| Ullstein Verlag | Taschenbuch | 512 Seiten | €9,99 | Amazon |
Als die berliner Antiquitätenhändlerin Lilly eines Tages von einem geheimnisvollen Mann eine ungewöhnliche Geige überreicht bekommt, steht ihre Welt Kopf. Gerade noch hat sie in ihrer Trauer um ihren vor einiger Zeit verstorbenen Mann aus der Welt zurückgezogen und im nächsten Moment macht sie sich auf den Weg nach London, um die Geige dort ihrer besten Freundin Ellen zu zeigen, die Instrumente restauriert. Zufällig trifft sie auf Gabriel Thornton, dem Leiter der hiesigen Musikschule und beginnt die Vergangenheit der bekannten Stargeigerin Rose Gallway aufzuarbeiten, der die Geige einst gehört hat. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen ihrem Leben und dem der berühmte Violistin? Alle Wege führen auf Sumatra, wo Rose vor langer Zeit gelebt haben soll und schon bald findet Lilly sich auf einer Suche tief in die Vergangenheit...
Ein wenig Familiensage hier, ein Hauch Exotik dort und eine ganze Portion Rätselraten sind genügend Zutaten für eine atmosphärisch dichte Geschichte - sollte man meinen. Allerdings kann man der Geschichte keine der drei Zutaten wirklich abstreiten (dazu aber später mehr!) und so führt sie den Leser von
Berlin nach London, nach Italien und schließlich nach Sumatra, was einiges an Bewegung und Leben in die Geschichte bringt. Exotische, fremde und interessante Orte zu besuchen und erkunden bringt schließlich viel Spannung mit sich. So schafft auch "Der Mondscheingarten" eine ganz eigene Atmosphäre und schafft es, dem Leser eine nette und unterhaltsame Geschichte zu bieten, die sicherlich hier und da faszinierende Wendungen bereithält, stellenweise aber auch etwas konstruiert wirkt. Besonders gefallen haben mir die Handlungsstränge aus der Vergangenheit, auch wenn ich mir hier fast noch mehr Kapitel gewünscht hätte. Die Figuren sind sympathisch und lassen den Leser definitiv mitleiden- und fiebern, sodass man prinzipiell immer wissen möchte, wie es weitergeht. Nicht zu vergessen - der wunderhübsche Buchschnitt, von dem ich die Augen kaum lassen kann!
Und jetzt kommt das große 'Aber', welches in jedem meiner Sätze mitgeschwungen ist, denn auch wenn die Geschichte alle guten Zutaten besitzt, so fehlt ihr doch einiges an Charme und Atmosphäre. Das gewisse Etwas, die Magie, die ich mir so erhofft habe, blieb das gesamte Buch über aus. Die Geschichte - gerade die, die in der Gegenwart spielt - wirkt stellenweise unglaublich konstruiert und blass mit einigen Zufällen und glücklichen Fügungen zu viel. Mir hat das Gefühl gefehlt, was so gut zu dieser Geschichte gepasst hätte und auch die verschiedenen Länder haben nicht so viel atmosphärische Beschreibung bekommen, wie sie es verdient hätten. Ich konnte weder London, noch Italien, noch Sumatra wirklich
fühlen - weder das regnerische Wetter riechen, noch die italienische Lebensfreude spüren und auch die Affenschreie blieben mir verborgen. Corina Bomann schafft es zwar eine faszinierende Kulisse aufzubauen, aber es gelingt ihr nicht, diese Kulisse ins hiesige Wohn/Schlafzimmer zu zaubern. So bleiben auch beide Handlungsstränge - der gegenwärtige und der vergangene - und auch beide Liebesgeschichten eher platt, was dazu führt, dass man wenig Mitleid oder Mitgefühl mit den Figuren hat.
"Der Mondscheingarten" ist sicherlich eine nette Lektüre für regnerische und gemütliche Tage, geht darüber aber leider nicht hinaus. Der Geschichte fehlt der Zauber und die Magie, die Tragik und die Schwere, die sie verdient hätte. Irgendwie schaffen es die großen Gefühle nicht aus den Seiten und bleiben zwischen den Worten stecken, sodass man eigentlich alles hat, was man sich von einer Geschichte wünschen könnte - eine tolle Kulisse, eine gut durchdachte Story und spannendes Rätselraten, doch der Roman bleibt am Ende zu konstruiert, zu gewollt und schafft den Sprung zu den großen Gefühlen leider nicht. Gut für Zwischendurch, aber kein Buch, dass mich gänzlich zu überzeugen konnte. Sehr schade!