Kritik - Drive

Kritik - Drive

"I know a lot of guys who mess around with married women, but you're the only one I know who robs a place to pay back the husband." -

Das Regisseur Nicolas Winding Refn sich eher als der Regisseur / Mann fürs das Gro(ß/B )e und den leicht angestrengten Kunstwillen in Sachen Inszenierung erweist, dürfte sich spätestens seit seiner sehenswerten, aber manchesmal unverstandenen, von bestimmten Cinephilen in die Sphären eines Meisterwerks gehievte Arbeit "Walhalla Rising" unter Filmfreunden, Kritikern und dergleichen herumgesprochen haben. Und mit "Drive", basierend auf dem gleichnamigen Roman von John Sallis aus dem Jahre 2005, weicht der dänische Erfolgs-Regisseur keinen Milimeter von seiner bisherigen Inszenierungs-Marschroute ab . "Drive" verweigert sich in kurzweiligen 101 Minuten Laufzeit nicht nur konsequent den gängigen Mainstream-Fahrzeug Action-Karambolagen Abenteuern wie z.B. "Fast & Furios Five",  sondern offenbart sich auch als nahezu perfekt erzählter Mix aus Neo-Noir-Thriller Elementen, knallhartem Aussteiger/Existenzialdrama und teilweise ruhigem Psychokino, welches die mentalen Grenzen der titelgebenden Figur des "Drivers" auslotet, der einer Reise mit ständiger, emotionaler Vorwärts-Entwicklung und entsprechendem Abschluss unterzogen wird. Also im inneren dazu angetrieben wird, als Mischung aus Mensch und Maschine (die Gewalt des kriminellen Untergrunds hat ihn bereits über viele Jahre geprägt) der Maschine am Ende selbst zu entkommen. Um wieder ein normales Leben abseits von Chaos und daraus resultierender Zerstörung führen zu können. Und dazu muß der "Driver" zu einem "Larger Than Life Hero" heranreifen, der alles auf ihn einstürzende der Unterwelt überwinden muß.  In "Drive" geht es also nur vordergründig betrachtet um das AUTO fahren. Winding Refns unübersehbare Hommage an das poetische 80er Jahre Thriller-Kino Michael Manns und Steve McQueens 70er Jahre Klassiker "Bullit", "Drive", wird mit weniger inszenierten Actionmomenten nachgewürzt als man es eigentlich am Ende erwartet. Dennoch vermögen die wenigen Momente der Auseinandersetzungen der Protagonisten Dank des Härtegrades, der damit verbundenen Blutigkeit und Dank ihres perfekt getimeten Schockmomentes auch nach mehrmaliger Sichtung noch ihren gnadenlosen Reiz zu versprühen.

Kritik - Drive

"I have to go somewhere now. I don't think I can come back. I just wanted you to know, just gettin' to be around you, that was the best that ever happened to me." -

Mit "Drive" gelingt Nicolas Winding Refn ein erstklassig inszeniertes Drama, welches sich geschickt vom bisher gesehenem des Mainstream Bereiches positioniert, entgegen einigen wenigen landläufigen Kritikermeinungen seine ruhigen Einschübe und Stilelemente aber nicht dafür nutzt, um beim Betrachter entsprechende Langeweile (aktuell während einer Heimkino-Sichtung)  hervorzurufen. Der Vorwurf der gemachten Langeweile kann man nur gemacht werden, wenn man "Drive" aus einer falschen Erwartungshaltung bzw. subjektiven Perspektive heraus betrachtet. Regisseur Nicolas Winding Refn nutzt seine zum einen harten Action bzw. blutigen Gewaltattacken nicht aus Gründen des Stils um mehr Stils, also um des Selbstzwecks willen, beispielsweise wenn der "Driver" (Ryan Gosling) gezwungen wird, Gewalt als notwendiges Mittel einzusetzen, um sich seiner Feinde zu entledigen. Nur um in Pose zu treten, wenn er unfreiwillig im Angesicht von Irene (Carrey Mulligan)   im Aufzug offenbart, was im schlimmsten Fall aus ihm werden könnte oder bereits aus ihm geworden geworden ist.

Wenn Nicolas Winding Refn optisch wie einst Sergio Leone in seinem Western Klassiker "Spiel mir das Lied vom Tod" jede Einstellung vor einem wichtigem inszenatorischen Abschnitt kunstvoll bis zum Exzess ausreizt, die Schönheit des Films, das Kino selbst zelebriert und beinahe schon opernhaft seine Protagonisten aufeinander prallen läßt, erweist sich die auf das Publikum einstürzende Gewalt als unausweichliche Konsequenz des brutal-unmenschlichen, zelebrierten  "Untergrund"-Kosmos und der dazugehörigen, diskussionswürdigen Moral. Welche auf Grund unterschiedlicher Motivationen und  Ziele eines jeden am Ende (fast) tödlich Involvierten ensteht. Beispielsweise wenn sich der skrupellose Nino (Ron Perlman) Dank des später hinterrrücks erbeuteten Geldes der Mafia endlich zur Ruhe setzen möchte und dabei einfach über Leichen geht. Dabei wird jedoch eine Kettenreaktion unvorhergesehener Ereignisse mit samt dazugehörigen Auseinandersetzungen und Gewalt losgetreten.  Die Gewalt ensteht entwickelt sich also nicht aus einer oberflächlichen Laune bzw. Dank einer reinen, kontraproduktiven Selbstverliebheit des Regisseurs heraus. Das reine, selbstzweckhaftige Handeln der Protagonisten jedoch kann mit keiner noch so guten Inszenierung am Ende umgangen, sondern lediglich souverän in Szene gesetzt werden. Im Grunde genommen entsteht in "Drive" ein ungemein dichtes und spannungsgeladenes Netz aus Intrigen, Lügen und Verrat, welches zu fesseln vermag.  Geschickt fügt Nicolas Winding Refn die besten Versatzstücke verschiedener 70er und 80er Genreklassiker zu einem am Ende rundem ganzen, eigenständigen zusammen, verleiht einer im Grunde genommen altbekannten Geschichte wieder einmal die entsprechende Größe.

