Touristenorte sind nicht wirklich mein Ding. Oft wird man enttäuscht von zu übertriebenen Erwartungen, teuren Preisen und verlorenem Ambiente. Wie wird Caminito für mich sein? Auf der anderen Seite bietet La Boca eben nicht nur diese Vergnügungsmeile, sondern ist auch ein historisch bedeutsames Viertel. Ein Viertel, das einen Besuch verdient, um sich seine eingene Meinung zu bilden.
Wie du nach La Boca kommst
Es gibt mehrere Optionen, das Viertel zu besuchen. Taxi, der Hop On - Hop Off Touribus oder lokale Busse.
Ich wähle am liebsten die lokale Variante, die auch die günstigste ist. Mit den Linien 152 und 64 kommst du nach La Boca.
Ist La Boca nicht gefährlich?
In den meisten Großstädten dieser Welt gibt es Stadtteile, in denen man Vorsicht walten lassen sollte. So auch in Buenos Aires. La Boca gehört innerstädtisch zu dem ärmeren Vierteln. Ein Bekannter von mir aus Südafrika wurde hier mal überfallen. Der hat aber alle unten genannten Tipps ignoriert...
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Nicht Abends/Nachts unterwegs sein
Dies wird Dir jeder (auch Locals) als erstes raten. Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man das Viertel meiden. Macht aber nichts, da es in anderen Vierteln wie Palermo dann erst richtig losgeht. Ausserdem kommen die bunten Häuser La Bocas im Tageslicht viel besser zur Geltung.
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Nicht in den Seitenstrassen verirren
Ich liebe es wahrscheinlich genauso wie du, neues Terrain zu erkunden und abseits der Massen unterwegs zu sein. In La Boca jedoch solltest du den Entdeckergeist besser im Hotelzimmer lassen. So doof es klingt - schließe dich dem Touristenstrom an, der sowieso durch die schönsten Ecken des Viertels führt. - Nimm den Bus oder ein TaxiLa Boca schließt unmittelbar an die Viertel Barracas und Monserrat an, so das viele denken, das es einfach ist, dorthin zu laufen. Jedoch führt der Weg durch einige nicht unbedingt zu empfehlende Strassen. Nimm die oben beschriebenen Busse oder einfach eine günstige Taxifahrt.
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Lass die Wertsachen im Hostel
Ok, schon tausendmal gehört, daher nur kurz. Wertsachen im Hostel lassen, wenig Bargeld, unauffällig kleiden und den Selfie Stick in den Rio de la Plata schmeißen. Passt.
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Frage die Locals
Wenn du im Hostel bist, wirst du sicher Kontakt zu dem ein oder anderen Porteño (so nennen sich die Einwohner von Buenos Aires) bekommen. Hier bekommst du auch Tipps zum Besuch des Viertels.
Geschichte: Der Ursprung von La Boca liegt nicht in Südamerika
La Boca ist ein Ort voller Tradition und Geschichte. Und vieler bunt bemalter Häuser. Ich habe mich gewundert. Nirgends in Buenos Aires sieht es so aus wie hier. Warum, erfahre ich im Centro Cultual La Boca.
La Boca wurde von Immigranten gegründet. Arme, mittellose, meist junge Männer aus Spanien und vor allem Italien suchten Ende des 19. Jahrhunderts auf dem neuen Kontinent nach einem besseren Leben für sich und Ihre Familien. Die meisten von Ihnen arbeiteten direkt hier am Hafen als einfache Arbeiter und Tagelöhner. Sie lebten in den „Conventillos", einfachen Holz und Wellblechhäusern, die mit übrig gebliebenen Materialen und Farben aus dem Schiffbau verschönert wurden.
Die Conventillos hatten eine Gemeinschaftsküche und ein Bad und viele Arbeiter teilten sich zu dieser Zeit ein Zimmer oder Bett. In La Boca waren zerstörende Feuer in dieser Epoche nichts ungewöhnliches, denn oft wurden die Zimmer aufgrund der nächtlichen Kälte mit offenem Feuer beheizt. Es waren harte Zeiten.
Vom „harten" Viertel zur Touristenattraktion
Der Ursprung des Tourismus in La Boca und besonders Caminito liegt im Tango. Selbst auf den Strassen tanzen die Menschen.
Bei Tag und bei Nacht. Er zieht die Massen und auch Reisende an. Egal ob Wirtschaftskrise und Militärdiktatur - Der Tango versprüht positive Emotionen und strahlt „La pura vida" - Lebensfreude aus.
