Von Günter Verdin
Im Formatradio ist es üblich geworden, die Sendestrecken nicht mehr durch Titel , sondern durch Stundenangaben zu strukturieren. Die Botschaft: wir senden zwischen 10-11 Uhr ohnedies das Gleiche wie etwa zwischen 15-16Uhr. So weit ist das ORF-Fernsehen noch nicht. Ein Etikett wie " Kulturmontag" ist allerdings eher für ein Arbeitspapier gedacht. Hinter dem abschreckenden Sammeltitel verbirgt sich aber ein seriöser, dennoch sehr unterhaltsamer,wenngleich stark Wien-lastiger Mix von Berichten und Interviews, der gewiss einem größeren Publikum zuzumuten wäre als den notorischen Nachtschwärmern (Sendungsbeginn: 23:10Uhr,ORF2) .
Berichte über Al Jarreau in Wien, Roland Düringer mit neuem "Vortrags"-Programm in Wien, 50 Jahre Viennale, Xenia Hauser in Klosterneuburg (nahe Wien) und die Raumnöte des Wien-Museums auf dem Karlsplatz einschließlich eines ausführlichen Interviews mit Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny dominierten, für Internationalität sorgte gleich zu Beginn ein wenig Promotion für den neuen James Bond-Film, für Überregionalität die Vorstellung des neuen Buchs "Atlas eines ängstlichen Mannes" von Christoph Ransmayr ( geboren in Wels) .
Martin Traxl moderiert kompetent und mit dem gewissen Charisma, das Kulturbegeisterung verrät. Ähnliches darf auch vom Filmemacher Virgil Widrich behauptet werden, der im Anschluss an den "Kulturmontag" bis zwei Uhr früh österreichische Avantgarde-Filme aus sechs Jahrzehnten präsentierte. Dabei fiel auf, dass die Verstörung des Zuschauers , die die Filmer provozieren, des öfteren manieristische Züge annimmt, etwa wenn als Soundtrack zum x-ten Mal das Geräusch des Vorführgeräts zu hören ist. Wie sagte Widrich: "Man sieht nicht nur mit den Augen, sondern auch mit der Erinnerung." Wir haben uns an manches Otto Mühl-und Valie Export-Happening erinnert und alles neu gesehen.