Von Stefan Sasse
In der Zeit schlägt Harald Spehl vor, die Staatsverschuldung durch einen neuen Lastenausgleich abzubauen. Die Idee ist von geradezu simpler Eleganz und könnte potenziell geeignet sein, das Problem tatsächlich nachhaltig zu lösen. Zur Erinnerung: der historische Lastenausgleich war das Mittel der BRD, die materiellen Folgen des Zweiten Weltkriegs möglichst gerecht unter der Bevölkerung zu verteilen und auf diese Weise Ausgebombte und Ostflüchtlinge gleichermaßen in die Gesellschaft zu integrieren. Heute ist er fast vergessen, aber er stellte eine Mammutleistung der Umverteilung dar. Zeitgenossen bezweifelten vielfach seine Wirksamkeit und Erfolgschancen, aber im Großen und Ganzen war der Erfolg geradezu gigantisch. Innerhalb kaum einer Generation gelang es, Millionen von Habenichtsen zu integrieren, indem alle diejenigen, die über Vermögen verfügten einen moderaten Satz über mehrere Jahrzehnte (bis in die 1970er Jahre hinein) in einen Fonds einzahlten, aus dem wiederum die Auszahlungsberechtigten alimentiert wurden. Ernsthaften Widerstand seitens der Betroffenen gab es kaum, denn die Zahlungen waren moderat und ließen sich quasi aus den Gewinnen der Verfügungsmasse bestreiten, und die objektive Notwendigkeit war ebenso gegeben.
Spehl erklärt nun, dass dieses Vorgehen Modell für den Abbau der Staatsverschuldung sein könnte. Er rechnet dabei das in der öffentlichen Diskussion dank massiver Lobbyarbeit etwa der INSM oder des Bundes der Steuerzahler keine Rolle spielende Fakt mit ein, dass den rund 2 Billionen Staatsschulden in Deutschland über 6 Billionen private Vermögen gegenüberstehen. Das macht rund 88.000 Euro pro Kopf, im Schnitt. Ein schneller Blick auf das Bankkonto wird den Meisten zeigen, dass sie unter dem Schnitt liegen, was den Schluss nahelegt dass einige wenige sehr viel haben. Spehl erklärt nun, dass ein Lastenausgleich zum Schuldenabbau von den Vermögenden in einem angenommenen Zeitraum von rund 30 Jahren problemlos allein aus den Vermögenserträgen zu bestreiten wäre. Auf diese Art und Weise könnten die Staatsschulden wirksam in den Griff bekommen werden und würde der Staat bald wieder handlungsfähig. Spehl führt in seinem Artikel zwei Probleme allerdings nicht auf. Obwohl er mit den Vermögen ein volkswirtschaftlich äußerst valides Argument anführt, verpasst er es, eine übergeordnete Legitimation an die Hand zu geben: warum sollten die Reichen überhaupt für die Staatsschulden aufkommen? Ist nicht der größte Posten der Sozialhaushalt, von dem sie rein gar nichts haben? Und haben sie das Geld nicht selbst verdient? Diese Argumente dagegen werden kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Dieses erste Problem lässt sich aber vergleichsweise leicht entschärfen. Zum Einen ist die überbordende Staatsverschuldung tatsächlich die Schuld der Bestverdiendenden und nicht der unteren Schichten. Die zahllosen Steuererleichterungen, die diese Schicht seit der "geistig-moralischen Wende" Helmut Kohls genossen hat wurden alle auf dem Rücken der breiten Mehrheit genossen und haben die privaten Vermögen überhaupt erst in dieser Höhe in so wenigen Händen akkumulieren lassen. Es ist deswegen nur richtig, dass sie sich nun bei der Gesellschaft revanchieren, die diesen Reichtum überhaupt erst ermöglicht hat, indem sie selbst unfreiwillig Belastungen auf sich nahm.
Das zweite Problem ist komplizierter. Spehl erklärt, dass die Vermögenserträge selbst ausreichen würden, um die Kosten des Lastenausgleichs zu tragen. Gleichzeitig soll der Ausgleich ja die Staatsschulden reduzieren. Das aber würde doch bedeuten, dass der Staat sich nicht mehr neu verschuldet und bestehende Schulden zurückbezahlt. Wenn der Markt für Staatsanleihen dermaßen schrumpft, das Kapital aber gleichzeitig genug Ertrag abwerfen soll um den Lastenausgleich zu finanzieren - würde damit nicht eben jene Instabilität des Finanzwesens, jenes Zurückgreifen auf riskante und komplizierte Finanzmechanismen gestärkt, die überhaupt erst in die Krise geführt haben? Zugegeben, ich bin wirtschaftswissenschaftlich zu wenig versiert, um diese Frage zu beantworten, aber sie erscheint mir als nicht ganz unbedeutend.
Trotz dieser beiden Probleme ist die Idee eines neuen Lastenausgleichs die bisher beste, die ich zur nachhaltigen Lösung der Finanzkrise gehört habe (sofern man eine stärkere Regulierung als gegeben annimmt). Er sollte der Bevölkerung einleuchtend genug sein, und wenn die Beteiligungsgrenzen richtig gesetzt werden dürfte auch niemand ernsthaft über die Gebühr belastet werden - und dies ist in Szenarien, in denen der Wohlfahrtsstaat oder das ganze Wirtschaftssystem zusammenbricht ganz sicher nicht der Fall.
