Kritik - Die vierte Art


Kritik - Die vierte Art


Autoren:
tobe78
Nougat


"In the end, what you believe is yours to decide." -

Zum Inhalt:

[...Olatunde Osunsanmi´s Thriller  "Die vierte Art" erzählt die Geschichte von Dr. Abigail Tyler, die als Psychologin eines verschlafenen Ortes in Alaska Patienten mit Schlafstörungen betreut, welche unabhängig voneinander berichten, nachts von einer Eule angesehen zu werden. Unter Hypnose berichten alle Patienten aber bald, es handle sich aber in Wahrheit gar nicht um eine Eule. Unter starken Angstzuständen schildern die Hypnotisierten, "Etwas" käme in ihr Haus oder beobachte sie, bis sie schließlich fremdartige Stimmen annehmen oder sich ihre Körper auf abnormale Weise verbiegen. Viele Aufnahmen dieser skurillen Situationen sind leider auf verzerrte Art und Weise anzuschauen. Einer ihrer Patienten bringt sich und seine Familie nach einer Hypnosesitzung sogar um. Und letztlich stellt auch Dr. Abigail Tyler fest, selbst Opfer einer offensichtlichen nächtlichen Entführung geworden zu sein, welche bereits einige Spuren hinterlassen hat. Nachdem ihre Tochter plötzlich in der Nacht vor ihren Augen von einem UFO "in den Himmel gezogen" wird, wartet sie auf eine erneute Entführung durch das unbekannte Phänomen, um ihr Kind zurückzuerhalten. Während die Psychologin nach ihrem Kind schreit, werden einige Aufnahmen eingestreut, in denen Folter -und Bohrinstrumenten zu erkennen sind. Zudem klärt eine verzerrte Stimme Dr. Abigail Tyiler in sumerischer Sprache bzw. Wort/Satzfetzen darüber auf, das die Außerirdischen, welche ihre Tochter entführt haben, Gottheiten zu sein scheinen und ihr Kind aus unbekannten Gründen nicht mehr zurück geben wollen...]

Wer kennt sie nicht, die von Dr. Allen Hynek verfasste Theorie der unheimlichen Begegnung der ersten, zweiten und dritten Art. Letztere beschäftigt sich mit der unfreiwilligen Beobachtung unbekannter Flugobjekte, die vermutlich von einer außerirdischen Intelligenz gesteuert werden. Bis heute übt die angeborene Furcht vor dem Fremden, nicht bösartigen, einen unfassbaren Reiz auf uns aus. Selbst Meisterregisseur Steven Spielberg ("Jurassic Park", "Der weiße Hai", "E.T", "Schindlers Liste") konnte einst der Verlockung nicht wiederstehen, eine fiktive Kontaktaufnahme durch Außerirdische mit bis heute immer noch einprägsamen Kinobildern zu versehen. Er inszenierte im Jahre 1978 mit "Die unheimliche Begegnung der dritten Art" seine in Erinnerungen verbliebenen, nächtlichen Erlebnisse mit der eigenen Familie als sehr märchenhaft wirkende Leinwand-Vision, die einen wichtigen Augenblick der Menschheitsgeschichte darstellt, welche der Vorstellung Dr. Allen Hyneks von seriöser, zu verwirklichender UFO-Forschung prinzipiell am nächsten kommt.

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Steven Spielbergs Science-Fiction-Drama "Unheimliche Begegnung der dritten Art" oder der Klassiker aus dem eigenem Hause, "E.T.", zogen bis heute wie selbstverständlich vielerlei schwache bis qualitativ mittelmäßig inszenierte Epigonen im Genre nach sich: z. B. die populär gewordene Geschichte um den Waldarbeiter Travis Walton ("Feuer am Himmel"). Demnach entwickelte sich Dr. Allen Hyneks Skala, nach der man bislang auf drei mögliche Arten mit außerirdischer Intelligenz in Kontakt treten könne, entsprechend weiter. Olatunde Osunsanmi´s im Mockumentary-Stil gehaltener Science-Fiction-Horror-Reißer aus dem Jahre 2009, "Die vierte Art", beschäftigt sich nun also mit dem kontrovers diskutierten Thema der "Entführung durch Außerirdische", welche stets, falls man der Mehrheit der Betroffenen Glauben schenken mag, viele körperliche Folgen nach sich zieht. Aber geht es den Machern des Science-Fiction-Dramas "Die vierte Art" wirklich darum, sich mit diesem schwierigen und komplexen Thema auseinanderzusetzen? Oder offenbart sich Olatunde Osunsanmi´s Film am Ende nicht doch eher als eine simple, bos- und scherzhafte Phantasterei eines Horrorfilm-Debütanten auf dem Regiestuhl, welche den Sexappeal einer akademischen Versuchsanordnung verströmt? Die also auf der Klaviatur des Vorgetragenen einfach nur erproben möchte, inwieweit das Publikum bereit ist, sich in "Die vierte Art" wieder einmal hervorgebrachten Wahnvorstellungen des eigenen, menschlichen Geistes hineinzusteigern, welche im Verlaufe des Films dann doch als realistisch verklärt bzw. dem Publikum als glaubwürdig aufgezwungen werden? Zu Beginn des Films erklärt die Hauptdarstellerin Milla Jovovich als Dr. Abbey Tyler nämlich, man solle selbst entscheiden, ob das, was man in Olatunde Osunsanmi´s "Die vierte Art" zu sehen bekomme, wahr sei oder nicht.

