Kunst in Wolfsburg: Spuren der Moderne, noch bis 19. Oktober 2014 im Kunstmuseum

Das Kunstmuseum Wolfsburg ist ein ganz ungewöhnliches Museum: Es hat keine Ausstellungsflächen für eine Dauerausstellung. So ist es immer wieder gut und nötig, die Spuren der eigenen Sammlung aufzunehmen und vorzuführen, die Spuren der Moderne in den Räumen zu streuen, thematisch variiert - erst recht im Jubiläumsjahr: Vor zwanzig Jahren wurde das Kunstmuseum Wolfsburg begründet. Hat die Moderne in ihm Spuren hinterlassen, sind es nur - flüchtige! - Spuren aus der Vergangenheit, oder führen sie auch in die Zukunft? 

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Faszinierend fand ich bei meinem Rundgang das Spiel mit der Räumlichkeit: Das eine Mal ist der Raum von Spiegeln zergliedert (wie hier beim Spiral Labyrinth von Jeppe Hein, 2006), das andere Mal sind die Oberflächen räumlicher Zweckgebilde (hier: von Küchentischen aus Wolfsburg mit verschiedenen modischen Farben) in die Senkrechte gekippt und dadurch ins Flächige gezwungen, sodass die Bezeichnung "Skulptur" wie eine ironische Anmerkung erscheint (John Armleder: Furniture Sculpture, 2007 (davon kann ich nur einen groben Eindruck vermitteln, aus der Werkliste dieser Ausstellung abfotografiert*).

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Die Einengung des Raumes kommt ebenso vor wie seine Ausweitung. Bei der Arbeit "Decke, Büroräume 1. Stock" von Tobias Rehberger, 1998, wird das Gefühl "die Decke fällt mir auf den Kopf" merkbar hervorgerufen.

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Ganz ins Gegenteil gehen womöglich die Gefühle der Betrachterin, des Betrachters bei dem "Flugzeug" von Panamarenko von 1967, der ältesten Arbeit (vorausgesetzt, sie oder er traut der Funktionsfähigkeit). Dass dieses Werk vorübergehend ausgestellt werden kann, zeigt zugleich die besonderen Qualitäten des Kunstmuseums Wolfsburg, wo große, raumgreifende Arbeiten ihren (imponierenden) Platz sogar stockwerkübergreifend finden können.

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 Ob ich mich mit meinem Leitfaden des Umgangs mit dem Raum bereits auf den Spuren der Moderne befinde, ist allerdings die Frage, denn das Verhältnis von Raum und Fläche war immer ein Thema in der (Bildenden) Kunst - vielleicht in der Moderne stärker denn je?

Die - wie immer in Wolfsburg - mit großer Sorgfalt und Entdeckerfreude gestaltete Ausstellung folgt einem anderen Grundgedanken: Welche Bedeutung hat die Klassische Moderne des 20. Jahrhunderts - einst als ästhetische Revolution parallel zum Forschungsfortschritt gepriesen - überhaupt noch angesichts der digitalen Gegenwart, die kaum noch Grenzen hat, im "Global Village"? Wie kann die Kunst heute noch im grenzenlosen Raum überhaupt einen Standpunkt finden? Der Rundgang in der Ausstellung ist thematisch gegliedert in die Felder Porträt, darstellende Malerei, Abstraktion, Architektur und Design, Wissenschaft und Technik, Aufklärung und Spiritualität sowie Gobal Art.

Ich wünsche reichlich EntdeckerInnenneugier beim Betrachten der Ausstellung - es lohnt sich. Ein guter "Ausweis" im Jubiläumsjahr des nunmehr zwanzigjährigen Wolfsburger Kunstmuseums.

Weitere Informationen auf der Netzseite des Museums http://www.kunstmuseum-wolfsburg.de/1216/Spuren_der_Moderne/ Insbesondere empfehle ich das Video mit den Erläuterungen von Kuratorin Uta Ruhkamp.

Text: Dr. Helge Mücke, Hannover; die Bilder von oben nach unten: Blick in die Ausstellung Spuren der Moderne (15.03. - 19.10.2014), links: Michel Majerus, What looks good today may not look good tomorrow, 1999, Acryl auf Leinwand, 303 x 341 cm, Kunstmuseum Wolfsburg, © Estate Michel Majerus,
rechts oben: Neo Rauch, Regel, 2000, Öl auf Papier, Durchmesser: 300 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2014, rechts unten: Jeppe Hein, Spiral Labyrinth (1), 2006, Hochglanzpolierte Spiegelplatten, Aludibond, Metallrahmen, Foto: Marek Kruszewski;

Ausschnitt aus dem Werkverzeichnis (*hierzu stand kein Pressefoto zur Verfügung);

Blick in die Ausstellung Spuren der Moderne (15.03. - 19.10.2014), Tobias Rehberger: Decke Büroräume 1. Stock (Lévy, Schuppli, Hirsch, Ritschard, Pakesch), 1998, Holzkassettendecke, 7 Hängelampen, Maße variabel, Kunstmuseum Wolfsburg © Tobias Rehberger, Foto: Marek Kruszewski;

Blick in die Ausstellung Spuren der Moderne (15.03. - 19.10.2014), Panamarenko: Das Flugzeug, 1967,
Aluminiumrohre, Drahtseile, Keilriemen, Fahrradsattel und -lenker, je 2 Fahrradpedale und -felgen, 6 mit Leinwand bespannte Styroporflügel, Maße 150 x 700 x 1600 cm, Kunstmuseum Wolfsburg, erworben mit Unterstützung von S.A. D‘Ieteren N.V., Brüssel © Panamarenko, Foto: Kunstmuseum Wolfsburg.

 


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