Was habe ich mich gefreut. Normalerweise sind die Kinos in Rostock nicht so unbedingt darauf aus, dem werten Volk aktuelles Independentkino zu bieten. Nur selten kann man hier in einem niedlichen, kleinen Kino in einem der hintersten Winkel der Hansestadt (den Link findet ihr ab heute in den „Anderen Empfehlungen“) neuere Kost schmecken. Sonst sind es eher ältere Filme, von denen selbst hartgesottenste Cineasten noch nie etwas mitbekommen haben.
Aber egal, diese Woche lief der Film Naokos Lächeln an. Ich wollt ihn sehen, LiWu hat ihn gezeigt – perfekte Symbiose.
Naokos Lächeln bietet sich auch nicht wirklich für den deutschen, respektive europäischen Markt an. Asiatische Filme werden stiefmütterlich behandelt, es sei denn Jackie Chan kämpft sich wieder über die Leinwand. Dabei gibt es dort durchaus auch Qualität zu bewundern, wie z.B. der koreanische Oldboy beweist.
Dazu ist Naokos Lächeln ein Drama. Es ist mehr eine subjektive Beobachtung von mir, aber Dramen scheinen nicht wirklich bei uns Deutschen anzukommen. Aktuell läuft z.B. Tree of Life im Kino – mit mäßigem Erfolg (ca. 130.000 Zuschauer nach zwei Wochen). Die meisten Dramen, die ich im Kino sehe, sehe ich vor relativ kleiner Kulisse. Manchmal kommt es sogar zu einer Art Privatvorstellung. Daher denke ich – subjektiv natürlich – das Dramen in Deutschland nicht wirklich einschlagen.
Kommen wir aber endlich zu Naokos Lächeln.
Watanabe und Naoko verbindet ein gemeinsames Schicksal – Monate nach dem Selbstmord ihres gemeinsamen Freundes Kizuki treffen sie sich in Tokio wieder. Dabei kommen die beiden introvertierten Freunde sich näher und lernen sich lieben. Doch bereits nach der Liebesnacht geht Naoko in ein Sanatorium. Der Tod von Kizuki hat sie labil gemacht. Während ab und an Watanabe zu Besuch kommt, lernt dieser die lebensfreudige Midori kennen, die völlig verschieden ist von Naoko. Watanabe gerät in eine Zwickmühle aus Gefühlen und ethischer Verwantwortung.
Naokos Lächeln ist wunderbar. Die Mischung aus gefühlvollem Drama und künstlerischen Kameraaufnahmen saugt den Zuschauer richtig rein. Zwar wird es mit letzterem übertrieben, wenn man gefühlte zehn Sekunden auf einen Baum starrt, dafür sind viele Dialoge so intensiv gefilmt, obwohl sie spartanisch häufig nur aus einzelnen Sätzen bestehen. Hier wird sich auf das Wesentliche konzentriert, wodurch der Film mit einer Länge von 133 Minuten wie im Flug vergeht.
Intensität ist das große Plus von Tran Anh Hungs Naokos Lächeln. Die Bilder, die er erschafft brennen sich ins Gedächtnis. Die Szenen saugen einen wie ein Staubsauger hinein und die Darsteller schaffen es trotz kultureller Distanz ans Herz zu wachsen. Einziger Kritikpunkt des Films, der auf dem gleichnamigen Bestseller von Haruki Murakami beruht, ist die Story. Teilweise kommt man nicht wirklich mit, weil einige Szenen relativ zusammenhanglos erklärt werden. Die Knappheit der Dialoge verrät wenig über die Hintergründe, wodurch vor allem die Nebencharaktere zu wenig Raum bekommen. So ist zum Beispiel die Mitpatientin von Naoki zwar sympathisch, aber als sich ihre Plotlinie dem Ende nähert, weiß man zu wenig, um von der letzten Szene mit ihr berührt zu werden. Das Ende des Films wirkt daher auch ein wenig stückhaft und böse Zungen könnten behaupten, dass sich hier auf den Versuch geeinigt wurde, krampfhaft ein Happy-End zu generieren.
Ein wenig gewöhnungsbedürftig ist auch die Offenheit des Filmes. Sexualität ist allumspannend und die Sexszenen werden – zwar ohne groß nackte Haut zu zeigen – sehr intensiv gezeigt. Allerdings stelle ich mir doch die Frage, wie prüde die deutsche FSK ist, denn die Freigabe „Ohne Jugendfreigabe“ ist dann doch eher als lächerlich zu betrachten, wenn man sieht, was für Sexszenen teilweise in „Ab 16″-Filmen laufen.
Ab heute vergebe ich in meinen Kurzkritiken Sternchen, dann wird mein Bewertungssystem ein wenig offensichtlicher. Von 0,5 bis 5 Sterne wird es daher fast alles geben. Null Sterne gebe ich nicht, weil KEIN Film dieser Welt hätte eine solche Schmach verdient. Die Mühe muss schließlich auch belohnt werden.
Naokos Lächeln bekommt von mir 4,5 Sterne. Der Film hat nur kleinere Schwächen und gehört eindeutig zu den Perlen des japanischen Kinos. Wer sich auf die eher ungewöhnliche Inszenierung einlässt und auch nichts gegen ein wenig Offenheit einzuwenden hat, wird hier mit einem wirklich intensivem, erstklassigen Drama versorgt.