Kurzkritik – Wer ist Hanna?

Wer ist Hanna?
[...]

Hanna ist ein junges Mädchen.
Hanna ist intelligent.
Hanna ist eine Killermaschine.

Mehr braucht man über den Hauptcharakter nicht zu wissen. Eigentlich, so denkt man sich nach Studium des Trailers. Dieser verspricht Hochglanzaction und Spannung ala Hitchcock. Letzteres mag durchaus zutreffen, bei Ersterem trügt der Schein.
Wer ist Hanna? ist der Versuch des Regisseurs Joe Wright einen Exkurs in unbekannte Actiongefilde zu starten. Nach Dramen wie Abbitte oder Der Solist werkelte er daher an der Geschichte eines jungen Mädchens (Soairse Ronan), die von ihrem Vater (Eric Bana) fern der Zivilisation zu einer Top-Agentin ausbildet wird, um den Tod an ihrer Mutter zu rächen. Dazu muss sie die skrupellose Agentin Marissa Wiegler (Cate Blanchett) finden und ausschalten.
Der Film überrascht schon in der Story. Der gesamte Rachefeldzug wird in der ersten halben Stunde abgehandelt und der Rest handelt von Hannas Flucht (natürlich ist Marissa Wiegler nicht gestorben) und darum, wie sie mehr über das Leben und sich selbst herausfindet.
Doch die Überraschungen hören nicht auf. Der Film hat eine Actionhandlung und durchaus auch Actionszenen, aber im Grunde ist es noch immer ein Drama. Auch inszenatorisch bedient sich der Regisseur dem Altbekannten, denn wie in Abbitte ist auch in Wer ist Hanna? eine mehrminütige Kamerafahrt ohne jeglichen Schnitt vorhanden. Dies ist in Zeiten von Schnittgewittern wie z.b. James Bond – Ein Quantum Trost oder The Mechanik ungewöhnlich, aber durchaus erfrischend für das Genre.
Hauptaugenmerk des Films ist Soairse Ronans Charakter (sie hat bereits in Abbitte unter Wright geschauspielert). Man erlebt mit ihr die Reise in fremde Gefilde und erkundet mit ihr erste menschliche Kontakte. Warum man sich allerdings als Freundin eine oberflächliche Figur ausgesucht hat, weiß auch nur der Drehbuchautor.
Hier wäre ich auch schon bei der einzigen wirklichen Schwäche des Filmes: dem Drehbuch.
Die Auflösung der Titelfrage ist beispielsweise eher in die Kategorien ‘Ziemlich durchschaubar’ und ‘Tausendmal bereits gesehen’ einzuordnen. Hier fehlt die Frische, die unter anderem bei Kick-Ass im Charakter des Hitgirls durch die strenge Überstilisierung vonstatten geht.
Großer Fehler des Drehbuchs ist vor allem das Ende. Normalerweise hab ich nichts gegen abgehackte Schlussszenen, aber es fehlt über den Film hinweg betrachtet das Runde, Homogene. Denn bereits vorhin erwähnte Freundin hat natürlich eine Familie (kommt aus Amerika, macht Europa-Sightseeing). Deren letzter Auftritt hängt in der Luft. Man weiß nicht, was mit ihnen passiert ist, will es wissen, bekommt es aber nicht. Wenn man einen Charakter bzw. mehrere Charaktere in eine Geschichte schreibt, muss man – wenn man nicht gerade einen Mehrteiler konzipiert – den Handlungsfaden zu einem (akzeptablen) Ende bringen. Dies ist leider bei der Familie in Wer ist Hanna? nicht der Fall. Traurig, wenn man bedenkt, wie enorm wichtig die Familie für die Entwicklung Hannas ist.

Fazit: Wer ist Hanna? ist eine Überraschung. Erwartet man gnadenlose Action wird man enttäuscht, gnadenlose Joe-Wright-Fans könnten eventuell auch enttäuscht sein über den Exkurs ihres Lieblings. Aber der Film ist auch gut. Lässt man sich auf die ruhige Gangart ein, dann erhält man eine Fülle an sympathischen Charakteren, jeder Menge skuriler Momente und sehr gut aufgelegten Darstellern.

Trailer:


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