LAG B-W: außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung eines unkündbaren Arbeitnehmers mit sozialer Auslauffrist unwirksam

Die Arbeitnehmerin war Reinigungskraft in einem Krankenhaus. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TVöD Anwendung. Dort arbeitete sie bereits seit vielen Jahren und sie war von daher nach § 34 Abs. 2 TVöD ordentlich unkündbar. Nach einer Meinungsverschiedenheit mit einem Vorgesetzten soll sie diesem eine Ohrfeige angedroht haben.

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin im September 2013 das Arbeitsverhältnis. Da eine ordentliche Kündigung nicht möglich war, kündigte er das Arbeitsverhältnis“ außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum Ablauf des 31.3.2014“.

Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsrecht Stuttgart. Die Klage hatte Erfolg. Das Arbeitsgericht in der ersten Instanz sah die Kündigung als unwirksam an, da zum einen es zweifelhaft sei, ob hier ausreichende verhaltensbedingte Gründe vorlagen und zum anderen der Arbeitgeber eine sechsmonatige Auslauffrist gewährte und damit die seinen eigenen Vortrag – dass es ihm unzumutbar sei die Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen – entschärfte.

Auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 25.6.2014 – Sa 35/14)  sah die Kündigung als unwirksam an.  Das Landesarbeitsgericht wies darauf hin,  dass grundsätzlich eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung gegenüber einer ordentlich unkündbaren Person mit einer Auslauffrist unwirksam sei, so die neue Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 21.06.2012 – 2 AZR 343/11).

Bei der Entscheidung des BAG ging es um eine außerordentliche Kündigung eines Betriebratsmitgliedes mit einer Auslauffrist. Das Bundesarbeitsgericht führte dazu aus:

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Voraussetzung ist damit das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Dem Arbeitgeber muss die Weiterbeschäftigung auch nur bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar sein (BAG 12. Mai 2010 – 2 AZR 587/08 – Rn. 17, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67; 17. Januar 2008 – 2 AZR 821/06 – Rn. 18, BAGE 125, 267).

b) Eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ist gem. § 15 KSchG gegenüber dem geschützten Personenkreis unzulässig (BAG 17. Januar 2008 – 2 AZR 821/06 – Rn. 27 ff., BAGE 125, 267). Kommt eine Vertragspflichtverletzung in Betracht, ist für die Beurteilung, ob Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber iSv. § 15 Abs. 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund zur Kündigung berechtigen, auf die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen. Ist eine Beschäftigung bis dahin zumutbar, ist die Kündigung unwirksam. Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist ist gegenüber dem durch § 15 KSchG geschützten Personenkreis ausgeschlossen (BAG 12. Mai 2010 – 2 AZR 587/08 – Rn. 17, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67; 17. Januar 2008 – 2 AZR 821/06 – Rn. 25 ff., BAGE 125, 267). Ebenso ist eine vom Landesarbeitsgericht nach Umdeutung für möglich gehaltene ordentliche Kündigung gegenüber dem nach § 15 KSchG geschützten Personenkreis unzulässig.

Anders wäre dies aber, wenn es sich um eine betriebsbedingte oder personenbedingte außerordentliche Kündigung gehandelt hätte.

RA A. Martin



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