Kurz kommentiert

"Hollandes Irrweg, die Staatsfinanzen über Steuererhöhungen zu sanieren, rächt sich nun bitter.[...]
Die versuchte Sanierung der Staatsfinanzen über Steuererhöhungen statt Ausgabenkürzungen ist ein Irrweg, den eingeschlagen zu haben sich für Hollande nun bitter rächt. Die Franzosen drohen mit Steuerstreik..."
- Christian Schubert, Frankfurter Allgemeine am 1. November 2013 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Schubert findet, es sei bedenklich, wenn man Staatsfinanzen durch Steuererhöhungen bei Reichen ausgleichen möchte. Dass diese Erhöhungen vor allem Vermögende traf, hat Schubert ja auch galant übersprungen. Das Spiel mit dem Feuer, das er da rhetorisch bemüht, läßt sich viel simpler erklären: Wenn man Reiche höher besteuert, werden sie staatsverdrossen, lehnen es verstärkt ab, gute Staatsbürger sein zu wollen. Wenn sich Reichtum nicht mehr lohnt, dann läuft der Staat Gefahr, von irgendeiner Tea Party erpresst zu werden. Man muss sich seine Reichen eben bei Laune halten.

Die Steuerstreiker, die Schubert anspricht, sind übrigens Leute wie Depardieu oder der Unternehmer de Thomas oder einige raffgierige Fußballer aus der Ligue 1. Menschen aus dem oberen Segment der Einkommensstatistik, die es für ungerecht ansehen, dass ihr Vermögen zur steuerlichen Umverteilung herhalten soll. Und es sind überdies Menschen, die nicht selten von einem durch Steuern finanzierten öffentlichen Sektor in Kunst und Sport, aber auch Wirtschaft und Bildung, profitiert hatten. Ihre heutigen Einkünfte sind für sie allerdings nicht Produkt dieser Strukturen, sondern die folgerichtige Konsequenz ihrer persönlichen Leistung. Daher sollten sie ja auch unantastbar sein. Dass sich diesen Eliten freilich auch Mittelschichtler anschließen, ist nicht verwunderlich. Ähnliches erlebt man auch in Deutschland, wenn sich irgendein Versicherungsangestellter vor der Millionärssteuer fürchtet, weil die ja vielleicht irgendwann auch auf ihn abstrahlen könnte. Sei die realistische Aussicht auf eine eigene Million auch noch so gering, man hält sie sich in der Mittelschicht gerne offen. Man weiß ja nie.
Was Schubert eigentlich sagen will ist, dass der moderne Staat seine Leistungsträger nicht zu sehr belasten sollte. Er sollte sich von deren Abwanderungs- oder Streikdrohungen erpressen lassen und die Frage des Allgemeinwohls der Situation unterordnen. Schließlich ist dieses postulierte Wir wollen weniger Steuern zahlen! auch eine demokratische Äußerung. Die Reichen sind ja auch Bürger. Besser ist es doch da, den demokratischen Weg der Ausgabenkürzung im Sozialwesen zu gehen. Das wäre dann kein Irrweg, um bei Schuberts Terminologie zu bleiben. Er spricht sich hier (ganz offen zwischen den Zeilen) für die Beibehaltung des neoliberalen Weges aus: Niedrige Steuern (besonders für Reiche) und dezimierte Ausgaben (wo es Arme trifft). Ein Rezept, das zu immer mehr Sparprogrammen führt, Probleme im Inneren verschärft und den Reichtum aus der Haftung entläßt.
Mag sein, dass Hollande viele Irrwege eingeschlagen hat - die Erhöhung der Steuern war aber keiner. Diese Maßnahme ist für jedes Land notwendig, das wieder handlungsfähig werden will. Wenigstens das scheint Hollande erkannt zu haben. Schubert jedoch nicht. Oder er hat es erkannt und wünscht sich gar kein handlungsfähiges Gemeinwesen mehr, sondern will den deutschen Traum von der marktkonformen Demokratie weiterträumen.
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