„Kunst + Politik“

Von Walter

Kunst + Politik ist eine Gruppe von Schweizer KünstlerInnen, die sich mit ihren ureigenen Mitteln, also mit künstlerischen Aktionen und anderen Aktivitäten, in die Realpolitik einmischen und gesellschaftspolitische Themen aufgreifen wollen. Es soll so die Auseinandersetzung „unter Künstlerinnen und Künstlern sowie mit Politikerinnen und Politikern, Medien und der Öffentlichkeit“ gefördert werden. – Eine Würdigung.

Was zunächst recht abstrakt und wie eine von vielen gutgemeinten Absichtserklärungen daherkommt, hat sich in der kurzen Zeit seit der Gründung Mitte 2010 zu einer vielversprechenden Bewegung entwickelt, die bereits mehrfach ins Tagesgeschehen eingegriffen hat – und zwar mit einigem Echo.

„Rettet Basel!“
Als die Basler Zeitung von Tito Tettamanti mit Stumpf und Stiel aufgekauft und einer SVPisierung preisgegeben wurde (hier und hier wurde auf diesem Blog darüber berichtet), lancierte Kunst + Politik einen Aufruf unter dem knalligen Titel „Rettet Basel!„. Innert kürzester Zeit kamen im Internet über 18’000 Unterschriften zusammen, die den Aufruf unterstützten – und damit die Forderung nach einer Tageszeitung in der Region Basel, die von der SVP (Schweizerische Volkspartei) unabhängig sein soll. Es folgten über tausend Abokündigungen, die zumindest zum Teil durch die Aktion „Rettet Basel“ inspiriert waren. Mehr noch: Tito Tettamanti zog sich alsbald von der Basler Zeitung wieder zurück und überliess das Szepter Moritz Suter, einem in Basel und darüber hinaus angesehenen Unternehmer, der die Basler Gemüter beruhigen sollte. Allerdings sind bis heute die wahren Besitzverhältnisse der Öffentlichkeit nicht bekannt, und es ist offensichtlich, dass Moritz Suter hauptsächlich als Beruhigungspille fungiert. Denn der Umbau der Basler Zeitung Richtung Parteiblatt der SVP schreitet munter voran.

Guy Krneta, Schriftsteller und einer der Initianten von Kunst + Politik, organisierte sodann unter dem Titel „Welche Zeitung braucht Basel?“ ein hochkarätiges Podium, das mit künstlerischen Interventionen der Kabarettistin Sibylle Birkenmeier und des Rappers Greis garniert war, ganz nach dem Geschmack von Kunst + Politik – und des Publikums.

Nun, Basel ist zwar noch immer nicht gerettet, die Basler Zeitung nimmt weiter Kurs nach rechts – notabene als Quasi-Monopolblatt in einer rot-grünen Stadt – und eine Alternative ist noch immer nicht in Sicht. Doch es wird zumindest gegen die Vereinseitigung der Medienlandschaft gerungen – und das dank der Gruppe Kunst + Politik zusätzlich mit einem spielerischen, künstlerischen Element.

„Auch ich bin ein verhätschelte Staatskünstler
Als im Entwurf für das neue Parteiprogramm der SVP drei KünstlerInnen als „verhätschelte Staatskünstler“ namentlich erwähnt – um nicht zu sagen: diffamiert – wurden, darunter Pipilotti Rist, wandte sich Kunst + Politik in einem offenen Brief gegen dieses Gebaren. Über hundert prominente KünstlerInnen ersuchten darum, im Parteiprogramm ebenfalls als verhätschelte StaatskünstlerInnen aufgeführt zu werden – ob mit Erfolg, ist nicht bekannt. Ein gewisses Medienecho löste der offene Brief indessen aus.

Seismograf gesellschaftspolitischer Umwälzungen
Kunst + Politik versteht sich als eine Art Seismograph der gesellschaftspolitischen Umwälzungen, die zurzeit vor sich gehen. Im Gründungsmanifest der Gruppe wird ihr Selbstverständnis mit dem Kanarienvogel verglichen, der in früheren Zeiten jeweils von den Kumpeln in die Grubengänge mitgenommen wurde. Sein auffälliges Verhalten sollte die Bergleute vor Gefahren wie etwa dem Erstickungstod warnen.

So reagiert Kunst + Politik „gegen die weitere Vergiftung des sozialen und kulturellen Klimas“ und will gleichzeitig die Debatte um Begriff und Formen der politischen Kunst weiterführen. Die Wärme der Kunst ist bitter nötig in dieser kalten Zeit.

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