Lasst uns Botschafter der Liebe sein!

Von Wernerbremen

"Es ist leichter, alle zu lieben als einen. Die Liebe zur ganzen Menschheit kostet gewöhnlich nichts als eine Phrase; die Liebe zum Nächsten fordert Opfer."
Peter Rosegger


Ihr Lieben,

heute möchte ich Euch einen Text von Tobias Brocher zu lesen geben, bei dem ich als Student in den USA Vorlesungen besuchen durfte:
"Botschafter der Liebe"

"Wir brauchen neue Botschafter der Liebe, die Gott nicht als Reklameplakat vor sich hertragen mit dem Anspruch, ihn für sich alleine und damit das Anrecht auf größere Bedeutung gewonnen zu haben.
Wir brauchen Menschen, die bereit sind, sich notfalls für verrückt erklären zu lassen, weil sie etwas tun, das doch „kein vernünftiger Mensch“ tun würde, nämlich sich selbst, seine kostbare Zeit und seine Geduld und Liebe zu geben auf die Gefahr hin, verachtet, gehänselt und zunächst erfolglos zu sein.
Es sind Menschen wie Du und ich, keine Berühmtheiten, keinen wandelnden Wörterbücher und Nachschlagewerke, die alles wissen, Menschen, die sich nicht scheuen, offen zu sagen:  „Das weiß ich nicht, lass uns zusammen nachdenken“, oder: „Lass uns Franz fragen, vielleicht weiß er es.“
Wir brauchen Menschen, die bereit sind, zu sagen: „Ja, das kenne ich, was Du da schilderst, aber ich weiß nicht, ob der Weg, den ich gefunden habe, auch Dein Weg sein kann. Lass uns miteinander ansehen, was sich ändern ließe.“
Niemand soll sagen, dass es diese Menschen nicht gibt.
Sie sind überall da, aber wir missachten, was sie täglich tun.
Da ist das Ehepaar am Zeitungsstand. Jeden Tag hören die beide zu, Hunderten von Geschichten, die im Vorbeigehen erzählt werden, Sorgen, Krankheiten, Zweifeln, Schicksalen, Ärger.

Sie drängen sich nicht auf und doch rückt ein Wort hier und da manches zurecht, gibt ein Trost neue Hoffnung, entlastet ein Witz vom Ärger.
Da ist die geduldige Postbeamtin am Schalter, die zweimal erklärt, welche Marke auf welchen Brief muss, und dennoch die Geschichte vom Sohn anhört, der so viele Schwierigkeiten hat im fremden Land und hoffentlich bald zurückkommt.

Da sind die anderen drei in der Reihe, die ihre Eile und Ungeduld verlieren, weil sie begreifen, wie wichtig es für diese einsame alte Mutter ist, einmal in der Woche jemandem ihr Herz ausschütten zu können.
Da ist die berufstätige Witwe mit ihren zwei Kindern, die weiß, dass ihre Nachbarin nicht über den Tod ihres Mannes hinwegkommen kann und sich vor einem einsamen Alter fürchtet. Trotz ihrer Müdigkeit macht sie einen Tee und lädt die Nachbarin ein, wenn die Kinder im Bett sind, ohne Fernsehen, ohne Radio. Ganz still sitzen die beiden da und die Nachbarin ist getröstet.

Da ist der Elektriker, der nur eben eine Leitung reparieren wollte und schon drei Aufträge warten hat, die er kaum schaffen kann, und erhört dennoch zu, wie der alte Herr zögernd nach langem Herumgehen sagt: „Sie erinnern mich so an meinen Sohn, der war auch Elektriker bei der Marine, auf einem U-Boot.“ Und dann schaut er sich die Bilder an, eine Viertelstunde lang, und lauscht den Hoffnungen und der Trauer. Und der alte Herr ist getröstet. Sein Leben ist plötzlich viel leichter geworden. Aber der Elektriker erwartet kein Trinkgeld, er spürt den tiefen, bewegten Dank beim
Handschlag zum Abschied.
Es gibt Hunderte von solchen Beispielen, die sich täglich vor unseren Augen und Ohren ereignen – und wir glauben, es gäbe keine Liebe mehr unter den Menschen?

Wären wir selber bereit, sie zu geben, in so alltäglicher Form, ohne große Spenden, nur den kleinen passenden Betrag zur Teilstrecke?

Nur wenn wir selbst beginnen zu tun, was wir von Anderen erwarten, und Anderen nicht zürnen oder sie moralisieren, wenn sie noch nicht begriffen haben, wie wichtig dieser kleine Funken in unser aller Leben ist, wird sich dieses Leben ändern.

Nur wenn wir endlich beginnen, wieder Achtung vor den Menschen und einem Menschenleben zu haben, gleichgültig, ob hoch oder niedrig, werden wir die Macht der Liebe begreifen!!!

Es ist ein Wagnis, in dieser erkaltenden Welt zur Liebe zu ermutigen. Und doch ist sie das einzige Mittel, das uns helfen könnte, jene Mauern niederzureißen, die wir gegeneinander aufgebaut haben."

Ihr Lieben,
Bei uns in Bremen gibt es jedes Jahr im Oktober den Bremer Freimarkt.
Das ist ein Volksfest, das ein wenig dem Münchner Oktoberfest stattfindet, wenn es auch wesentlich kleiner ist.
Als Kind haben mich die bunten Fahrgeschäfte, die vielen Buden, an denen es Leckereien zu essen gab und vor allem die Luftballonsverkäfer fasziniert.
Ich erinnere mich daran, dass ich im Alter von 11 Jahren eine besonders schwere Zeit der Gewalt und des Missbrauchs erlebte.
In dem Jahr habe ich zwei Dinge getan:
Ich sammelte eine große Menge Flaschen, die ich mit einer Flaschenpost füllte und die ich dann in die Weser warf.
Gleichzeitig sparte ich fast das ganze Jahr jeden Pfennig, den ich besaß, und kaufte mir auf dem Freimarkt bei einem Ballonverkäufer eine große Menge Luftballons. Ich befestigte an den Luftballons kleine Karten mit meiner Adresse und einer kleinen Nachricht von mir uns ließ sie fliegen.
Sowohl auf die Zettel in den einzelnen Flaschen als auch auf die Karten an den Luftballons schrieb ich nichts von dem, was ich gerade erlebte, meine Hoffnung war allein, Menschen von außerhalb meines Umkreises kennenzulernen.
Ich denke, dass diese Flaschennachrichten und diese Karten an den Luftballons nichts anderes waren als der Schrei einer gequälten Kinderseele nach Liebe und Zuwendung.
Aber eine Antwort habe ich niemals bekommen.
Dafür aber begegneten mir immer wieder Menschen wie mein Jugendfreund Hans-Christoph, die Liebe in mein Leben hineinbrachten. Wie ein helles wärmendes Licht wirkte diese Liebe auf mich. Ohne diese Liebe hätte ich nicht überlebt, ohne diese Liebe wäre ich nicht zu dem Menschen geworden, der ich heute bin.

Das Beste, was wir anderen Menschen, vor allem auch unseren Kindern und Enkelkindern schenken können, ist Liebe. Leider wird ihre Wirkung noch immer unterschätzt. Dabei sehnt sich doch jeder von uns nach Liebe, nach Zuwendung.
Liebe ist die Kraft, die unser Leben lebenswert macht. Liebe schenkt uns Freude, Fröhlichkeit, Hoffnung, Mut, Zuversicht

Ihr Lieben,
ich wünsche Euch heute einen ganz fröhlichen, ganz liebevollen Tag und ich grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner

Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt