Kritik - Female Agents - Geheimkommando Phoenix

Kritik - Female Agents - Geheimkommando Phoenix

"Heldentum ist nicht allein Männersache. Zufall, Mut und Entschlossenheit spielen dabei eine wichtige Rolle..."-

Bislang durften, ganz im traditionell-eskapistischen Sinne, stets die starken Männer unsere Welt auf der Leinwand vor den bösen Nazimachthabern samt dazugehöriger Schergen retten. Man erinnert sich dabei gerne an Quentin Tarantinos brutal-satirisches Kriegs-Drama "Inglorious Basterds", welches unter anderem durch Hollywood-Schauspieler wie Christoph Waltz und Brad Pitt die nötige Star-Power erhielt.  Oder man denkt an "Operation Walküre" mit Hauptdarsteller Tom Cruise, Regie Bryan Singer, zurück. Umso erfrischender erscheint es dabei auf den ersten Blick, wenn Darstellerinnen wie Sophie Marceau ("La Boom - Die Fete", "Braveheart") nun die die Alpha-Tier-Führung dabei übernehmen müssen, wenn es thematisch darum geht, Deutschlands Niederlage im zweiten Weltkrieg durch eine präzise zu timende Spionageaktion "mit" herbeiführen zu müssen.  Und zu diesem Zweck durfte Jean-Paul Salomé aus Frankreich 2008 Regie führen, der sich auch schon für die Umsetzung des 2004er Leinwand-Abenteuers "Arsène Lupin" verantwortlich zeichnet. Was gibt es also schöneres, als "Wannabe-Tarantino-Like" mit den Erz-Feinden der Vergangenheit auf der Leinwand abrechnen zu dürfen, obwohl die im Film zumeist maßstabsgetreue, visuelle Darstellung der deutschen Besatzung in Frankreich zu Zeiten des zweiten Weltkrieges einen leicht-üblen Beigeschmack für die Franzosen bei der Premiere von "Female Agents - Geheimkommando Phoenix" gehabt haben muss. Zum Schluss garniere man all das mit ordentlich gecasteten Schauspieler(inne)n wie Julie Depardieu und  Moritz Bleibtreu. Einem guten, schauspielerisch-handwerklichen passenden als auch narrativen ausgeklügelten, authentisch wirkenden zweiten Weltkriegs-Thriller steht also somit nichts mehr im Wege, ODER?

Kritik - Female Agents - Geheimkommando Phoenix

Die schlechte Nachricht lautet am Ende dann: leider doch. Denn mehr als ein narrativ am Reißbrett entworfener, immerhin einigermaßen spannender bis mittelmäßiger Agenten-Thriller, der mit einer im zweiten Weltkriegsdrama leider immer wieder üblichen, schwarz-weißen, plakativen Weltansicht  und vielen, in den entscheidenden Momenten oft nervigerweise gegen die eigene Vernunft, also heroisch nicht im richtigen Maße, sondern leider völlig überzogen agierend-versehenen, klischeehaften Heimchen-Am-Herd Frauen-Figuren zu glänzen vermag, wollte Jean-Paul Salomé im Jahre 2008 nicht gelingen. Beispielsweise möchte Sophie Marceau als Louise Desfontaines  in der Nacht irritierenderweise nocheinmal ein Flugfeld stürmen, das von einer Übermacht an deutschen Gegnern belagert wird, gegen das sie einfach nicht gewinnen kann. Vollkommen überflüssig und kaum der historischen Wahrheit entsprechend. Aber auch in seinem finalen Momenten darf sich Jean-Paul Salomés feministischer Agenten-Thriller nicht gerade mit Ruhm bekleckern. Wenn Menschen, die in einer abgelaufenen Ära das richtige getan haben, um dem ihn Wirklichkeit freiwillig beigetretenen Spionagegeschäft und den Krieg einfach nur überleben zu können, mit ihren in "Female Agents" manchmal zu sehr gewollt ins Licht gerückten, hier kurz angesprochenen, überheldenhaften Aktionen sehr dem patriotischen Blick des mit ein wenig mangelndem Fingerspitzengefühl agierenden Regisseurs, als auch der dazu unpassenden, biederen-orchestralen  Vertonung von Komponist Bruno Coulais, geopfert werden.

Kritik - Female Agents - Geheimkommando Phoenix

Welcher an eine einfache Imitation von John Williams Score aus "Der Soldat James Ryan" erinnert. Das alles hinterlässt am Ende einen befremdlich wirkenden, bitteren Nachgeschmack. Weniger dem eigenem Ehrgeiz hinter der Kamera zu fröhnen, also zur Abwechslung einmal nicht zu überlebensgroße, erklärte Heldinnen einfach herbeizwingen zu wollen um der eigenen Vergangenheit auf Teufel komm raus somit gerecht werden zu können, weil ganz Frankreich es im heimischen Kino erwartet, also dafür mehr Wert auf notwendige, inszenatorische Subtilität zu setzen, bedeutet in manchen Momenten halt ein wenig mehr mit einem eigenen, thematischen Anliegen am Ende erreichen zu können. Darüber hinaus zeigen sich Script und Regie wenig daran interessiert, der zu goutierenden Nazi-Feindschaft in "Female Agents - Geheimoperation Phoenix" so etwas wie ein menschliches Antlitz, außer im Falle von Moritz Bleibtreus solider Darstellung von Oberst Hendlich, zu verleihen, der eine angemessene Synchronisation erhalten hat. Und in seiner Rolle sogar eine tragische Beziehung mit entsprechendem Ausgang führen darf. Und sich auch sonst nun deutlich weniger als Anführer-Übermensch präsentieren darf, wenn er gegen Ende auf überraschende Art das zeitliche segnen darf. Der übliche Nazi-Deutsche heißt am Ende dann aber leider doch wieder Hans, trägt Latzhosen, ein verschwitztes Unterhemd, wirkt muskulös perfekt-austrainiert, ist blond und zudem nicht besonders helle im Kopf. Und darf in finsteren-stickigen Kellergewölben wieder einmal auf dumpf-simple Art und Weise seine Opfer foltern. Selbst wenn diesem Falle eine harte, französische Vergangenheit in einem erweiterten, gedanklich-übertragenen Sinne stimmig illustriert wird (französische Geheimdienstagent(inn)en gerieten in Gefangenschaft oft in eine sehr brutale, Dank der späteren geglückten Flucht gut beschriebenen Bedrängnis) funktioniert all das nicht ohne Zuhilfenahme narrativer Schwächen, zum Beispiel den hier angesprochenen, Genre-liken Charakter-Abziehbildchen. Im Guten liegt halt auch immer wieder das schlechte, zum Beispiel das wenig durchdachte der verantwortlichen Drehbuchautoren. In diesem Falle Laurent Vachaud und Jean-Paul Salomé selbst. 