Andrés, ein Porteño, der in unserem Hostel arbeitet, erklärte uns: „Wir haben drei Nationalhelden in Argentinien. „Maradona, Eva „Evita" Perón und Carlos Gardel." Ok, die ersten beiden kennt man, aber wer ist Carlos Gardel? Carlos Gardel ist der König des Tango, der berühmteste Tangosänger der Welt, der 1935 bei einem Flugzeugunglück ums Leben kam und eine echte Legende in Argentinen ist.
Dann kamen die Peruaner und starteten den Verkauf von Kunst und Souvenirs in den Strassen La Bocas. Eine Prise Tango, Eine Prise Farbe, Eine Prise Kunst - fertig ist der Touristeneintopf.
La Boca abseits von Caminito
Ich möchte mehr erfahren über das Viertel. Die nette Verkäuferin aus einem Souvenirshop rät mir, nie die Strassen links der Hauptstrasse zu betreten. Das wäre zu gefährlich. Mein Ziel ist das Stadion der Boca Juniors, dem Heimatverein eines gewissen Diego Armando Maradona.
Ich erkunde die Umgebung rund um das Stadion Bombonera, der Pralinenschachtel (Den Namen verdankt es seiner Form). Ich folge meinem Bauchgefühl und bin wachsam. Aber alles geht hier seinen normalen Gang. Frauen schieben Kinderwagen über die Strasse, Teenies spielen mit ihren Smartphones und alte Leute sitzen plaudernd auf Bänken. Kein Anzeichen von Gefahr.
Maradona ist hier allgegenwärtig. An Hauswänden, in den Souvenirshops - überall blickt mir das Konterfei des WM Helden von 1986 entgegen. Ich frage mich immer noch, wie jemand mit einer solchen Figur so gut Fußball spielen konnte.
Hier sind die Häuser nicht mehr ganz so bunt, aber ebenso alt und an einigen bröckelt bereits die Fassade. Graffitis verzieren viele der Bauten, die ihre besten Jahre hinter sich haben. Und trotzdem versprüht das Viertel Charme. Rauen, lebendigen Charme.
Ich betrete das altehrwürdige Stadion der Boca Juniors. Alles hier ist in den Farben des Klubs, Gelb und Blau gehalten.
Warum eigentlich Gelb und blau? Der Fussballklub wurde 1905 von italienischen Einwanderern aus Genua im Hafen von La Boca gegründet und die ursprünglichen Trikots waren weiß und schwarz. Nach der Niederlage gegen ein Team mit nahezu gleichfarbigen Trikots ging man auf die Suche nach neuen Farben.
Der Legende nach kamen die Besitzer nach einer feucht fröhlichen Zusammenkunft auf die Idee, einfach die Farben des nächsten Schiffs, das im Hafen anlegt, zu übernehmen. Es war ein schwedischer Frachter. So kam es, das man sich heute an vielen Ecken La Bocas ein wenig fühlt, als stünde man in einem Ikea Einrichtungshaus.
Die Juniors mauserten sich in der Folge zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Fussballklubs auf dem südamerikanischen Kontinent. Ein Museum gibt umfassenden Einblick in die Klubgeschichte. Eine Fülle von Pokalen, Wimpeln und Trikots sind in den Schaukästen ausgestellt. Videos der größten Erfolge und bekanntesten Spielern wie Maradona, Martin Palermo oder Juan Román Riquelme laufen in einem kleinen Kino.
Danach geht es zur Führung und hinein ins Stadion. Ich muss zugeben, ich bin kein großer Fussballfan, doch an diesem Ort spürt man die Emotionen und die Bedeutung der Menschen für den Fußball.
Wir gehen in den Fanblock der „Doce", der 12. „Die lautesten und enthusiastischen Fans der Welt", wie Luis, eigentlich Student, heute unser in voller Boca Montur bekleideter Guide, uns stolz erzählt.
Auf den Holztribünen springen tausende Fans vor dem Spiel auf und ab und erschüttern so das Gästeteam in der Kabine unter diesem Teil des Stadions schon vor dem Anpfiff. Auch wir dürfen springen und uns an den Zaun klammern, der bei einem Tor des Heimteams frenetisch von Hunderten Fans jubelnd erklommen wird.
Luis zeigt auf einen verglasten Teil der Haupttribüne. „Das gehört Maradona". Er besitzt gleich mehrere Vip Logen. „Musste er dafür bezahlen?", frage ich. Keine Antwort. Das ist und bleibt Klubgeheimnis.
Kein Geheimnis sollte hingegen La Boca, dieser aufregende Stadtteil in Buenos Aires für dich bleiben.