Ein Arbeitnehmer verklagte seine Arbeitgeberin auf Lohnzahlung (+ Bestandsschutz) und schloss sodann vor dem Arbeitsgericht Berlin einen Vergleich wie folgt:
1. Die Parteien sind sich darin einig, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund arbeitgeberseitiger fristgemäßer betriebsbedingter Kündigung mit Ablauf des 28.02.2014 geendet hat.
2. Die Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 10.01.2014 keine Rechte mehr her.
3. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis für die Monate Januar und Februar 2014 ordnungsgemäß auf der Grundlage einer Vergütung von 2000,– € ab und zahlt den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus.
Die (jetzige) Klägerin (Arbeitgeberin) nahm sodann eine Abrechnung für die Monate Januar und Februar 2014 vor und zahlte an den Beklagten (Arbeitnehmer) insgesamt 1.032,94 EUR aus. Darüber hinaus erstattete die Arbeitgeberin der Krankenkasse des Beklagten für den Zeitraum 11.01.2014 bis 19.02.2014 1.548,40 EUR Krankengeld und führte die sich aus den Abrechnungen ergebenden Sozialabgaben und Lohnsteuern ab.
Der Arbeitnehmer meinte, dass die Arbeitgeberin nicht das übergegangene Krankengeld vom Lohnanspruch abziehen durfte und vollstreckte aus dem Vergleich gegenüber der Beklagten; die dann unter dem Vorbehalt der Rückforderung die Zahlung der 1.723,36 EUR vornahm.
Die Arbeitgeberin/ Klägerin ging von einer Überzahlung aus und verklagte den Arbeitnehmer auf 1.723,36 EUR, nachdem eine außergerichtliche Rückzahlungsaufforderung ohne Erfolg blieb.
Sowohl vor dem Arbeitsgericht Berlin als auch vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bekam die Klägerin/ Arbeitgeberin Recht.
Das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 22.10.2015 -5 Sa 1379/15) führte dazu aus:
Auf den Gesamtzahlungszeitraum vom 01.01.14 bis 19.2.2014 entfiel der Zeitraum vom 11.01.2014 bis 19.02.2014, in welchem der Beklagte 1.548,40 EUR Krankengeld erhalten hatte, weshalb – in den Abrechnungen nicht, jedoch im Begleitschreiben der Klägerin vom 04.09.2014 berücksichtigt – der Nettovergütungsanspruch von insgesamt 2.581,34 EUR im Umfang von 1.548,40 EUR auf die BKK VBU übergegangen war (§ 115 Abs. 1 SGB X), so dass ein Auszahlungsanspruch iHv 1.023,94 EUR verblieb.
Aus dem Vergleich vom 09.07.2014 folgt demgegenüber nicht, dass die Klägerin bei der Abrechnung und Auszahlung der Vergütung für Januar und Februar 2014 den Anspruchsübergang auf die BKK VBU nicht berücksichtigen durfte und damit im Ergebnis trotz des Anspruchsübergangs auch die übergegangenen Vergütungsansprüche nochmals gegenüber dem Beklagten zu erfüllen hatte. Der insoweit maßgebliche Wortlaut „Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis für die Monate Januar und Februar 2014 ordnungsgemäß auf der Grundlage einer Vergütung von 2.000,– EUR brutto ab und zahlt den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus“ begründet jedenfalls nicht ohne Weiteres die Annahme, die Parteien hätten sich darauf geeinigt, dem Beklagten sollten für Januar und Februar je 2.000,00 EUR brutto ohne Berücksichtigung von Anspruchsübergängen auf Dritte zustehen. Die Verwendung der Begriffe „...auf der Grundlage einer Vergütung von…“ lassen zumindest ebenso gut den Schluss zu, die Parteien wollten lediglich die Höhe der dem Beklagten zustehenden Monatsvergütung außer Streit stellen und die Höhe der auszuzahlenden Vergütung den noch zu erstellenden Abrechnungen überlassen. Für das letztgenannte Verständnis spricht vorliegend, dass die Höhe der dem Beklagten zustehenden monatlichen Vergütung in dem vom Vergleich umfassten Zeitraum zwischen den Parteien streitig war. Die Klägerin hatte sich nämlich in dem durch den Prozessvergleich beendeten arbeitsgerichtlichen Verfahren darauf berufen, eine Leistungszulage wirksam widerrufen zu haben und dem Beklagten daher nur noch 1.885,00 EUR monatlich zu schulden. Daher bestand Anlass, die Höhe der monatlich geschuldeten Vergütung im Vergleich außer Streit zu stellen, ohne weiter gehend damit auch schon die Höhe des jeweils konkret geschuldeten Auszahlungsbetrages bzw. die Nichtberücksichtigung von Anspruchsübergängen zu regeln. Zudem muss sich der Beklagte fragen lassen, warum er bei seinem Verständnis hinnimmt, dass die Klägerin für Februar 2014 nur 1.266,73 EUR brutto und nicht 2.000,00 EUR brutto abrechnete. Aus dem Vergleich folgt nicht, dass unabhängig von dem Vorliegen eines dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Vergütung jeweils 2.000,00 EUR brutto für Januar und Februar 2014 zu leisten waren, was der Beklagte für den Zeitraum vom 20. bis 28.02.2014 zu Recht auch nicht beanstandet. Nichts anderes gilt aber auch für den Zeitraum vom 11.01. bis 19.02.2014, für welchen dem Beklagten aufgrund des nach § 115 Abs. 1 SGB X eingetretenen Anspruchsübergangs im Höhe von 1.548,40 EUR netto ebenfalls kein Anspruch auf Vergütung zusteht.
Die Parteien hatten im ursprünglichen Vergleich nur die Abrechnung mit anschließender Nettoauszahlung vereinbart und nicht einen reinen Auszahlungsanspruch in bestimmter Höhe, so jedenfalls das LAG.
Rechtsanwalt Andreas Martin