Kulinarisches Wien

Von Davidsights @Schlaraffenwelt

Eine so facettenreiche Stadt wie Wien in zwei Tagen erkunden zu wollen scheint mehr als ambitioniert, doch wir wollten es nicht unversucht lassen. Mit offenen Augen für Kulinarisches, Architektonisches und Menschliches streiften wir ohne jegliche Hektik durch die Wiener Gassen und ließen diese wunderschöne Stadt auf uns wirken. Wahrscheinlich war es nicht viel mehr als ein erstes Date, doch Wien verführte uns sofort mit seinen Reizen, besonders die kulinarischen seien in diesem Artikel hervorgehoben. Am Ende unserer ersten Begegnung stand fest: Wir werden uns wiedersehen. Von David Seitz

Die vier Stunden Autofahrt von München aus, bei neblig-trübem Wetter hatten K. und mich hungrig gemacht. Noch bevor wir unser Zimmer begutachteten, zog uns unser grummelnder Magen ins Zentrum – U-Bahn Station Stehphansplatz. Der erste Rundumblick wenn die Rolltreppe die Oberfläche erreicht, ist für mich einer der entscheidenden Momente bei jedem ersten Kennenlernen einer Stadt. Wien machte es uns leicht: Der Stephansplatz begrüßte uns trotz Nieselregen mit seiner noblen Eleganz und wenig  menschlichem Gedränge – eine einladende Szenerie. Ohne festes Ziel bummelten wir durch die Kärntner Straße auf der Suche nach einer günstigen Möglichkeit unseren Hunger zu stillen und schnell kamen wir überein, dass es nur angemessen sei, beim ersten Besuch einer Stadt auch direkt landes- bzw. stadttypisch zu speisen. Der Zufall führte uns zum Restaurant Müllerbeisl, dessen mit Kreide aufgemaltes Angebot uns keine Wahl ließ:

3 Gänge für 7,90 Euro

- Leberknödelsuppe mit Brot

- Cordon Bleu mit Kartoffelsalat

- Palatschinken mit Marmelade

Der Blick in die Speisekarte verwunderte uns dabei, da abgesehen vom angeschriebenen Menü keine ähnlich günstigen Angebote zu finden waren, so bestellten wir also das wohl günstigste Drei-Gänge-Menü, das wir jemals gegessen hatten – und wir wurden nicht enttäuscht. In der herrlich deftigen Rinderkraftbrühe schwamm ein Leberknödel beachtlicher Größe, der auch geschmacklich überzeugte, das Cordon Bleu knusperte wie man es von einer Wiener Panierung erwartet und auch die Portionsgröße übertraf unsere vom Preis etwas gedrückten Erwartungen. Die zum Nachtisch gereichte Palatschinke war zwar kein kulinarischer Höhepunkt, doch sie rundete ein rundum zufriedenstellendes Menü angemessen ab.

Ein ähnlich glückliches Händchen erhofften wir uns auch für bei der Hotelwahl. Über den Reiseschnäppchen-Blog Exbir waren wir auf ein fast unschlagbares Angebot gestoßen: Ein Doppelzimmer im 4-Sterne Hotel (inkl. Frühstück) für 49 Euro/Nacht. Die Lage des JUFA Hotels, in dem wir nächtigten, mag eine Erklärung für den Preis darstellen, doch es mangelte uns an nichts: Zuvorkommende Mitarbeiter, ein sauberes Zimmer,  ein schönes Bad, seperate Toilette, W-Lan, ein Fernseher und ein tolles Frühstücksbuffet machten den etwa 20-minütigen Weg ins Zentrum zur einzigen kleinen Einschränkung, die wir jedoch gerne in Kauf nahmen. Eine U-Bahn-Station lag in Reichweite, sodass unsere Mobilität nicht darunter litt.

Auf Empfehlung von Paule’s Ki(t)chen steuerten wir zum Abendessen die Wiener Falaffel-Institution Maschu Maschu an. Ein winziger Imbiss, der auf ca. 20 Quadratmetern (wohlgemerkt: verteilt auf 2 Stöcke)  feinste orientalische Spezialitäten anbietet. Weil wir uns nicht entscheiden konnten auf welche orientalischen Tapas am leichtesten zu verzichten wäre, entschieden wir uns letzlich für alle: Der Falaffel-Teller für 6,50 Euro vereinte extrem knusprige Falaffel-Bällchen, Melanzani-Salat, Hummus, Techina, Weiß- und Rothkohl Salat zu einem sehr fairen Preis. Hätten wir die orientalische Küche nicht bereits aus unserem Münchner Stamm-Israeli gekannt, wäre mein Fazit wohl noch enthusiastischer ausgefallen. So gibt’s nur ein schlichtes: Vorzüglich!