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"Gebt mir mein Baby zurück..." -

Spoiler Ahead:
In den wohl frechsten Sequenzen der jüngeren Filmgeschichte erreicht diese Strategie der gezielten Zuschauermanipulation ihren vorläufigen Höhepunkt: per Splitscreen-Verfahren werden im Minutentakt Dokumentaraufnahmen mit der vermeintlich echten, von Darstellerin Charlotte Milchard verkörperten, unterkühlt bzw. wie paralysiert wirkenden Dr. Abigail Tyler eingestreut, welche mit den Auftritten von Hauptdarstellerin Milla Jovovich als genannter Psychologin selbst zusammengefügt werden, so dass ein genuines Ganzes entstehen soll. Das Ziel ist es also offensichtlich, die Hemmschwellen des Publikums auf perfide Weise, in einer Art schleichendem Vorgang, abzubauen. Damit es für alle dann einstürzenden Suggestionen anfällig wird. Man soll letztlich nicht mehr in der Lage sein, selbst darüber zu entscheiden, ob das Schockierende, das man in Olatunde Osunsanmi´s Thriller "Die vierte Art" zu sehen bekommt, für wahr erachten kann oder nicht. Doch leider erweisen sich solche inszenatorischen Momente als nicht gerade förderlich, da die eigentliche Erzählung um Dr. Abigail Tyler und der Entführung der Tochter aus eigenem Hause somit immer wieder unnötig, mit epischer Musik versehen, unterbrochen wird. Letztlich wird man also nicht wie gewollt ans Geschehen gefesselt, sondern sogar aus diesem heraus gerissen - nicht nur wegen der Unterbrechungen im Erzählverlauf, sondern auch wegen der irritierenden, durchschaubaren, auf den maximalen Effekt hin inszenierten Manipulationsversuche. Einen realistischeren Anstrich erhält Olatunde Osunsanmi´s Thriller dadurch jedenfalls nicht. Viel mehr zieht man ein zu diskutierendes Thema, welches in Wirklichkeit mittlerweile sogar einige neue, interessante populär-wissenschaftliche Erkenntnisse durch Augenzeugenberichte glaubwürdiger Personen (wie z.B. aus Militärkreisen), seriösen Nachforschungen, US-amerikanischen Diskussionskongressen etc. hervorgebracht hat, relativ zügig ins Lächerliche...

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"Ich muss...untersuchen...vernichten..." - ZIM.ABU.ETER... -

