Kritik - Unheimliche Begegnung der dritten Art

Kritik - Unheimliche Begegnung der dritten Art

"Mr. Neary, what do you want?" "I just want to know that it's really happening." -

"I know this sounds crazy, but ever since yesterday on the road, I've been seeing this shape. Shaving cream, pillows... Dammit! I know this. I know what this is! This means something. This is important." -  Genau so wichtig wie es Roy Nearys Ansichten in "Close Encounters of the third kind"  selbst sind, ist zweifelsohne Steven Spielbergs (nach dem weißen Hai) inszenierter Nachweis der "Gesellenprüfung" des Science-Fiction Genres aus dem Jahre 1977. Also der eingeschlagene Weg zur Meisterschaft, ohne den es E.T aus dem Jahre 1982 nie gegeben hätte. "Close Encounters of the third kind" offenbart sich zwar nicht als Steven Spielbergs bester Film. Aber was heißt das schon im Angesicht der vorliegenden Qualität? Denn "Close Encounters of the third kind"  entpuppt sich als ein überaus hervorragend inszenierter (und außergewöhnlich-wirkender) Blockbuster, der den meisten Kinobegeisterten ein Begriff sein dürfte. Manche mögen Steven Spielberg (auch heute noch) bei Sichtung seiner Filme die großmöglichste Naivität im Umgang mit der eigenen, zu Grunde liegenden Materie vorwerfen. Einem Umgang, der zeitweilen auch heute gar nicht ernst genommen wird. Dabei ist ausgerechnet DAS wohl der Fehler, welchen man am häufigsten bei Sichtung von Steven Spielbergs Filmen machen kann. Diese lassen sich also, wenn man es am Ende so möchte, leicht missverstehen.

Aber "Close Encounters of the third kind” offenbart sich nicht nur als eine durchaus ernstzunehmende Studie eines nur allzu bekannten Themas, für das viele einfach nur ein müdes Lächeln übrig haben. Beziehungsweise für das viele Zeitgenossen bei Aussprache auch heute noch nicht ganz ernst genommen werden. Nein, es beruht, wie es Steven Spielberg schon in Bezug auf ET. des öfteren zurecht und im positiven Sinne vorgehalten wurde, auf den eigenen Kindheitserinnerungen. Steven Spielberg verarbeitet ganz konsequent Themen wie die Angst vor dem persönlichen Alleinsein, die Spaltung der (amerikanischen) Kern-Familie, welche er erst in "Krieg der Welten” im klebrig-gräulichem 9/11 Versöhnungskitsch wieder zusammenführte (keine Terroristen, keine abstürzenden Flugzeuge), wer erinnert sich daran? Etwas, worauf man in "Close Encounters Of The Third Kind aber Gott Sei Dank verzichtete. Ebenso skizzierte Steven Spielberg die Einsamkeit, den Frust, die Isolation und die Schwierigkeiten des erwachsen werdens , welche das Thema "Kernfamilie” als dramaturgischer Lückenstopfer im Science Fiction Genre nun einmal mit sich bringt.


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Im Gegensatz zu Steven Spielbergs persönlichem Meisterwerk E.T ändert sich in "Close Encounters of the third kind” aber die Perspektive, aus welcher die amerikanische Kernfamilie betrachtet wird. Denn nicht die Kinder werden zwecks Konfrontation mit den zwischenmenschlichen, durch einen Kontakt mit einer außerirdischen Präsenz hervorgerufenen, zu überwindenen Problemen in den Fokus gerückt, sondern die Erwachsenen selber. Und ebenso wird den auftretenden Außerirdischen erst am Ende gewissermaßen ein wenig Platz eingeräumt. Denn vordergründig wird erst einmal eine Parabel auf das Erwachsen werdem in Form der persönlichen Selbstfindung des US-amerikanischen (und auch europäischen) Mannes und auch der Frau erzählt, welche bis kurz vor Schluss zu einer durchweg fesselnden Abenteuer-Odyssee heranwächst. Geschickt baut Steven Spielberg schon in seinem Prolog zu "Close Encounters of the third kind" Spannung als auch daraus resultierende Mysteriösität auf. Und lenkt den Fokus gleich auf mehrere Figuren, welche in der Handlung zentralisiert werden beziehungsweise noch eine eminent wichtige Rolle spielen werden. 

