Pizza mag doch jeder, oder? Und Stefano Manfredi mag Pizza ganz besonders. Stefano Manfredi ist in Italien geboren; seine Familie wanderte aber nach Australien aus, als er gerade einmal sieben Jahre alt war. Inzwischen betreibt er mehrere Restaurants in Sydney, hat einige Kochbücher geschrieben, schreibt Food-Kolumnen für australische Zeitungen und hat eine eigene Espresso-Marke entwickelt.
Pizza ist so allgegenwärtig, aber Stefano Manfredi hat sich ganz besonders mit diesem Gericht auseinandergesetzt. So beginnt das Buch mit einer Reise durch Italien, in der er fünf ganz besondere Pizzaioli besucht hat: da gibt es zum Beispiel den Neapolitaner Enzo Coccia, der tief in der Pizza-Tradition Neapels verwurzelt ist, aber auch ein zweites Restaurant eröffnet hat, in dem er seiner Kreativität und seiner Experimentierfreude freien Lauf läßt. Als Rezept steuert er eine Pizza mit Rösttomaten, geräuchertem Scamorza, Knoblauch und Kräutern bei, die sich an einem Rezept aus dem 18. Jahrhundert orientiert.
Gut, so ganz entspricht der vorhergehende Absatz nicht den Tatsachen – denn eigentlich beginnt das Buch mit einer sehr genauen Darstellung dessen, was sich eigentlich Pizza nennen darf. Uff. Für die ganz klassische Pizza Napoletana gibt es da sehr, sehr enge Vorgaben – möglicherweise ein Grund dafür, dass Neuentwicklungen eher ausserhalb Neapels stattfinden.
Langsam nähern wir uns dem Rezept-Teil, aber vorher gibt es noch eine sehr ausführliche Warenkunde: Mehlsorten, Wasser, Hefe, Olivenöl, Tomaten, Mozzarella….alles wird ausführlich erklärt und man erfährt, welche Produkte der Autor am liebsten verwendet.
Dann machen wir Teig. Es werden viele verschiedene Teige vorgestellt: Teig mit frischer Hefe und Trockenhefe, Teig mit indirekter Führung und mit lievito madre, Dinkelpizzateig und Teig für römische Pizza. Auch das Formen des Teiges bekommt ein eigenes Kapitel und wird mit einer Bildstrecke ausführlich erklärt.
Die Teigrezepte haben mich überrascht – Stefano Manfredi verwendet nicht das übliche Mehl Typo 00, sondern er setzt auf steingemahlenes Vollkornmehl. Dadurch, durch die geringe Hefemenge und die lange kühle Gare werden die Teige wunderbar aromatisch.Trotzdem habe ich am Grundrezept etwas gebastelt: durch alleinige Verwendung von Vollkornmehl und den recht geringen Flüssigkeitsgehalt war mein erster Teig sehr fest und hart. Das kann aber sehr gut an dem von mir verwendeten Weizen liegen, der kommt immer ganz frisch aus der Mühle und ausgesiebt habe ich auch nichts. Ich habe dann Vollkornmehl und Weizen 550 gemischt und mehr Flüssigkeit verwendet.
So, jetzt aber zu den eigentlichen Pizza-Rezepten. Fünf Kapitel gibt es da: Pizza rossa, Pizza bianca, vorgebackene römische Pizza, belegte römische Pizza und gefüllte, frittierte und süße Pizze. Ich muss mein Unwissen gestehen – mir war nicht bewußt, dass die römische Pizza eine eigene Tradition hat; sie erinnert eher an Foccacia.
Die Rezeptvielfalt macht Spaß – ich muss unbedingt noch die Pizza rossa mit gegrilltem Gemüse versuchen und die mit Kalamari, Chili und Ingwer. Die Pizza bianca “Calabrese picante” mit Salsicce und Nduja klingt ebenso toll wie die mit Gorgonzola, Kartoffel und Radiccio und bei den römischen Pizze locken unter anderem die vorgebackene Pizza mit Ente, Maronen und Pilzen, aber auch eine klassische Margarita oder oder die Variante mit Röstzwiebeln.
Bei den Rezepten wird zunächst auf die Grundrezepte für Pizzateig verwiesen, da kann man sich seinen Lieblingsteig aussuchen; der Belag wird dann jeweils für eine Pizza angegeben. Zu jedem Rezept gibt es einige einführende Worte. Abgerundet wird der Rezeptteil durch ein sehr ausführliches Register.
Die Optik, ich habe noch gar nichts zur Optik gesagt. Dabei ist das so ein schön gemachtes Buch: das nahezu quadratische Format ist ungewöhnlich. Innen erwarten uns ein ruhiges, aufgeräumtes Layout und sehr viele Fotos – nicht nur die meisten Pizze haben ein ganzseitiges Foto bekommen, es gibt auch wunderbare Landschaftsbilder und Produkte, Pizzabäcker und Produzenten kommen auch nicht zu kurz. Die Foodfotos übrigens sind erfreulicherweise sehr schlicht; es steht ganz klar das Essen im Vordergrund.
Man sieht es an dem noch fix geschlossenen Foto – es war keine Liebe auf den ersten Blick. Ich habe für die Calzone den Standard-Pizzateig benutzt; und ich habe wirklich reines Vollkornmehl verwendet. Der Teig war sehr fest, er ließ sich nicht ausziehen. Und der Belag oben auf der Calzone hatte die Tendenz, etwas herunterzulaufen und dafür zu sorgen, dass die Pizza auf dem Backstein kleben blieb. Als ich es geschafft hatte, die Pizze vom Stein zu kratzen, war ich entnervt. Geschmacklich war der reine Vollkornteig auch nicht gerade eine Offenbarung.
Der nächste Versuch war schon viel besser – ich habe mich über die mir neue Römische Pizza hergemacht. Dafür wird ein Pizzaboden mit Tomatensauce bestrichen und auf dem Blech gebacken. Der Belag kommt erst hinterher drauf – in diesem Falle vorher hergestelltes Baba Ganoush, gebratene Garnelen und Petersilie. Nein, kein Käse. Das Ganze war köstlich. Auch der Teig war in Ordnung; wobei ich diesmal nur zur Hälfte frisch gemahlenes Vollkornmehl verwendet habe und im übrigen Weizenmehl 550.
Auch für die Pizza bianca mit Mozzarella, Zucchini, Garnelen und Minze habe ich wieder auf diese Mehlmischung zurückgegriffen und außerdem etwas mehr Flüssigkeit verwendet als bei der Calzone. Das Ergebnis war ein rustikaler Teig, der sich gut ausziehen ließ. Für den Belag werden die Zucchini vorgebraten und die Pizza wird am Ende mit Minzöl beträufelt und mit Minze bestreut.
Fazit: Das Buch trägt seinen Titel zu Recht. Man erfährt so viel über Pizza und die Varianten von Teigen und Belägen sind großartig. Wer also Pizza mag (und wer tut das nicht?) findet hier Inspiration und Beschäftigung für viele, viele Pizza-Abende.
- Gebundene Ausgabe: 248 Seiten
- Verlag: Hölker Verlag
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3881171717
- € 29,95