Der Landtag in Kiel
Nun sind es nicht einmal mehr drei Wochen bis zur Landtagswahl, und ich weiß immer noch nicht, wen ich wählen soll! Gerade mir, der viele Jahre kommunalpolitisch tätig gewesenen ist und sich demzufolge besonders mit den Interessen seiner Heimatstadt identifiziert, fällt die Wahlentscheidung schwer. Zu tief sitzt der Stachel, dass die derzeitigen Regierungsparteien CDU und FDP versucht hatten, die Lübecker Universität faktisch zu liquidieren.
Dieses ungeheuerliche Vorhaben hatte zu Recht (und Gott sei Dank) den Widerstand der gesamten Region hervorgerufen. Aus meiner Sicht ging es dabei seinerzeit um weit mehr als „nur“ die beabsichtigte Schließung der für Lübeck so wichtigen Medizinerausbildung. Vielmehr wurde – auch dank der engagierten Berichterstattung der LN - häppchenweise offenbar, dass die Mehrzahl der Kabinettsmitglieder aus ganz banalen persönlichen Gründen „Kiel-orientiert“ ist. Nur so ist überhaupt zu erklären, dass bei der (ohnehin fragwürdigen) Entscheidung, bei der Medizinerausbildung zu sparen, nicht die Universität in Kiel ins Blickfeld rückte, obwohl dies ja eigentlich nahe gelegen hätte, da die weitaus größte Universität des Landes naturgemäß auch das größte Einsparpotenzial bietet. Nein, die Landesregierung nahm stattdessen sofort den wesentlich kleineren Universitätsstandort Lübeck ins Visier, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, welche Konsequenzen dies für den Wirtschaftsstandort Lübeck und die gesamte Region gehabt hätte.
Die FDP, allen voran Wolfgang Kubicki, hatte dieses Vorhaben bekanntlich noch vehement verteidigt, ebenso übrigens wie sein Parteikollege Gerrit Koch dies parteiintern hier in Lübeck getan hatte. Schon aus diesem Grund kommt eine Wahl der FDP bei der jetzt anstehenden Stimmabgabe nicht in Betracht. Da hätte es gar nicht der Fehlleistungen unseres Bildungsministers bedurft.
Gleiches gilt im Prinzip für die CDU. Zwar hat deren Spitzenkandidat Jost de Jager mehrfach betont, dass die seinerzeitigen Schließungspläne in der Sache falsch gewesen seien, er sie zutiefst bereue und so niemals wieder treffen würde. Das glaube ich dem Mann sogar. Allerdings dürfte dieser Sinneswandel weniger der gewonnenen tiefen Einsicht geschuldet sein, dass die latente Bevorzugung des Kieler Raumes dem legitimen Anspruch der übrigen Bürger und Bürgerinnen des Landes auf eine regional ausgewogene Politik widerspricht. Vielmehr liegt es nahe, hier wahltaktische Erwägungen für das demonstrative Tragen des „Büßergewandes“ zu vermuten.
Deshalb also SPD wählen? Unter uns: Dürfen wir Lübecker von einem Ministerpräsidenten Torsten Albig, der zur Zeit noch Kieler Oberbürgermeister ist, ernsthaft erwarten, dass er den Interessen der zweiten Großstadt im Lande neben Kiel mehr Gewicht eingeräumt?
Der SSW als Vertreterin der dänischen Minderheit ist unter diesem Gesichtpunkt ebenso wenig eine Alternative. Gleiches gilt für „die Piraten“, denn diese wissen selbst nicht, was sie ganz konkret verändern wollen, wie soll ich es dann als Wähler wissen? Die Linken wollen dagegen nur eines, nämlich Geld, das im Landeshaushalt nicht vorhanden ist, mit “vollen Händen“ für soziale Wohltaten ausgeben.
Bleiben zum Schluss noch die Grünen. Nach allem, was man von denen im Land so hörte, besteht bei den Grünen wohl noch am allerwenigsten die Gefahr einer religionalpolitisch einseitigen Ausrichtung. Deren Spitzenkandidat Robert Habeck (der gleichwohl nicht an der Spitze der Landesliste stehen durfte) macht auf mich im Übrigen einen sehr vernünftigen, pragmatischen Eindruck. Leider ist auch hier Vorsicht geboten, denn die Grünen-Basis ist bekanntlich nicht nur äußerst diskutierfreudig, sondern ebenso unberechenbar.
Nachdem ich nun bei meinem persönlichen Wahlprüfstein „Regionalpolitik” nicht so recht weitergekommen bin, muss ich mich wohl oder übel bei meiner Wahlentscheidung von anderen Aspekten leiten lassen. Wen soll ich denn nun wählen? Ganz ehrlich: Ich weiß es immer noch nicht!