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Die Handlung dürfte den meisten Filmliebhabern vertraut sein: (Spoiler Ahead) Im Prolog, am Orte der Handlung, der Wüste Gobi also, finden Wissenschaftler, darunter Claude Lacombe (gespielt von François Truffaut) ein Schiff auf, das eigentlich aus logischen Gesichtspunkten nicht vor Ort sein darf und seit Jahren als vermisst gilt. Überlebende Menschen befinden sich nicht an Bord, diese sind immer noch verschwunden. Zum verloren geglaubten Schiff gesellen sich auch noch einige Flugzeuge dazu, welche einen tadellosen Zustand aufweisen können. Steven Spielberg richtet seinen nun folgenden Blick auf den Bundesstaat Indiana: Der kleine Barry (Cary Guiler), wacht aus dem Schlaf auf und wird Zeuge, wie seine Spielzeuge ein Eigenleben entwickeln. Man wird, ohne jemand anderen überhaupt zu erkennen, auch persönlich Zeuge davon, wie sich "jemand" am hauseigenem Kühlschrank zu schaffen macht. Darauf hin läuft Barry in die Dunkelheit hinaus. Kurze Zeit später ist er komplett verschwunden, nachdem er offenbar jemand fremdartigen aus dem Haus gefolgt ist. Seine Mutter Gillian ((Melinda Dillon)), wird wach, bekommt sein Verschwinden mit und versucht ihn mit purer Verzweiflung nach Hause zurückzuholen. 

