Piano hier, verschlungene Sythieloops dort, immer wieder dunkel wummernde Drums. Bei “Oh, Yeah” gibt’s holprigen Wavepop, beim Titelsong gar mit Marschrhythmus angereicherte Gregorianik – Berührungsängste: Fehlanzeige. Auffällig, dass viele der Stücke, egal ob mit männlichem oder weiblichem Adressaten, stets Verständnis, Trost und Mitleid hervorheben, des anderen Last zu tragen scheint ihr fast ein Bedürfnis zu sein. “Laura” und “Marylin” als Klagegesänge an gefallene, enttäuschte Stars und Sternchen, an den schwachen, oft verunsicherten Mann gehen “A Wall” (“… ‘Cause where you see a wall, I see a door”) und “Rest Your Head”, letzteres sogar ein veritabler Dance-Song.
Über die ganze Platte hinweg wirken die Kompositionen oft etwas unruhig, unstet und abgesehen vom doch sehr anrührenden “Laura” ist der eine, der gewaltige Übersong, wie “Daniel” früher einer war, diesmal nicht so schnell auszumachen. Dennoch bleibt es ein bewegtes und bewegendes Stück Musik, man merkt ihm an, wie es an ihr zerrt und wie all die vielen Ideen mühsam in Form gebracht werden wollten. Kein Wunder also, dass es manchmal aus ihr herausbricht, wenn sie (gleich den “Horses Of The Sun”) übermütig einfach loswill und nur noch ein “Thank God I’m alive!” zu schreien bleibt. Emotion, Baby – richtig so. http://www.batforlashes.com/
Bat For Lashes on Tour:
15. November Berlin, Huxley's Neue Welt
18. November Zürich, Rote Fabrik