Nach einem gepflegten Hotel-Frühstück mit Rührei, Kürbiskernen, Bacon und Müsli machten wir uns – bepackt mit jeder Menge Kamera-Equipment – auf den Weg Richtung Innenstadt: Auf Einladung der Wiener Traditionsgaststätte  Figlmüller durfte ich die Restaurantküche und die Zubereitung der Schnitzel mitsamt Erläuterungen von Geschäftsführer Harald Prochazka per Video dokumentieren – ein Highlight, das mir nicht nur einige Schnitzel-Tricks näher brachte, sondern auch mein Bewusstsein dafür weckte, welche kolossale Leistung hinter der Organisation eines gastronomischen Betriebs steckt.

Kaum hatte ich nach Drehschluss noch einen Apfelstrudel verdrückt, folgte bereits der nächste Genuss-Moment. Nach intensiver Online-Recherche hatten wir am Abend zuvor noch einen Tisch im Tenmaya reserviert, dem – laut Tripadvisor – beliebtesten japanischen Restaurant in Wien. Ursprünglich wollten wir die Tipps, die mir andere Foodblogger auf Rückfrage gegeben hatten verfolgen, doch unsere Wunschrestaurants das Mochi und das Tian Vienna hatten leider während der Neujahrstage geschlossen. Zum Tenmaya: Wer (wie wir) auf puristische japanische Küche steht wird hier zufrieden wieder rausgehen. Japanisch in dieser Authentizitäts-Klasse hat jedoch nichts mit Asia-Food à la Chinesisch oder Thailändisch zu tun. Wir genossen Algensalat mit Sesamdressing, Ente, benetzt mit Teryiaki-Sauce, Spinatsalat und eingelegten Rettich. Die Sushi-Bar machte ebenfalls einen ausgezeichneten Eindruck, doch leider ließ unsere Budget nur einen kleinen Einblick in die Speisekarte zu. Das Teppanyaki im seperaten Nebenraum duftete dabei derart köstlich, dass wir uns beim nächsten Besuch wohl dafür entscheiden würden.

Es folgte, was folgen musste: Ein Besuch im Schloss Schönbrunn, das ich mir ursprünglich nur von außen ansehen wollte, doch der prasselnde Regen und die Überredungskünste von K. verhalfen mir glücklicherweise doch zu einer Audio-Führung durch die Zimmer des Sisi-Schlosses. Glücklicherweise, weil mich die opulenten Räume und die per Audio-Guide eingespeisten Informationen nachhaltiger beeindruckten, als ich es für möglich gehalten hätte. Nach einem Spaziergang über den Naschmarkt, der vom stürmischen Wind wie leergefegt schien, bestellten wir uns kurze Zeit später dann die obligatorische Sacher-Torte im Zanoni & Zanoni, mein erstes mal übrigens. Die Torte fand ich sehr lecker, die Atmosphäre jedoch eher hektisch und wenig entspannt. Vielleicht war auch unser Platz, unweit der landesweit bekannten Eistheke nicht der optimale Platz um vom Touristentrubel abzuschalten. Nach einem kurzen Bummel entlang an Schwedenplatz und Donaukanal saßen wir pünktlich um 18 Uhr dann wieder im Figlmüller, wo wir – gott sei dank – frühzeitig einen Tisch reserviert hatten. Die bösen Blicke, die uns aus der Schlange an der Tür entgegengeworfen wurden, als wir schnurstracks daran vorbeimarschierten, sind mir noch jetzt in lebendiger Erinnerung.

Vor uns landeten nach nicht einmal 20 Minuten Wartezeit eine Portion gebackene Kalbsleber und das riesige Figlmüller-Schnitzel, das nach Restaurant-Vorgabe über den Tellerrand herausragen muss (siehe Video). Dazu orderten wir Kartoffel- und Feldsalat, eine goldrichtige Entscheidung. Die Panierkunst des Hauses Figlmüller, zusammen mit dem saftig-aromatischen Salat krönte unseren Tag in Wien, weshalb wir das Restaurant letztlich auch mit stark gewölbtem Bäuchlein verließen. Ich hatte ja darauf spekuliert, ja fast darauf gewettet, dass K. ihr Riesenschnitzel nicht ganz aufisst, doch für mich blieb nur ein kleiner Versuchs-Happen übrig.

Unserem Verdauungstrakt gönnten wir anschließend eine kleine Arbeitsphase während wir uns in den Kinosesseln des Wiener I-Max Kinos niederließen und das sowieso schon beeindruckende I-Max Erlebnis konsequenterweise gleich in 3D genossen. Dass wir dabei “Der Hobbit” sahen, spielt dabei eigentlich eine Nebenrolle, jeder andere Film hätte bei diesen technischem Rahmenbedingungen wohl ähnlich beeindruckend gewirkt. Noch immer gesättigt stiegen wir am nächsten Morgen aus dem Bett und nahmen – außer einem Frühstück – den ganzen restlichen Tag nichts mehr zu uns. Stattdessen schlenderten wir noch durch die Prachtbauten zwischen Hofburg und Museumsplatz, trotzten Wind und Regen und schwelgten gleichzeitig in Erinnerungen an einen Tag, geprägt von kulinarischen Neuentdeckungen in einer Stadt, die trotz permanenten Schmuddelwetters einen positiv-bleibenden Eindruck hinterließ. Und das schafft nicht jede!

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