Die meisten Leute glauben ja, dass hier im Westerwald der Wind nur kalt über die Wipfel pfeift und ansonsten nicht allzu viel los ist. Aber dem ist ganz und gar nicht so. Als Ferienregion wird hier vor allem das Naturerlebnis groß geschrieben. Neben Ausflügen zu den Anfängen der Industrialisierung der modernen Zeit oder zum Lago Maggiore des Westerwaldes könnt ihr euch hier auch die Kunst erwandern. Und zwar auf dem Skulpturenweg Reckenthal.
An einem der wenigen schönen Februarsamstage (im Februar gab es eigentlich nur zwei schöne Samstage) machen wir uns auf den Weg in das Gelbachtal im südlichen Westerwald. Der Skulpturenweg Reckenthal ist ein Rundwanderweg, der durch verschiedene Ortschaften der Stadt Montabaur geht. Er startet an sich in Wirzenborn und führt über Reckenthal und Bladernheim zurück nach Wirzenborn. Wie so oft halten wir uns nicht an die Wander-“Vorgaben”, denn unser Ausgangspunkt ist der Wanderparkplatz in Bladernheim.
Wanderparkplatz in Bladernheim
Hier kann ich auch gleich meine am PC ausgedruckte Wanderwegbeschreibung im Auto lassen, denn an der Informationstafel finden sich ausführliche Brochüren zum Skulpturenweg. Und los geht’sBei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein überqueren wir den Gelbach, der an diesem Winternachmittag wie ein Gebirgsbach in der Eisschmelze daher kommt und begegnen gleich darauf der ersten Skulptur.
Die Dornen der Rose, Aldo Pallaro, Italien
Die Skulpturen entstanden nach vier Holzbildhauer-Symposien zwischen 2009 und 2014. Nun säumen insgesamt 42 Holz-Skulpturen den Wanderweg. Bevor wir allerdings links auf den Skulpturenweg einsteigen, machen wir einen kleinen Abstecher nach rechts und laufen ein paar hundert Meter direkt entlang des Gelbachs.Auch wenn einem langsamen das Grau und Braun des Winters auf den Keks geht – es bringt die skurrilen Formen der Bäume und Äste doch viel besser zur Geltung als wenn alles in voller Blüte stünde.Das Gute am Skulpturenweg ist, dass ihr euch nicht wirklich verlaufen könnt. Wenn ihr eine Weile keiner Skulptur mehr begegnet seid, dann wisst ihr, dass ihr auf dem Holzweg seid … ;-) …
Waldgeist, Simone Carole Levy, GB/D/CH
Der gesamte Wanderweg ist sehr gut ausgebaut. Von Bladernheim in Richtung Wirzenborn geht es sehr gemächlich bergauf.Immer in Sichtweite fließt linker Hand der Gelbach. Fast die gesamte erste Hälfte der Strecke führt durch den Wald. Nur ein kurzes Stück geht es über Wiesen und Felder. Wo sich heute Wiesen und Felder befinden, stand bis 1853 das Dörfchen Sespenroth, das damals zum Herzogtum Nassau gehörte. Im Rahmen einer großen Auswanderungswelle aus dem damaligen Herzogtum schlossen sich auch viele Westerwälder den Trecks nach Amerika (Texas) an. Darunter auch fast alle Familien aus Sespenroth. An die Wüstung erinnert heute eine Gedenktafel.
Dayo vor der Skulptur “Vereint” von Simone C. Levy
Und weiter geht es. Vorbei an der Fischfamilie …
Fischfamilie, Simone Carole Levy
… und damit unsere Wanderung nun doch nicht gar zu einfach gerät, versperren uns kurz darauf ein paar umgestürzte Bäume den Weg. Dayo und Suri klettern mit aller gebotenen Vorsicht über Bäume und werden dafür natürlich ausgiebig mit Leckerlis belohnt. Dayo macht solche Sachen immer ganz souverän. Aber ganz besonders stolz bin ich auf Suri, die eher vorsichtig und ängstlich mit ungewohnten Situation umgeht.
Gut genährt, Franziska Dose, Deutschland
Mir gefällt die Idee mit den Skulpturen entlang eines Wanderwegs sehr gut. Immerzu muss ich bzw. müssen wir stehen bleiben, um die Werke, die aus den verschiedensten Holzarten hergestellt wurden, zu bewundern. Damit ihr euch nicht nur an den Skulpturen orientieren müsst, gibt es natürlich auch eine ordentliche Wandermarkierung. Bis auf die ersten Kilometer zwischen Bladernheim und Wirzenborn ist diese auch sehr gut angebracht.
Vertrauen, Thorsten Schütt, Deutschland
Auch als hier noch keine Skulpturen den Weg zierten, galt die Route bereits als Flaniermeile von Montabaur. So ist die Strecke auch an diesem Februarnachmittag gut frequentiert.
