Wenn das bildschöne Liebespaar nicht bis ans Ende seiner Zeiten zufrieden und glücklich zusammenlebt; wenn Wünsche sich umkehren und Alpträume mit sich bringen; wenn das vermeintlich böse Männchen auch nur eine gescheiterte Persönlichkeit mit dem Traum von Liebe ist, ja, dann stecken wir wohl in einer Sammlung von Märchenadaptionen des amerikanischen Schriftstellers Michael Cunningham. Unterhaltsam mischt er hier den modernen, realistischen Alltag mit bekannten Erzählungen aus unserer Kindheit und nimmt ihnen ihre oberflächliche Schwarz-Weiß-Malerei. So sehen sich für einander bestimmte Prinzen und Prinzessinnen plötzlich mit den Krisen einer langjährigen Ehe konfrontiert und ein verwunschener Edelmann wird erst dann zur wahren Bestie, wenn ihm seine Schönheit wiedergegeben wird.
Wie es sich bei Geschichtensammlungen oft verhält, gingen mir auch diesmal einige der Erzählungen näher als andere. Ich war zwar beeindruckt, wie Cunningham mit den verschiedenen Motiven der Märchenwelt spielt und diese für seine Zwecke einsetzt, doch verbirgt sich in den meisten seiner Geschichten auch eine mir von ihm bereits bekannte Trostlosigkeit, die ich einserseits nachvollziehen kann und realistisch finde, andererseits auch einen bitteren Beigeschmack bei mir hinterlassen. Sie scheinen nicht das bei mir zu erreichen, was sie bei anderen schaffen und so kann ich nicht ganz in die begeisterten Lobeshymnen mit einstimmen.
Liebste Geschichte: Kleiner Mann