LAG Berlin-Brandenburg: fehlende Unterschrift bei Berufungseinlegung per Telefax

Rechtsanwälte legen häufig – aus Zeitnot – Rechtsmittel gegen Urteile am letzten Tag ein. Dabei ist eine Übermittlung des Schriftsatzes per Post am letzten Tag nicht mehr rechtzeitig möglich. Von daher wird der Schriftsatz dann am letzten Tag vorab per Fax geschickt. Fristwahrend ist dies dann, wenn der Schriftsatz ordnungsgemäß unterschrieben ist (und später im Original bei Gericht eingeht).

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Das LAG Berlin-Brandenburg (Entscheidung vom 12.03.2012 - 10 Sa 2078/11)  hatte nun einen Fall zu entscheiden bei dem um die Frage der fristwahrenden Einhegung einer Berufung per Fax ging. Ein Rechtsanwalt hatte die Berufung gegen ein Urteil eines Arbeitsgerichts eingelegt, wobei er dies am letzten Tag vorab per Fax schickte.

Zu diesem dem Beklagtenvertreter am 21. Oktober 2011 zugestellten Urteil ging am 16. Oktober 2011 um 22:55 Uhr ein Telefax in der Briefannahmestelle des LAG Berlin-Brandenburg ein (Bl. 153-154 d.A.). Dieses trug das Datum 16. November 2011 und wies von dem absendenden Fax eine Sendezeit vom 16. Oktober 2011 um 23:25 Uhr sowie als Absenderbezeichnung P. G.-W. aus. Auf der zweiten Seite dieses Faxes waren oberhalb und seitlich der letzten beiden Zeilen, die einmal „M.“ und einmal „Rechtsanwalt“ lauten, wenige nicht zusammenhängende Striche bzw. Punkte zu erkennen, die jedoch beim besten Willen nicht als Unterschrift zu identifizieren waren.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg führte dazu aus:

Nachdem der Beklagtenvertreter im Rahmen des Wiedereinsetzungsgesuches das Original der Berufungsschrift eingereicht hat, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die am 16. Oktober 2011 eingegangene Berufungsschrift von diesem Original stammt. Jedoch kann das auch dahinstehen, weil die zu diesem Zeitpunkt die Frist für die Einlegung der Berufung (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) seit langem verstrichen war. Von dem grundsätzlichen Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift haben die Gerichte stets Ausnahmen zugelassen, wenn eine Unterschrift aufgrund der technischen Besonderheiten des Übermittlungsweges nicht möglich war. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auf dem Original des verfahrensbestimmenden Schriftsatzes vermag am wirkungsvollsten sicherzustellen, dass der Berechtigte das Schreiben autorisiert hat. Die eigenhändige Unterschrift gewährleistet, dass der Schriftsatz dem Berechtigten vor der Übermittlung vorgelegen hat und er diesen überprüfen konnte.

Soweit der Beklagtenvertreter meint, dass er als Betreiber einer Einzelkanzlei ohne Mitarbeiter immer als Urheber identifiziert werden könne, führt das zu keinem anderen Ergebnis. Es begegnet keinen Bedenken, als Differenzierungskriterium auf die technische Möglichkeit der Beifügung einer eigenhändigen Unterschrift abzustellen. Dieses Kriterium bewirkt einerseits, dass dem technischen Fortschritt auch dann Rechnung getragen werden kann, wenn das mit gewissen Abstrichen an der Zielrichtung des § 130 Nr. 6 ZPO verbunden ist. Die damit mögliche Verwendung neuer Technologien erleichtert die Kommunikation mit dem Gericht und dient letztlich auch den Zielen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Andererseits aber begrenzt das Differenzierungskriterium die Ausnahmen von der Regel des § 130 Nr. 6 ZPO auf diejenigen Fälle, in denen dem Unterschriftserfordernis tatsächlich nicht genügt werden kann. Diese Differenzierung ist sachgerecht, weil sie Ausnahmen und damit Abstriche an der Zielsetzung des § 130 Nr. 6 ZPO auf das unumgängliche Mindestmaß begrenzt (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18. April 2007 – 1 BvR 110/07).

 

RA Martin



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