In der Zeit schlägt Harald Spehl vor, die Staatsverschuldung durch einen neuen Lastenausgleich abzubauen. Die Idee ist von geradezu simpler Eleganz und könnte potenziell geeignet sein, das Problem tatsächlich nachhaltig zu lösen. Zur Erinnerung: der historische Lastenausgleich war das Mittel der BRD, die materiellen Folgen des Zweiten Weltkriegs möglichst gerecht unter der Bevölkerung zu verteilen und auf diese Weise Ausgebombte und Ostflüchtlinge gleichermaßen in die Gesellschaft zu integrieren. Heute ist er fast vergessen, aber er stellte eine Mammutleistung der Umverteilung dar. Zeitgenossen bezweifelten vielfach seine Wirksamkeit und Erfolgschancen, aber im Großen und Ganzen war der Erfolg geradezu gigantisch. Innerhalb kaum einer Generation gelang es, Millionen von Habenichtsen zu integrieren, indem alle diejenigen, die über Vermögen verfügten einen moderaten Satz über mehrere Jahrzehnte (bis in die 1970er Jahre hinein) in einen Fonds einzahlten, aus dem wiederum die Auszahlungsberechtigten alimentiert wurden. Ernsthaften Widerstand seitens der Betroffenen gab es kaum, denn die Zahlungen waren moderat und ließen sich quasi aus den Gewinnen der Verfügungsmasse bestreiten, und die objektive Notwendigkeit war ebenso gegeben.
Spehl erklärt nun, dass dieses Vorgehen Modell für den Abbau der Staatsverschuldung sein könnte. Er rechnet dabei das in der öffentlichen Diskussion dank massiver Lobbyarbeit etwa der INSM oder des Bundes der Steuerzahler keine Rolle spielende Fakt mit ein, dass den rund 2 Billionen Staatsschulden in Deutschland über 6 Billionen private Vermögen gegenüberstehen. Das macht rund 88.000 Euro pro Kopf, im Schnitt. Ein schneller Blick auf das Bankkonto wird den Meisten zeigen, dass sie unter dem Schnitt liegen, was den Schluss nahelegt dass einige wenige sehr viel haben. Spehl erklärt nun, dass ein Lastenausgleich zum Schuldenabbau von den Vermögenden in einem angenommenen Zeitraum von rund 30 Jahren problemlos allein aus den Vermögenserträgen zu bestreiten wäre. Auf diese Art und Weise könnten die Staatsschulden wirksam in den Griff bekommen werden und würde der Staat bald wieder handlungsfähig. Spehl führt in seinem Artikel zwei Probleme allerdings nicht auf. Obwohl er mit den Vermögen ein volkswirtschaftlich äußerst valides Argument anführt, verpasst er es, eine übergeordnete Legitimation an die Hand zu geben: warum sollten die Reichen überhaupt für die Staatsschulden aufkommen? Ist nicht der größte Posten der Sozialhaushalt, von dem sie rein gar nichts haben? Und haben sie das Geld nicht selbst verdient? Diese Argumente dagegen werden kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Dieses erste Problem lässt sich aber vergleichsweise leicht entschärfen. Zum Einen ist die überbordende Staatsverschuldung tatsächlich die Schuld der Bestverdiendenden und nicht der unteren Schichten. Die zahllosen Steuererleichterungen, die diese Schicht seit der "geistig-moralischen Wende" Helmut Kohls genossen hat wurden alle auf dem Rücken der breiten Mehrheit genossen und haben die privaten Vermögen überhaupt erst in dieser Höhe in so wenigen Händen akkumulieren lassen. Es ist deswegen nur richtig, dass sie sich nun bei der Gesellschaft revanchieren, die diesen Reichtum überhaupt erst ermöglicht hat, indem sie selbst unfreiwillig Belastungen auf sich nahm.
Das zweite Problem ist komplizierter. Spehl erklärt, dass die Vermögenserträge selbst ausreichen würden, um die Kosten des Lastenausgleichs zu tragen. Gleichzeitig soll der Ausgleich ja die Staatsschulden reduzieren. Das aber würde doch bedeuten, dass der Staat sich nicht mehr neu verschuldet und bestehende Schulden zurückbezahlt. Wenn der Markt für Staatsanleihen dermaßen schrumpft, das Kapital aber gleichzeitig genug Ertrag abwerfen soll um den Lastenausgleich zu finanzieren - würde damit nicht eben jene Instabilität des Finanzwesens, jenes Zurückgreifen auf riskante und komplizierte Finanzmechanismen gestärkt, die überhaupt erst in die Krise geführt haben? Zugegeben, ich bin wirtschaftswissenschaftlich zu wenig versiert, um diese Frage zu beantworten, aber sie erscheint mir als nicht ganz unbedeutend.
Trotz dieser beiden Probleme ist die Idee eines neuen Lastenausgleichs die bisher beste, die ich zur nachhaltigen Lösung der Finanzkrise gehört habe (sofern man eine stärkere Regulierung als gegeben annimmt). Er sollte der Bevölkerung einleuchtend genug sein, und wenn die Beteiligungsgrenzen richtig gesetzt werden dürfte auch niemand ernsthaft über die Gebühr belastet werden - und dies ist in Szenarien, in denen der Wohlfahrtsstaat oder das ganze Wirtschaftssystem zusammenbricht ganz sicher nicht der Fall.