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Schnitt: Der Techniker Roy Neary (Richard Dreyfuss) ist in der selben klaren Nacht auf Grund eines Einsatzes(!) unterwegs und hält an einem Bahnübergang an. Plötzlich ereignet sich etwas unfassbares… Steven Spielberg inszenierte hier einen der wohl magischsten Momente der Filmgeschichte. Und nach diesem Schreckensmoment fährt Neary geradewegs nach Hause, sein Gesicht ist wie von einem Sonnenbrand rot gefärbt… Der Rest der nun folgenden Handlung ging zu Recht in die Filmgeschichte ein, denn auf clevere Art und Wese verlegt Spielberg seine losen Handlungsfäden weiter und verknüpft diese am Ende sinnvoll zu einem emotional nachwirkenden "Finale Furioso”, in welchem der französische Wissenschaftler Claude Lacombe wieder eine entscheidende Rolle spielen wird. Allerdings bekennt sich Spielberg im Gegensatz zu E.T zu keiner klaren Aussage, ob die außerirdischen Besucher Frieden und Heilsbringer, gar Seelenheiler in Form eines E.T, sein oder wohlmöglich irgendwann als Freunde gelten könnten. Es läge durchaus im Bereich des möglichen. Aber man weiß es halt nicht genau. Steven Spielberg lässt ganz bewußt Platz für diverse Interpretationsmöglichkeiten beziehungweise die Phantasie des Publikum am Ende von "Close Encounters of the third kind" offen. Denn schließlich soll sich das Publikum ja Gedanken über die mögliche Zukunft der Menschheit zwischen diversen, möglichen, existenten Zivilisationen in den weiten des Alls, und auch über unsere eigene, momentane Positionierung mit samt Stärken und Schwächen im Angesicht einer fremden Intelligenz machen. Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Sind all unsere per Waffengewalt ausgetragenen Differenzen im Angesicht unserer Nachbarn des Alls am Ende nicht vollkommen sinnlos? Was mag uns durch den Kopf gehen, wenn wir uns im Angesicht einer außerirdischen Präsenz unserer selbst wieder richtig und alldem bewußt werden, was in den letzten hundert von Jahren alles mit uns geschehen ist? In viel Hetik beziehungweise einer immer schnellebiger werdenen Welt richten wir uns eigentlich zu Grunde? Beispielsweise bei einem ausgetragenem Streit mit einer hysterischen, US-amerikanischen Ehefrau, der kaum etwas wert ist? Man erkennt irgendwann halt von alleine, wieviel Weisheit einem selbst fehlt, wenn man versucht, fremdartiges, höher entwickeltes Leben komplett zu verstehen. Solch ein geschilderter Präzedenzfall wie in "Close Encounters Of The Third Kind”, der den Rückschritt zum persönlichen, ja religiös-symbolischen und inneren des Menschen geschickt vollzieht, wäre nicht vollkommen unmöglich zutreffend, vielmehr verhalten sich die in "Close Encounters Of The Third Kind” eintreffenden Besucher absolut neutral den Menschen gegenüber. Sie haben ihre Stabilität gefunden, die der Mensch (und Amerika nach den letzten 60 bis 70 Jahren) erst noch erreichen müssen. Und sie laden halt zu einem persönlichem Austausch ein. Aber was letztendlich genau hinter diesem "Austausch" steckt, das muß offen bleiben. Vielleicht geht es letztendlich auch genau darum, wie wir wie Roy Neary mit den letzten Schritten in ein fremdes Schiff einfach nur zu uns selbst finden sollen, um endlich unsere positive Zukunft als Menschheit, mit Amerika an der Spitze schmieden zu können? Haben die Menschen nicht stets die Sehnsucht nach diesem besseren, wenn sie sich Nachts, wenn sie in den Himmel schauen, ein Märchen von einem Treffen mit etwas erträumen, das außerhalb des für uns physischen und zunächst psychisch greifbaren liegt? Man kann es zumindest nicht ausschließen, schaut man sich die Entstehungszeit von "Close Encounters of the third kind" genauer an. 