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"When you get your money, his debt's paid. He's out for good and you never go near his family again. You understand?" -

Die ruhigen Momente in "Drive" finden als schon lange nicht mehr genutztes Neo-Noir-Stil-Mittel Verwendung, um die bedrohlich-gärende Atmosphäre in "Drive" regelrecht auf die Spitze zu treiben. Ebenso wird der am Anfang aufgebaute Druck der Atmosphäre und die einwirkende Spannung auf das Publikum konstant gehalten und das Seelenleben des "Drivers" samt dazugehöriger Emotionen wie Frust, Einsamkeit/Isolation, ersteinmal anhaltender Hoffnungslosigkeit / Resignation gnadenlos offengelegt.  Dessen Gegenspieler hingegen reifen Dank ruhiger und melancholischer Einschübe zu transparenten Figuren heran. Es bedarfin "Drive" nicht vieler, ausufernder Dialoge, um die Emotionen aller Involvierten herauslesen bzw. deren nächste Schritte auf dem Weg zu einer Tragödie vorausahnen zu können. Dank Nicolas Winding Refn geschärften Auge, durch das Zusammenspiel von inszenatorischer Stringenz, dem einfachen Verständnis der Geschichte, der nachvollziehbaren Motivationen und  Ziele des "Drivers" weht am Ende der entscheidende Hauch von existenzieller Melancholie und Sehnsucht durch "Drive". Ebenso fördern die Nüchternheit der Figuren und die manchmal auftretende Dialogarmut dieses magische Gefühl. Ryan Gosling macht als "Driver" eine Entwicklung zum (tragischen und menschlichen) Helden durch, denn in seiner Brust schlagen zwei Seelen.

Kritik - Drive

Er verfügt über zwei Gesichter, von denen eine das notwendige übel zum erreichen allen positiven ist, um dann am Ende eventuell abgestreift werden zu können. Das Herz des Drivers siegt am Ende. Man kommt also nicht drumherum, Nicolas Wending Refns "Drive" zu mögen. Aber der Verstand sagt uns, das sich die Entwicklung des "Drivers" nach allen am Ende auf das Publikum einstürzenden Geschehnissen zu einem emotional zerstörten Menschen, also zur Maschine, nicht für immer aufhalten lassen wird. Eine echte Tragödie. Denn trotz des zurückgelassenen Geldes und der Sehnsucht nach einem normalen Leben in Form von Irene wird die Ostküsten-Mafia "Driver" irgendwann zur Rechenschaft ziehen wollen. "Driver" würde auch diese Gegnerschaft als "Lager than life hero" in einer potentiellen, bereits diskutierten und wohl nicht erscheinenden Fortsetzung irgendwann UNFREIWILLIG überwinden müssen. Und dabei wieder einen emotionalen "Drive" (Vorwärts-Antrieb) erfahren, also erneut gegen das eigene Schicksal als ANITHELD ankämpfen müssen, um das beschützen, was er liebt. Ebenso verleihen Carey Mulligan und Ron Perlman ihren recht einfach gezeichneten Charakteren durch  qualitativ hochwertige-überzeugendes Spiel, Charme und Charisma, entsprechende Gestik und Mimik als Love Interest und intriganter Handlanger das entsprechende Maß an Seele. Darüber hinaus zieht Ryan Gosling als "Held", der seine psychopathische Seite erst nutzen und dann wie sein Pendant Travis Bickle in Martin Scorseses "Taxi Driver" versucht zu überwinden, alle schauspielerischen Register, wenn er durch subtile Mimik tief in das innerste seiner Figur blicken lässt. Die stillsten Wasser sind ja bekanntlich die tiefsten. Dazu glänzt Albert Brooks als perfekt konzipierter Gegenpart zu Ryan Goslings Figur. Zu guter letzt überzeugen Oscar Isaac als verletzlicher Standard und der penible, perfekt sitzende und ausgewählte Score im 80´s Retro Stil.

Fazit: "Drive" erweist sich trotz eines kleinen Durchhängers im Mittelteil als Kinostoff, welcher denjenigen, welche Nicolas Winding Refns Film aus der richtigen Perspektive betrachten, das sprichwörtliche cineastische Herz aufgehen lässt. Und gehört zu den besten Filmen, die je ihren Weg auf die Leinwände des Kinos gefunden haben.

Wertung: 9/10 Punkte


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