Laura Kneidl | Lyx | Klappbroschur | 12,90€ | 415 Seiten | 27.01.2020 | ISBN: 978-3-7363-1121-3
– „Wie jedes Mal, wenn mein Blick auf Maurice Remington fiel, machte mein Herz einen verräterischen Satz. Doch mittlerweile war ich geübt darin, die Gefühle, die ich für meinen besten Freund hegte, zu ignorieren. – S. 13
Ist ein Moment des Glücks wirklich den Preis unserer Freundschaft wert? Eigentlich könnten Cassie und Auri das perfekte Paar sein: Sie sind beste Freunde, wohnen zusammen und teilen ihr größtes Hobby – die Fantasyliteratur. Und obwohl Cassie das Gefühl hat, dass niemand auf der Welt sie besser kennt als Auri, scheinen die beiden manchmal Welten zu trennen. Während Auri Football spielt, viele Bekanntschaften hat und gern unter Menschen geht, zieht Cassie sich lieber von der Außenwelt zurück und pflegt einen kleinen, aber engen Freundeskreis. Doch je mehr Zeit vergeht und je stärker ihre Gefühle für Auri werden, desto größer ist ihre Angst, dass das, was sie und Auri verbindet, vielleicht nicht so stark ist wie das, was sie trennt ... (Lyx)
Ich habe während des Lesens lange mit mir gerungen, dem Buch eine zweite oder auch dritte Chance zu geben, aber letztendlich sind immer mehr Kritikpunkte aufgetaucht, die meine Entscheidung erleichtert haben: Ich muss in der Zeit der Neuerscheinungsflut „Someone Else“ auf Seite 200 abbrechen. Und das ist eine Entscheidung, die mir nicht einfach gefallen ist, denn ich bin ein großer Laura Kneidl Fan.
Fangen wir damit an, dass Cassie und Auri in meinen Augen im ersten Band nicht viel Aufmerksamkeit erregt haben. Sie waren zwar Nebenfiguren, aber dieser euphorische Gedanke, die beiden Figuren im zweiten Band weiter zu begleiten, ist bei mir überraschenderweise ausgefallen. Ich habe Cassie im ersten Band als eine zaghafte, behutsame und scheinbar sehr verletzliche junge Frau wahrgenommen; Auri hingegen als einen coolen, besonnenen Sportler, der mit seiner besten Freundin zusammenwohnt und jegliche interessante Hobbys mit ihr teilt – auch eine zarte Liebesbeziehung, die sie beide nicht eingestehen wollen. Die zweihundert gelesenen Seiten von „Someone Else“ haben meine Grundannahme bestätigt: Cassie ist mir zu still; sie grübelt unentwegt über Konfliktsituationen nach; traut sich nicht, den Mund aufzumachen; versteckt sich, wenn es schwierig wird – alles Eigenschaften, die viel Potential haben, im späteren Verlauf der Charakterentwicklung interessant zu werden, aber in „Someone Else“ immer auf einem Niveau bleiben. Zu wenig für mich.
Auri ist eine Figur, die ich einfach nicht einschätzen kann. Ich habe mir zwar eine Meinung über ihn gebildet und die Autorin drängt auch dazu, diesen Charakter negativ wahrzunehmen, aber für mich ist diese Sichtweise zu einseitig. Auris Handlungen und Äußerungen zielen ständig darauf ab, den Freunden zu gefallen und sein Gefallen für seine Leidenschaften – das Lesen und Kostümieren sowie Cassie – zu leugnen. Die Konfliktsituation ist da, wird aber ständig oberflächlich thematisiert, da Cassie am liebsten nichts dazu sagen möchte, stattdessen nur in einem ewigen inneren Monolog grübelt. Der Konflikt ist wie ein Funke, der sich nicht entzünden will. Unspektakulär. Auf Seite 201 hat schließlich Julian eine weitere Weisheit für seine Nachbarin Cassie, die das Fass zum Überlaufen gebracht hat: Der Leser geht drei Schritte im Buch voran und zwei zurück…
„Wenn es für Auri leichter ist, sich ins Team zu integrieren, wenn seine Mitspieler nicht wissen,dass er an LARPs teilnimmt und Bücher sammelt, ist das etwas, das du akzeptieren solltest.“ – S.201
Ignoriert den Appell von Julian – das ist absolut der falsche Weg! Auch wenn die Botschaft am Ende des Buches eine andere ist, wahrscheinlich „Sei du selbst und stehe zu dir“, sorgt der Kommentar wieder dafür, dass die Story wieder einseitig bleibt. Hier wäre es schön gewesen, die Geschichte mal aus Auris Sicht zu lesen! Zudem hat es äußerst gestört, dass die meisten Handlungen einfache Alltagssituationen sind und diese sich über mehrere Seiten ziehen. Cassie hat einen unspektakulären Filmabend; sie besorgt Getränke; sie redet unentwegt über moderne Serien und Filme; sie schlendert über einen Flohmarkt; sie nimmt an einem Gesellschaftsspiel teil, das 0815 ist. Ständig werden Handlungen überlegt: Kostümieren wir uns jetzt? Wollen wir essen? Wollen wir einen Film schauen? Banale Alltagssituationen können mich einfach nicht fesseln und hatten letztendlich einen großen Einfluss, das Buch abzubrechen.
Ich möchte unterhalten werden, mit den Figuren leiden, mich über einschneidende Momente freuen, atemlose Konflikte miterleben, dem Schreibstil gebannt folgen, von hitzigen Wortgefechten übermannt werden, gespannt auf das nächste Kapitel sein, weitere Facetten der Charaktere kennenlernen, aber dazu ist es leider nicht gekommen. Das „Aber“ folgt sogleich: Die Hauptfiguren des dritten Bandes „Someone Stay“ (16.10.2020) wurden interessant vorgestellt und ich selbst muss gestehen, dass mich Lucien und Aliza in diesen kurzen Szenen viel mehr angesprochen haben als Cassie und Auri auf 200 Seiten. Dementsprechend werde ich der Autorin treu bleiben – sie ist und bleibt eine unglaublich talentierte Autorin – und mir „Someone Stay“ zulegen. „Someone Else“ war einfach nicht für mich gemacht. Geschmäcker sind für gewöhnlich verschieden und das ist okay so.
„Someone Else“ ist der zweite Band der Someone-Reihe und der erste Roman von Laura Kneidl, den ich leider abbrechen musste. Banale, unspektakuläre Alltagssituationen; zwei Hauptfiguren, die keine Aufmerksamkeit auf sich lenken können; eine Konfliktsituation mit viel Potential, die aber im Keim erstickt wird. Gerade in meinen Ferien brauche ich einen Roman, der mich voll und ganz überzeugt, mich fesselt, mitfiebern lässt und die Freude am Lesen auslöst. Ich bin und bleibe ein großer Fan von Laura Kneidl und ich werde mir definitiv auch den dritten Band „Someone Stay“ (16.10.2020) zulegen, aber „Someone Else“ wurde einfach nicht für mich geschrieben – Geschmäcker sind für gewöhnlich verschieden.Story ♥♥/5Charaktere ♥/5 Gefühle ♥/5Spannung ♥/5Schreibstil ♥♥♥/5 Ende ?/5
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar Lyx.
Rezensionsexemplare beeinflussen nicht meine subjektive Meinung.
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