AB 7. MAI IM KINO! ©Capelight Pictures
Das Horrorkino ist immer dann am wirkungsvollsten, wenn es seinen Figuren neben dem üblichen Terror noch eine Meta-Ebene hinzudichtet. Dann nämlich, wenn das Monster bzw. der Bösewicht Ausdruck der Probleme des Protagonisten ist, so wie in „Der Babadook“. Denn „Der Babadook“ ist nicht bloß ein weiterer Grusler von der Stange, nein, er fusioniert feinfühliges Drama mit Horrorelementen.Regiedebütantin Jennifer Kent kreiert mit ihrem ersten Spielfilm eine faszinierende Geschichte rund um eine Mutter namens Amelia, die ihr Kind nicht lieben kann. Gebeutelt von mehreren Schicksalsschlägen wohnt sie mit ihrem Sohn Samuel in einem großen Haus. Samuel selbst ist verhaltensgestört, sagen jedenfalls seine Lehrer und Amelias Schwester. Stück für Stück verliert Amelia den Bezug zur Außenwelt und zu ihrem Sohn, was fatale Folgen hat.
Man merkt deutlich, dass Kent – die auch das Drehbuch schrieb – zunächst ein reines Drama inszenieren wollte. Doch je weiter die Arbeit am Buch voranging, desto mehr traten die Horrorelemente in den Vordergrund. Geradezu mustergültig baut sie schleichend Spannung auf, die für Herzrasen und feuchte Hände sorgt. Die erste Hälfte von „Der Babadook“ ist das Paradebeispiel eines klassischen Gruslers, der seine Atmosphäre einzig und allein aus dem Setting und der eleganten Inszenierung zieht. Türen knarren, Lichter streiken und Geräusche wandern durchs Haus. Fast schon glaubt der Zuschauer einen künftigen Klassiker des Genres entdeckt zu haben.
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Leider aber versagt „Der Babadook“ gerade im Finale. Was vorher subtil aufgebaut wurde – eben das Fundament rund um Mutter/Sohn – wird der üblichen Horrordramaturgie geopfert. Noch dazu schleichen sich unfreiwillig komische Szenen hinein, das Todesurteil für jeden ernstgemeinten Horrorfilm. Das ist ungemein schade, denn Potential ist an allen Ecken und Enden vorhanden. Die zwei Hauptdarsteller Essie Davis und Noah Wiseman sind fantastisch, das Setting ungemein stilvoll und Kents (fast) völliger Verzicht auf Jump Scares fällt positiv auf. Doch sobald der Babadook in Erscheinung tritt, lässt die Anspannung im Publikum nach. Zwar ist auch das Finale ansprechend gefilmt und gespielt, doch kann es das hohe Niveau des Beginns nicht aufrechterhalten.
In Zeiten von Studien, die das Phänomen von Müttern beleuchtet, die ihre Kinder nicht lieben, hat „Der Babadook“ sogar gesellschaftliche Relevanz. Ein Film, der zugleich Horror-Fans ansprechen wird und den Anspruch hat auch abseits des Schocker-Genres zu glänzen. Denn zur Abwechslung leiden hier echte Personen, ihre Beweggründe bleiben nachvollziehbar. Amelias Leben, ihr Streben nach Ruhe, nach Schutz vor dem eigenen Kind, all das manifestiert sich in der Figur des Babadook. Lang, lang ist’s her, dass ein Horrorfilm so sehr auf die innere Zerrissenheit seiner Protagonistin einging.
Bei allen Fehlern, die sich gegen Ende einschleichen: Das ist tatsächlich mal eine willkommene Abwechslung.