Kritik - Female Agents - Geheimkommando Phoenix

Höhepunkt dieser blutigen und in wenigen Momenten übertrieben-brutalen Tortur: selbst vor schwangeren französischen Frauen wird in "Female Agents" alles andere als halt gemacht, um auf klischeehafte Art und Weise "Informationen" erpressen zu können. Wenn diesen der Bauch immer und immer wieder malträtiert wird. Auf rechte plump-perfide Art und Weise wird somit wieder einmal zur Abrechnung mit den "bösen Deutschen" angestiftet, denen man folgerichtig die Pest an den Hals wünschen darf, weil sie schwangere Frauen mißhandeln. Wieder einmal. Wann werden diese  Inszenierungsmuster, welche zu einer üblicherweise im Genre vorherrschenden, artifiziell-wirkenden, erhobenen Zeigefinger-Warnung und Panikmache vor dem Nazitum des 2. Weltkrieges beitragen, am Ende endlich einmal durchbrochen? Wann wird mit diesen Dingen mal entgültig aufgeräumt, außer im Ausnahme-Fall Quentin Tarantinos? Genau. Man darf bis heute vergebens darauf warten. Aber auch ansonsten präsentiert sich Jean-Paul Salomés Inszenierung als ideologisch-fürcherlich manipulativ-verlogen. Wie in diesem Review bereits angesprochen, sind die französischen Landsleute, darunter auch viele Frauen, dem lebensbedrohlichen Spionagegeschäft, um Nazideutschland endgültig das Handwerk legen zu können, in Wirklichkeit freiwillig beigetreten, was über deutsche und französische Landesgrenzen hinaus dem jenigen bekannt ist, der sich mit diesem Thema mal ein wenig näher beschäftigt hat.

Kritik - Female Agents - Geheimkommando Phoenix

Und sie wurden keineswegs per Zwang Dank eines eigenen, fies-brutalen Geheimapparates einst im Namen des Guten dazu verpflichtet, gegen die Erzfeinde Frankreichs vorzugehen. Die sogenannten "Female Agents" werden in Jean-Paul Salomés Thriller also als vom bösen selbst "Zwangsrekrutierte" / gezeichnete Antiheldinnen auf Grund der Dramaturgie, obwohl vieles diesmal wirklich historisch belegt werden kann, wie Rekrutierungen in Frankreich in Wirklichkeit abliefen, gegen Ende zu gefallenen oder überlebenden "Heldinnen" verklärt, die "Gutes" herbeigeführt haben? Und denen am Ende eine patriotische, akustische Untermalung gewidmet wird? "Wie, Wo Was" denkt dabei nicht nur das französische, sondern auch das deutsche, aktuelle Heimkino-Publikum. All das wirkt, genau wie der zwischendurch zur Abwechslung auch mal eingestreute religiöse Symbolismus, wenn eine französische Attentäterin auf eine Zyankali-Kapsel beißen und allem schlechten der (Nazi-Männer) Welt mittels artifizieller Arthouse "Jesus am Kreuze am Boden" Pose abschwören soll, dann einfach nur völlig aufgesetzt. Als auch letzten Endes abgeschmackt bis geschmacklos. Und keineswegs großartig und superb, wie es einem die hübsch-bunten BluRay-Arts-Cover der "Female Agents" am Ende klar machen wollen.

Fazit: Sieht man über die genannten (ideologischen und inszenatorischen) Schwächen hinweg, funktioniert Jean-Paul Salomés Thriller mit samt seinem visuellen zweiten Weltkriegs-Szenario am besten dann, wenn er Dank vieler packender Bilder und Momente einfach nur für spricht. Also das gesamte Geschehen bis vor dem finalen Brückenschlag, der zum Untergang Deutschlands beitrug, mittels aller Action einfach undokumentiert, ja irgendwie sachlich-nüchtern einfängt. Und seine Protagonisten beinahe schon wieder opfernhaft von Beginn der zu bewältigenden Mission an bis zu manch späteren blutigem Kugelhagel aufeinanderprallen lässt. Um sie somit als das zu inszenieren, was sie auch in Wirklichkeit waren, was sich an Hand einer Vielzahl an Dokumentationen belegen lässt. Nämlich als die mit allen Wassern gewaschenen, leider notwendigen Profis, die zum sterben immer bereit waren, um ihre eigenen, unterschiedlichen Interessen zu wahren. Aber ihr Leben niemals unüberlegt auf Spiel gesetzt haben. Man erliegt im Angesicht dessen einem künstlerischen Bann, dem man sich nur schwer zu entziehen vermag. 

Wertung: 6.5/10 Punkte


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