LAG Berlin-Brandenburg: Bis zu 260 Stunden regelmäßige Arbeitszeit im Arbeitsvertrag ist wirksam.

Die im Arbeitsvertrag vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit spielt u.a.  bei der Frage, wann Arbeitsstunden anfallen, eine erhebliche Rolle. Mit einer sehr hoch angesetzten regelmäßigen Arbeitszeit kann der Arbeitgeber den Anfall und damit die Vergütung von Überstunden minimieren. Ungefährlich ist dies aber nicht.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg und die 260 Stunden Arbeitszeit

Eigentlich müsste sich der Arbeitnehmer beschweren, wenn laut Arbeitsvertrag eine monatliche Arbeitszeit von bis zu 260 Stunden geschuldet sind, zumindest im Hinblick auf die Überstunden. 260 Stunden pro Monat; dies sind immerhin rund 60 Stunden pro Woche. Andererseits bedeutet dies aber nicht,  dass der Arbeitnehmer, wenn er betriebsbedingt weniger als 260 Stunden arbeitet, auch weniger Lohn bekommt. Das Betriebsrisiko (das Risiko dem Arbeitnehmer auch voll zu beschäftigen), trägt der Arbeitgeber.

Das LAG Berlin-Brandenburg musste sich nun über einen Fall Gedanken machen, der ungewöhnlich war und zwar nicht nur wegen der hohen monatlichen Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer sollte laut Arbeitsvertrag eben die besagten 260 Stunden arbeiten; nun wollte der Arbeitgeber davon später nichts mehr wissen, da er mit dem Arbeitnehmer einen monatlichen Festlohn vereinbart hatte und gern den Lohn reduzieren wollte. Der Arbeitgeber meinte nun, dass die Vereinbarung der Arbeitszeit unwirksam sei und der Arbeitsvertrag und damit auch der Lohn angepasst werden soll, natürlich nach unten.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Entscheidung vom 22.07.2011 -10 Sa 668/11) hielt die Vereinbarung für wirksam und lehnte eine Anpassung des Arbeitsvertrages und damit eine Lohnreduzierung ab.

Es führte aus:

„Bei den Regelungen im zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrag handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG, Urteil vom 23. März 2011 – 5 AZR 112/10 m.w.N.). Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG, Urteil vom 9. Juni 2010 – 5 AZR 122/09).

Dem entsprechend hat das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass der Kläger für seine feste monatliche Vergütung nicht jeden Monat 260 Stunden arbeiten müsse. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Arbeitsgericht dabei auch nicht entschieden, dass der Kläger lediglich verpflichtet sei, 173 Stunden monatlich zu arbeiten. Der Wortlaut von Ziffer 7a des Arbeitsvertrages ist insoweit eindeutig. Der Kläger hat monatlich „bis zu“ 260 Stunden zu Arbeitsleistung zu erbringen. Diese vertragliche Vereinbarung beinhalte jegliche Stundenzahl von 0-260.

Zutreffend führt die Beklagte aus, dass der Kläger nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung verpflicht ist, jeden Monat bis zu 260 Stunden zu leisten. Denn der Arbeitsvertrag beinhaltet insoweit keine Beschränkung auf bestimmte Monate oder Zeiträume. Die Schlussfolgerung der Beklagten, dass es sich deshalb um eine gesetzwidrige und damit nichtige Vereinbarung handele, trifft jedoch nicht zu. Denn sowohl die Regelung in § 3 ArbZG wie auch die Regelung in § 21a Abs. 4 ArbZG sehen ebenfalls vor, dass Arbeitnehmer in jedem beliebigen Zeitraum von sechs bzw. vier Monaten werktäglich bis zu 10 Stunden bzw. wöchentlich bis zu 60 Stunden beschäftigt werden dürfen, sofern sie nur in dem Referenzzeitraum 8 Stunden werktäglich bzw. 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten.

Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass eine Arbeitszeit über 260 Stunden hinaus, wie in Ziffer 7c des Arbeitsvertrages erwähnt, in der Regel unzulässig ist. Allerdings beinhalten zum einen § 14 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 21 Abs. 6 Nr. 2 ArbZG bereits eine gesetzliche Überschreitungsklausel der monatlichen Höchstarbeitszeit von 260 Stunden. Und zum anderen würde eine Nichtigkeit von Ziffer 7c des Arbeitsvertrages keine Nichtigkeit der gesamten Ziffer 7 des Arbeitsvertrages nach sich ziehen, da auch ohne die Ziffer 7c die Vergütungsregelung der restlichen Ziffer 7 angesichts der schon nach Ziffern 6 und 7a gegebenen weitgehenden Flexibilisierung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellt (§ 139 BGB).“

Für den Arbeitgeber war die Vereinbarung also nachteilig, wobei der Hauptgrund aber darin lag, dass er hier einen relativ hohen Lohn vereinbart hatte. Das Problem ist allerdings, dass der Arbeitgeber auch keinen beliebig niedrigen Lohn hätte vereinbaren können, da das BAG ja bereits entschieden hat, dass auch eine Lohnvereinbarung sittenwidrig sein, wenn diese noch nicht einmal 2/3 des ortsüblichen Branchenlohnes betrifft.

Rechtsanwalt Andreas Martin -Arbeitsrecht Berlin



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