Lame Deer, Seeker of Visions – John (Fire) Lame Deer and Richard Erdoes
Es war Liebe auf den ersten Blick, als ich 2011 das erste Mal den Wilden Westen erblickte.
Diese unendliche Weite. Offenes Land, wie man es nirgendwo in Europa findet. Echte Wildnis mit Bären, Kojoten, Klapperschlangen und Bisons. Ein grenzenloser Himmel und freie Sicht auf den Horizont. Kein Haus und keine Landwirtschaft.
Es war eine spirituelle Erfahrung und unbewusst auch die Geburtsstunde von awesomatik.
Denn seit meinem Besuch im Westen, versuche ich auf allen meinen Reisen dieses Gefühl der grenzenloser Freiheit und Einheit mit der Natur zu reproduzieren.
Und weil ich nicht konstant durch die Gegend reisen kann, beschäftige ich mich mal bloggend, mal lesend mit der Materie. So stieß ich auf das Buch des Lakota Medizinmanns Lame Deer.
Der Künstler Richard Erdoes staunte nicht schlecht als eines Tages der Medizinmann Lame Deer in der Tür seines New Yorker Apartments stand. In seiner Hand hielt er einen Karton mit allen seinen Habseligkeiten.
“Ich mochte dich. Ich denke ich bleibe eine Weile” sagte er ihm.
Die beiden hatten sich Monate zuvor bei dem Friedensmarsch von Martin Luther King Jr. kennengelernt. Nun sollte Erdoes Lame Deers Lebensgeschichte zu Papier bringen. Und obgleich Erdoes protestierte, er habe noch nie ein Buch geschrieben insistierte Lame Deer so lange bis er schließlich einwilligte.
Das Buch startet mit dem ungewöhnlichen Leben von Lame Deer. Auf seiner turbulenten Suche nach Visionen war er u.a. Outlaw, Polizist und Rodeo Clown bevor er schließlich zum respektierten Medizinmann wurde.
Er führt den Leser ein in die Traditionen der Lakota, die stets im perfekten Gleichgewicht mit der Natur lebten, bis die Weißen ihnen ihre Lebensgrundlage raubten, sie in Reservate sperrten und ihre heiligen Stätten zerstörten und schändeten.
Er beschreibt, wie sein Volk bis heute unter diesem Trauma leidet. Dass der westliche Lebensstil nicht mit dem Leben seiner Vorfahren vereinbar ist und deswegen vielen Stammesangehörigen der Lebenssinn fehlt.
Er klagt zu Recht an, verliert sich aber nicht in Bitterkeit sondern streut immer wieder lustige Anekdoten ein und versucht allen Menschen einen Weg aus dem dunklen Tal der Selbstzerstörung zu weisen.
Ein weiterer Bestandteil des Buches ist die Weitergabe jahrhunderte alter Traditionen. Von der Suche nach Visionen, vom Schwitzbad, von der Yuwipi Heilungszeremonie bis hin zum Sonnentanz. Lame Deer erläutert die Bedeutung von Symbolen und Verzierungen, erzählt alte indianische Sagen und stellt Heilkräuter und traditionelle Medizin vor.
Auch alltägliche Dinge wie Privatsphäre, Sex, Verhütung und der Umgang mit geistig verwirrten Stammesmitgliedern wird erläutert.
Fazit – Die Symbole des Lebens erkennen
Lame Deer – Seekers of Visions ist mehr als nur die Biographie eines Medizinmanns. Es ist ein Vermächtnis. Die Weitergabe jahrhunderte alter Traditionen. Ethnographische Geschichte, philosophischer Essay und spiritueller Leitfaden, vorgetragen von einem humorvollen Geschichtenerzähler.
Wer sich für indianische Kultur, Geschichte und Tradition interessiert wird an diesem Buch nicht vorbei kommen. Mitankuye oyasin – All my relatives…
Wertung 4/5
1. Geht gar nicht 2. Is OK 3. Gut 4. Richtig gut 5. awesomatik!
Alle awesomatik Rezensionen auf einen Blick
awesomatik Kuriosum
Wie schlecht es aktuell um die Indianer in den USA steht, machen diese Fakten aus der Pine Ridge Reservation (aus der Lame Deer stammte) deutlich:
– Arbeitslosenquote von 80-90%
– Alkoholismusrate von 80%
– Jugendsuizidrate viermal so hoch wie außerhalb des Reservats
– Die Lebenserwartung ist die zweitniedrigste in der gesamten westlichen Hemisphäre. Nur Haiti liegt darunter.
Lame Deer, Seeker of Visions (Enriched Classics)
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Schlagworte: Amerika, Buch, Indianer, Lakota, Lame Deer, Lesen, Literatur, Medizinmann, non-fiction, Pine Ridge Reservation, Religion, Rezension, Sioux, Wilder Westen