Eine lüneburger Landratte erlebt den Hafengeburtstag 2013 erstmals an Bord eines Segelschiffes
Loth Loriën – restchart.com
Reportage – Der Hafenkai, an dem die Loth Loriën vertäut liegt, ist voller Menschen, voller Buden und voller Gerüche. Musik liegt in der Luft und verbreitet flotte Stimmung. Quer über zwei nebeneinander liegende Schiffe hinweg führt der Weg auf das dritte. Dann bin ich an Bord. Ein eleganter Dreimast- Gaffel- Schoner von 48 Metern Länge. Überall auf dem Boden dicke Taue, sorgsam zu Kreisen gewickelt. Von einem Seebären erfahre ich, dass die zusammengelegten Taue in Wahrheit Tampen sind. Und sie sind auch nicht zusammengewickelt, sondern ‘aufgeschossen’. Und auch das nicht etwa, weil’s schöner aussieht, sondern damit niemand darüber stolpert.
Die Luft ist geschwängert vom Geruch der Schiffsdiesel. Das Wasser ist glatt und kleidet wie ein silbergraues Tuch das Hafenbecken aus. Das Schiff legt ab. Unter Deck erwartet die Gäste ein üppiges Buffet. Das klassische englische Frühstück mit Bacon & Beans, Rührei und kleinen, würzigen Rostbratwürstchen. Daneben etwas für den deutschen Gaumen. Frische Spätzle und Sahnegeschnetzeltes. Für alle, die lieber kalt frühstücken, stehen verschiedene Käsesorten, Wurst, Brot und Brötchen sowie Müsli und Fruchtquark zur Verfügung. Kaffee fließt in Strömen. Darüber Stimmengewirr, angenehm unterlegt von dezenter Musik. Die vielen Gäste unterhalten sich angeregt, lernen einander kennen und zwischen all den leeren Kaffeetassen tauchen die ersten Biergläser auf. Die Stimmung ist ausgezeichnet, so wie jedes Jahr, erfahre ich.
Im Jahre 1989 hatten die Hamburger erstmals den achthundertsten Geburtstag ihres Hafens begangen. Offenbar war die Jubiläumsparty gut, denn irgend jemand kam anschließend auf die Idee, dass man dies doch jedes Jahr wiederholen könnte. Schließlich hat auch ein Hafen jedes Jahr Geburtstag. Heute ist der Hafengeburtstag zur festen Institution Hamburgs avanciert und wäre aus dem hamburger Jahreskalender nicht mehr wegzudenken. Kein Wunder, bei all den eleganten Schönheiten auf dem Wasser ringsherum. Darunter bekannte Kreuzfahrtschiffe wie die AIDA, die MS- Europa, die San Diego oder die Alexander von Humboldt, um nur einige zu nennen. Dazwischen große Segeljachten- und Schoner, die ein erstaunliches Tempo vorlegen. Aus dem Rumpf tritt bei manchen von ihnen ein dicker Wasserstrahl aus. Sonst hätte die Elbe kein Wasser, wie der Seebär mir auf meine Frage hin zuraunt. Dann die echte Antwort. Mit diesem Wasser werden die Schiffsdiesel gekühlt. Ah ja, danke.
Jaap van der Rest, der Schiffseigner und Kapitän der Loth Loriën, verschwindet hinter einer kleinen Luke, die mir bislang noch gar nicht aufgefallen war. Das dumpfe Dröhnen der Schiffsmotoren kommt mir entgegen und ich sehe Jaap gerade noch in einer Bodenluke verschwinden, hinein in den Maschinenraum tief in den Eingeweiden seines Schiffes. So genau wollte ich es auch wieder nicht wissen, also zurück zum Geländer – nein, zur Reling. Hinter mir tollt ein kleines Mädchen unter den belustigten Blicken der Gäste aufgeregt herum. Papa wirkt etwas gestresst, während er seiner Tochter besorgt hinterher hastet. Die einen lieben Kinder, die andere haben welche.
Plötzlich reißt der Himmel auf und die Sonne kommt durch. Der Fotograph an Bord wird hektisch. Endlich das richtige Licht. Leise klickt der Verschluss seiner Kamera, Bild um Bild wird eingefangen. Der Motive sind viele. Angefangen bei dem ausladenden Steuerrad über die Segel voller Wind bis hin zu den Schiffen, die uns begleiten. Von einem Zweimaster aus fotografieren Passagiere unser Schiff. Unser Schiff fotografiert zurück. Aus rauhen Männerkehlen wehen fetzenhaft Shanties zu uns herüber. Einige an Bord winken hinüber und man winkt freudig zurück. Wenigstens auf der Elbe herrscht Frieden.