H&M Conscious Collection 2014. Foto: H&M
Das waren noch Zeiten, als ich als Kind einmal im Monat mit meiner Mutter in die Innenstadt zum Shoppen gefahren bin. Einkaufen war damals noch ein Erlebnis. Mittlerweile gehe ich nur noch widerwillig stationär einkaufen. Das liegt zum einen an den Menschenmassen und zu anderen am Angebot. Am Wochenende habe ich meinen inneren Schweinehund überwunden und war mal wieder in der Innenstadt unterwegs - und schnell wieder weg. Ich war wirklich gewillt Geld auszugeben, aber 50 Euro für ein Oberteil aus Polyester?
Generell fällt mir auf, dass alle Marken aus dem unteren Preissegment lieber Polyester verarbeiten als Naturmaterialien - selbst im Sommer. Ganz vorne mit dabei sind nach meinem subjektiven Empfinden alle internationalen Modemarken, vor allem H&M. Die Schweden sind zwar nach eigenen Angaben der größte Abnehmer von Bio-Baumwolle weltweit, in den Shops bekomme ich davon allerdings nur wenig mit. Mango, Zara, New Yorker und Co. sind übrigens kein Stück besser.
Polyester und ich waren noch nie Freunde. Eigentlich sollte ich aus meinen Fehlern lernen, trotzdem werde ich immer wieder schwach und lasse mich von Fotos und dem Preis in die Irre führen. Vor einigen Wochen habe nach einem halben Jahr mal wieder eine Bestellung bei H&M aufgegeben. Das Outfit aus der Conscious Collection, das ihr oben auf dem Foto seht, sah online so toll aus, dass ich nicht widerstehen konnte. Die Ernüchterung kam wenige Tage später. Durch das Material (recyceltes Polyester) hätte man locker eine Zeitung lesen können und die Nähte hätten mehr als drei Wäschen sicherlich nicht überlebt. Manche meiner Polyester-Blusen von Asos haben übrigens nicht einmal die erste Wäsche überstanden.
Wie entsteht eigentlich Polyester?
Polyester ist günstig, ständig verfügbar und leicht zu verarbeiten. Das ist auch der Grund, warum alle Billigmarken auf Polyester setzen: Während die Preise für Baumwolle stetig steigen, bleiben die von Chemiefasern weitestgehend konstant. Die künstliche Faser wird in einem speziellen Spinnverfahren hergestellt, bei dem Grundstoffe unter Hitze geschmolzen und durch Spinndüsen zu endlos langen Fasern gepresst werden. Anschließend kann man das Material, das thermoplastisch ist und sich so unter Einfluss von Wärme beliebig formen lässt, verarbeiten. Je nach Spinndrüsen können diese Fasern mal fein, glänzend, dick oder matt wirken.Polyester hat viele Vorteile: Es trocknet nach dem Waschen schnell, da es nur sehr wenig Feuchtigkeit aufnimmt, knittert nur gering und ist licht- und hitzebeständig. Diese Eigenschaften passen zwar perfekt in unsere schnelllebige Zeit, ziehen aber auch viele Nachteile mit sich. Polyester ist im Gegensatz zu Baumwolle kein Naturprodukt und nicht atmungsaktiv. Das bedeutet: Teile aus Polyester saugen im Sommer keinen Schweiß auf und können ihn nicht nach außen abgeben. Das hat zur Folge, dass wir mehr schwitzen und nicht selten müffeln, da unsere Haut nicht atmen kann. Bei der Entsorgung ist Polyester zudem mit Kunststoffflaschen zu vergleichen, da es nicht biologisch abbaubar ist. Natürlich kann man es recyceln, aber das tun nur die wenigsten Modeunternehmen. Müsste die Natur Polyester abbauen, würde dieser Prozess mehrere Hundert Jahre dauern.
Alternativen
Wer keine Naturfasern tragen möchte oder kann, sollte auf sogenannte Celluloseregeneratfasern achten. Sie werden zwar aus Cellulose (hauptsächlich Holz) gewonnen, gehören durch ihre industrielle Herstellung jedoch zu den Chemiefasern. Am bekanntesten sind Lyocell, Tencel und Viskose, auch Modal genannt. Sie besitzen die gleichen bekleidungsphysikalischen Eigenschaften wie Baumwolle und fühlen sich vor allem im Sommer angenehm leicht auf der Haut an.
Das Polyester-Phänomen konnte ich bisher übrigens nur in der Damenbekleidung entdecken. In den Männerkollektionen dominiert weiterhin die gute alte Baumwolle und Polyester kommt so gut wie nie zum Einsatz. Warum? Weil die Marken genau wissen, dass Männer nie im Leben Hemden aus Polyester kaufen würden. Aber wir sollen Blusen aus Polyester kaufen?!
Ich habe mich dafür entschieden, dass ich nichts mehr aus Polyester kaufen werde. Meine Haut und die Umwelt werden es mir danken.