Kritik zu ‘Einfach zu haben’

Von Denis Sasse @filmtogo

Emma Stone ist ein Name, der in der breiten Mainstream-Kinolandschaft noch nicht so sehr verbreitet ist. Mit kleineren Komödien wie ‘House Bunny’ oder ‘Superbad’ probierte sie sich auf der großen Leinwand aus, bevor sie mit ‘Zombieland’ wirklich auf sich Aufmerksam machen konnte. Sie ist im Gespräch für eine Rolle in der Kinoversion zu der 80er Jahre Fernsehserie ’21 Jump Street’ und bereits bestätigt für den Reboot der ‘Spider-Man’ Filme von ‘(500) Days of Summer’ Regisseur Marc Webb. Mit ‘Einfach zu haben’ ist Emma Stone seit dem 11. November erstmals als alleinige Hauptdarstellerin eines Filmes im Kino zu sehen. Dabei schlägt sie sich gar nicht mal schlecht, spielt wacker eine jugendliche Schulhof-Schlampe.

Olive ist ein eher unauffälliges Mädchen. Aber nur bis zu dem Tag, an dem sie einem Freund hilft, auf einer Party scheinbar seine Jungfräulichkeit zu verlieren. Zwar ist das alles nur gespielt, um die Zuhörer vor der Schlafzimmertür zu täuschen, doch von nun an hat Olive einen Ruf weg, der sich gewaschen hat. Von den männlichen Schülern wird sie bewundert, bei den Mädchen ist sie jedoch schnell als Schlampe verschrien. Olive nimmt ihren neuen, zweifelhaften Ruf zunächst mit Genuss an und spielt der ganzen Schule vor, wie ungehemmt sie mit dem Thema Sex umgeht. Aber was nun, wenn einem das ganze Spiel plötzlich über den Kopf wächst und man sich sehnlichst sein langweiliges, altes Leben zurückwünscht?

Ihr altes Leben wird sich Emma Stone nicht zurückwünschen, musste sie sich bisher durch eher einfach gestrickte Komödien schlagen. Mit ‘Zombieland’ kam die Erlösung, mit ‘Einfach zu haben’ wird weiter an der Karriere gearbeitet. Mit Erfolg, möchte man meinen, fällt dieser Film, sei es auch eine Teenager-Komödien, nicht in das übliche Raster der vielen Versuche ‘American Pie’ neu zu erfinden. Man beschäftigt sich gekonnt mit einer Schulhof-Kritik, bemängelt die Oberflächlichkeit die dort vorzuherrschen scheint. Außerdem ist sich jeder selbst der nächste, nur verstört wirkende Christenkinder dürfen umarmen und herum knuddeln, natürlich nur solange man der Bibel treu bleibt.

Es ist nun nicht so, dass nicht bereits Komödien dieser Art versucht hätten solche Themen zu bedienen, scheiterten sie doch zumeist aber daran, dass man sich doch zu sehr auf Furz- und Rülpswitze konzentrierte und sich zu wenig der Problematiken widmete. Das ist bei ‘Einfach zu haben’ anders. Hier beweist das Genre, dass ein starkes Drehbuch (Drehbuchautor Bert V. Royal mit seinem Erstlingswerk) auch eine starke Teenie-Komödie mit sich bringen kann. Er konzentriert sich weniger auf die künstlich wirkenden Spaßeinlagen anderer Vertreter dieses Genres und beschäftigt sich vielmehr mit der Sexfixierung der Jugendlichen. Er stellt diese in den Mittelpunkt des Geschehens, erläutert wie es an amerikanischen High Schools zu geht und persifliert diese Dinge durch Emma Stones Figur, die sich der Unlogik der Situation stellen muss.

Dann erlebt der Zuschauer, wie sich Mädchen gegenseitig anlügen, ihr erstes Mal mit einem Jungen im Bett erfinden nur um in der Clique beliebt zu sein. Es grenzt an eine Schande nicht schon einmal Sex gehabt zu haben, ein unvorstellbarer Druck unter dem die Mädchen, aber auch Jungs, stehen, scheint es doch die Erfüllung aller Träume zu sein. Aber wenn Olive dann vorgibt mit diversen Männern geschlafen zu haben, dann wandelt sich das Bild, dann ist es auf einmal zum Laster, man verurteilt die Schülerin, schnell hat sie ihr Image als Schlampe weg. Dabei ist sie eigentlich nur hilfsbereit. Hier bedient der Film direkt eine zweite Stereotype, wenn Olive durch ihre Lügen den unbeliebten Schülern der High School zu unerträumten und vor allem erfundenen sexuellen Erlebnissen verhilft. Der schwule Junge etabliert sich in einem homophoben Umfeld als Frauenheld, der übergewichtige Außenseiter bekommt Aufmerksamkeit.

Der Film lebt aber nicht von Emma Stone allein. Man hat eine ganze Reihe von bekannten Gesichtern in Nebenrollen gesteckt, vielleicht um ihr bei ihren ersten Gehversuchen als Hauptdarstellerin ein wenig Rückendeckung zu geben. Thomas Haden Church und Lisa Kudrow spielen zwei miteinander liierte Lehrer an der High School, die zu tragischen Figuren von ‘Einfach zu haben’ werden, zeitgleich aber auch aufzeigen, das die Probleme mit denen sich der Film beschäftigt nicht nur unter Jugendlichen verbreitet sind, sondern eigentlich für alle Altersklassen funktionieren. Patricia Clarkson und Stanley Tucci sind als Olives Eltern zu sehen, die modern und mit einer guten Prise Sarkasmus ihrer Tochter versuchen beizustehen. Aber letztendlich braucht Emma Stone diese Rückendeckung eigentlich gar nicht. Sie zeigt das sie Spaß an ihrer Rolle hat, sie variiert in ihrer Performance gekonnt, zeigt sich mal lustig, mal ernst, dann wieder traurig und wirkt dabei niemals unglaubwürdig.

‘Einfach zu haben’ ist eine intelligente Teenager-Komödie. Regisseur Will Gluck beweist, dass man niemals die Hoffnung nach einem guten Film in einem umstrittenen Genre aufgeben darf. Emma Stone empfiehlt sich derweil für weitere Hauptrollen. Die 22jährige zeigt bereits hier einen Teil ihres Könnens, wird sich aber in den kommenden Jahren sicherlich noch einige hochkarätige Rollen sichern können.

Denis Sasse