Kritik - Unheimliche Begegnung der dritten Art

Steven Spielbergs Gesellenprüfung "Close Encounters of the third kind” vermag in ihrer typisch märchenhaft- überhöhten Manier beziehungweise durch das Zusammenspiel mit John Williams Score, so abgedroschen es im Kontext auch klingen mag, die entsprechende Magie beim Publikum heraufzubeschwören. Ebenso wird ein beträchtliches Maß an Spannung evoziert. Steven Spielberg gelingt die wohl bemerkenswerteste Differenzierung eines schwierigen Themas: Die erste unheimliche Art der Begegnung mit etwas "Fremdartigem”, die Sichtung, wird dem Publikum mit Hilfe von Roy Neary näher gebracht, die zweite unheimliche Art der Begegnung, spielt sich beim Publikum in der eigenen Vorstellungskraft ab. Steven Spielberg schürt beim Publikum Dank der klassischen, meisterhaften Inszenierung aus dem "Off" heraus eine Paranoia, die auch heute noch ihres gleichen suchen darf. Nie wurde die Präsenz einer unbekannten Macht abseits alles im menschlichen Radius sichtbaren wirkungsvoller in Szene gesetzt. Und die dritte unheimliche Art der Begegnung, also die Kontaktaufnahme, ist logischer- und konsequenterweise dem Finale, samt diskutablem John Williams Score vorbehalten, welcher auf Grund seiner berühmten "5 Töne” das Publikum zunächst amüsiert und eher dazu beiträgt, das man Steven Spielbergs eher weniger für voll nimmt. John Williams Score offenbart sich Film aber im nachhinein als Träger einer höheren Form von mathematischer (Licht- und Ton)Kommunikation mit der außerirdischen Präsenz. Denn die "Besucher” sind nun mal nicht in der Lage wie die Menschen auf der selben Ebene zu hören und zu verstehen. "Close Encounters Of The Third Kind” ist in solchen Momenten eher die Rückbesinnung auf das, was abseits aller CGI-Effekthascherei hin- und wieder heutzutag als zu altmodisch deklariert wird, aber das Kino in Wahrheit in seinem innerstem ausmacht. Das Kino ist halt der Appell an jeden, zu stauen, zu fühlen, also das fremd erscheinende einfach nur mit allen Sinnen zu erleben. Ohne das der moralische Zeigefinger dann an dieser Stelle erhoben wird.  Steven Spielberg verstand es einst ebenso gut, "Close Encounters of the third kind” in den Hauptrollen vortrefflich zu besetzen: Regisseur François Truffaut spielt einen ambivalent gezeichneten, undurchsichtig und wissenschaftlich skrupellos anmutenden, in letzter Konsequenz dann aber doch menschlich erscheinenden Forscher mit unbändigem Entdeckerdrang, dessen Verhalten man am Ende komplett verstehen darf. Das also zu der Erkentnis führt, warum der Menschheit der (gespielte) größte Augenblick ihrer Geschichte bislang vorenthalten bleiben sollte. Richard Dreyfuss darf als Roy Neary dabei selbstveständlich auch zur darstellerischen Höchstform auflaufen, wenn er in manchen Szenen bedrohlich und scheinbar unaufhörlich dem persönlichem Wahnsinn entgegen steuert, wenn er das Rätsel um die "Unheimliche Begegnung der dritten Art” beziehungweise den größten Augenblick der Menschheitsgeschichte lösen möchte. In seiner Rolle als "Roy Neary” wirkt eher wie ein neugieriges Kind in der Gestalt eines erwachsenen Mannes, welches das ergründen möchte, was es einfach nicht verstehen kann. Weil es wie der Rest der Menschheit, Inklusive Claude Lacombe, der eine politische, also Watergate-ähnliche Intrige zur Vertuschung inszeniert, wie Steven Spielbergs es im Interview formuliert, einfach nicht reif dafür genug ist. Und als ebenso talentiert erweist sich Cary Guiler, der den kleinen Barry spielt. Steven Spielberg animierte in zu einer herausragenden Leistung. Melinda Dillon hingegen wirkt in ihrer Rolle zwischen Menschlichkeit, Hilflosigkeit und Neugierde gefangene (und im Angesicht des fremden ohnmächtig-hilflos als auch unerwartet unreif wirkende) Mutter ebenfalls charismatisch. All das trägt am Ende zum gelingen eines bemerkenswerten Films im Science-Fiction-Genre bei.  Fazit: "Close Encounters of the third kind" offenbart sich als ein reifer Film eines Ausnahmekünstlers auf dem Regiestuhl, der von vielen bereits zum Klassiker erklärt wurde, der sich durch seine religiöse Symbolik (Mensch trifft eine außerirdische, Dank der Fähigkeiten gottgleiche Intelligenz) und seiner teils auch unheimlichen Vertonung eher Stanley Kubricks Science-Fiction Klassiker "2001" näher ist... Beziehungsweise als ein kleiner Vorgeschmack auf das spätere, noch bessere Schaffen von eben diesem gilt. Steven Spielbergs Science-Fiction-Drama gilt als die wohl stärkste Auseinandersetzung mit einer der ungewöhnlichsten (zur Popkultur hochgejazzten) Thematiken, sprich als eine starke Mixtur aus sozial-dramatischem Überbau, also als eine perfekt-strategische Vermischung von Erzählkunst und Science-Fiction Elementen im bekannten, überhöhten Märchengewand. Man darf am Ende mit einer Qualität vorlieb nehmen, welche auch gegenwärtig nur von weniger als einer Hand von Filmen im Science Fiction Genre (im aktuell hochauflösendem HD-Format) übertroffen werden kann. Wertung: 9.5/10 Punkte


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