Schicksal, Simone Carole Levy
Wir haben jetzt fast die Hälfte des Weges geschafft und sind in der idyllisch gelegenen Ortschaft Wirzenborn angekommen. Das ist doch eigentlich eine gute Gelegenheit, um ein Päuschen zu machen. Kaffee und Kuchen wären natürlich auch nicht schlecht.Auf unserem Weg liegt praktischerweise das Landgasthaus “Wirzenborner Liss“, das samstags bereits ab 10 Uhr geöffnet ist. Die Hunde sind hier herzlich willkommen und können ihren Durst gleich am Eingang zur Wirtsstube stillen. Wir stärken uns mit frischem hausgemachtem Käsekuchen, der ausgesprochen lecker ist.In dem Landgasthaus treffen sich neben den Einheimischen nicht nur Wanderer und Fahrradfahrer, sondern auch Liebhaber von historischen Motorrädern, denn das Motorradmuseum Montabaur liegt in direkter Nachbarschaft. In der Sommersaison ist hier bestimmt der Teufel los.
Das Leben, Ricardo Villacis, Ecuador
Wir durchqueren den Ort und die Landstraße und begeben uns auf den zweiten Teil der Wanderung. Der fängt erst einmal mit einem relativ steilen und langen Anstieg an. Oben angekommen laufen wir sozusagen auf der Höhe des Gelbachtals.Den Abstecher nach Reckenthal sparen wir uns und marschieren weiter in Richtung Bladernheim. Warum dieser Wanderweg so beliebt ist, wird uns nur kurze Zeit später klar. Es ist der herrliche Blick auf Montabaur und sein Schloss.Vorbei geht es an weitere Skulpturen, …
Anglismes, Gilles Vitaloni, Frankreich
… und dann tauchen wir auch schon wieder in den Wald ein. Das herzallerliebste Holzfüchslein gehört offiziell wohl nicht zur Skulpturensammlung, denn die Holzfigur ist nicht in der Broschüre gelistet. Besonders gut gefallen, hat mir auch ein übergroßer gieriger Specht …
Gefahren der Gier, Gerard Ducret, Frankreich
… und natürlich der Eichhörnchenbaum …
Eichhörnchenbaum, Simone Carole Levy
… so schön – insbesondere im Detail.Nach Bladernheim sind es jetzt nur noch knapp zwei Kilometer, und Dayo und Suri sind noch ziemlich fit. Zumindest, wenn es darum geht, wer das nächste Leckerli fängt …… und dann liegt unser Ausgangsort auch schon zu unseren Füßen …… na ja, fast jedenfalls. Der letzte Kilometer hat es in sich, denn es geht stramm bergab. Das ist jetzt zwar nicht besonders schwer, tut aber in meinen Knien ganz schön weh. Allerdings bin ich sehr froh, dass wir anfangs nicht auf die Idee gekommen sind, die Richtung einzuschlagen, aus der wir jetzt kommen. Denn seit wir den Blick auf Montabaur genossen haben, geht es fast die ganze Zeit bergab. Das hätten wir im Umkehrschluss ja bergauf laufen müssen … nee, das wäre mir zu anstrengend gewesen … ;-) …
Fazit
Der Skulpturenweg Reckenthal ist ein einfacher Wanderweg (auch für meine Verhältnisse), der sich bequem und gemütlich laufen lässt. Wir sind den großen Rundweg gelaufen, der knapp 10 Kilometer lang ist. Der kleine Rundweg, der über Reckenthal führt, ist rund sechs Kilometer lang. Dank der insgesamt 42 wirklich tollen Holzskulpturen und der schönen Aussichten auf Montabaur ist dieser Wanderweg in der Saison vermutlich sehr stark frequentiert. Mir hat der Wanderweg sehr gut gefallen und er steht auf jeden Fall nochmals auf meiner To-Do-Liste, wenn wir Besuch von außerhalb bekommen (zum Angeben sozusagen).
Weitere Informationen
- Wie bereits erwähnt umfasst der große Rundweg des Skulpturenwegs Reckenthal knapp 10 Kilometer und der kleine Rundweg ca. 6,5 Kilometer. Die Wanderweg ist leicht.
- Auch wenn der Gelbach auf der Hälfte der Strecke immer im Sichtfeld ist, solltet ihr für die Hunde lieber Wasser mitnehmen. Denn der Gelbach ist mit ganz wenigen Ausnahmen für Hunde so nicht erreichbar.
- Wir haben die Wanderung in Bladernheim auf dem Wanderparkplatz begonnen. Das Örtchen Wirzenborn (eigentlich Start der Wanderung) liegt ungefähr auf der Hälfte der Strecke. Wer dann Lust auf eine Pause hat, macht diese im Landgasthaus “Wirzenborner Liss”. Hier gibt es auch Wasser für die Hunde. Die Preise sind moderat und Kaffee und Kuchen sehr zu empfehlen.
- Auch in Bladernheim gibt es Einkehrmöglichkeiten. Die waren jedoch bei unserer Wanderung alle geschlossen.
- An den Parkplätzen in Bladernheim und Wirzenborn gibt es ausführliche Informationstafeln zum Skulpturenweg. Mit ein bisschen Glück sind die Broschürenhalter mit dem ausführlichen Info-Flyer gefüllt. Um auf Nummer sicher zu gehen, schaut ihr vorher besser hier vorbei und druckt euch das Notwendige lieber aus.