Denn im Grunde genommen werden in "Die vierte Art" nur die entwickelten Theorien von Erich von Däniken (Astrodicticum Simplex) zur Entstehung des Lebens im Kosmos einmal komplett durch den Wolf gedreht und am Ende völlig falsch präsentiert. Erich von Dänikens Theorien besagen, dass Außerirdische laut sumerischen Quellen als Götter angesehen wurden, die gegenüber der frühen Menschheit keine bösen Absichten hegten. Denn diese durfte durch das gesamte, vermittelte Wissen der "Götter" in der Evolution emporsteigen.
In Olatunde Osunsanmi´s Thriller "Die vierte Art" hingegen wird das Publikum unter dem Deckmantel der vorgetragenen Seriosität mit einer Außerirdischen, in der Vergangenheit gottgleich angesehenen Macht konfrontiert, welche selbst Sumerisch spricht und die Menschen keineswegs als wertvollen Teil ihrer Schöpfung sieht. Die Motive der zu Beginn in der Eulengestalt auftauchenden Außerirdischen werden im Verlaufe der Erzählung auf das notwendigste reduziert. Sie werden lediglich zu rein bösen, misogynen, roboterhaft klingenden und tumben Schlagetots degradiert, welche Dr. Abigai Tyler untersuchen und jetzt zusätzlich per Bohrinstrument (!) foltern dürfen, damit das Publikum seinen erwarteten Schreckens- und kleinen Blut-Fix erhalten darf. Das Publikum wird durch Wahl dieser Stilmittel mit einer konsequenten Abweichung vom Bilde / des sich immer wiederholenden, bekannten handelns außerirdischer Intelligenzen konfrontiert welches sich beiden vielen menschlichen Entführungsopfer nach ihren nächtlichen, realen Erlebnissen  im Kopf bereits eingeprägt hat. Und immer wieder in Fachkreisen ausgiebig diskutiert wird. Das Publikum wird also nicht mehr Zeuge eines inszenierten, auf reellen Fakten basierenden Phänomens, einer Macht, welche auf verstörende Weise ihre Versuche an entführten Menschen vollzieht. Und hin- und wieder Verletzungen an diesen hinterlässt, welche noch im Rahmen des zu erfassenden liegen. Nein, in Olatunde Osunsanmi´s  Science-Fiction-Drama "Die vierte Art" muss mant mit einer fremdartigen Gegnerschaft vorliebnehmen, deren (hier reelle, zu Grunde liegenden) Motive in brutalster und sadistischer Art und Weise überspitzt werden. So das sie am Ende eher wie austauschbare, typische Killer in Form des bisher üblichem, übernatürlichen Gesindels mäßig verwertbarer Mockumentary-Reißer agieren dürfen.  

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Erich von Dänekens Theorien und bisherige, in der Praxis durch diverse Entdeckungen gewonnene Erkenntnisse anderer Wissenschaftler über den Ursprung der Menschheit und das vieler Orts diskutierte, beobachtete, potentiell-gegenwärtige Einwirken fremder Kräfte auf diese werden verzerrt dargestellt. Sie werden sogar mit einem übertriebenem Satanismus gepaart, welcher einmalig sein dürfte. Denn irrwitzigerweise wird man als Betrachterin in ein Szenario versetzt, welches nicht von ungefähr starke Erinnerungen an den typischen, Friedkin´schen Exorzismus-Horror wach werden lässt. In welchem der Teufel sein schreckliches Werk vollrichtet, um sich die Seelen seiner Opfer, also der Menschen, einzuverleiben. Im Grunde genommen bedient sich Regisseur Olatunde Osunsanmi ausgepresster Inszenierungsmuster, um eine rein artifizielle Panikmache sondergleichen vorantreiben zu können, welche mit einer intelligenten und glaubwürdigen Art der Inszenierung bzw. Herangehensweise an eine schwierige Thematik rein gar nichts mehr gemeinsam hat.

In Olatunde Osunsanmi´s Thriller "Die vierte Art" werden die etablierten Widersprüche bekannter Motive der menschlichen Kultur (hier: die Eule, welche eigentlich das Gute UND das Böse verkörpert), rigoros zerstört. Diese werden künstlich zu einem recht eindimensionalem Sinnbild des Bösen verformt, welches bald schon Einzug in den privaten Rückzugsraum erhält und noch dazu äußerst berechenbar agiert. Zusätzlich werden, um auf einer tiefen, unterbewussten, Freud´schen Ebene Panik zu generieren, die einfachsten Motive verwendet, welche bereits einigen Horror-Klassikern von Roman Polanski (wie beispielsweise Rosemary´s Baby) immanent sind. Statt jedoch den Horror von Dr. Abigail Tyler in Ruhe im eigenem, privaten Rückzugsraum erfahrbar zu machen, indem Fakten und Fiktion miteinander verschmolzen werden als auch das Böse in seiner schaurigen Gestalt langsam und sicher Einzug erhalten darf, also endlich einmal wirklich sichtbar wird, wütet Olatunde Osunsanmi lieber mit dem brutal eingesetztem Baseballschläger im inszenatorischen Hintergrund. Er verzerrt sogar die entscheidensten visuellen Momente des Filmes, wenn dem Fremden endlich ein erschreckendes Antlitz verliehen werden muss. "Die vierte Art" büßt somit komplett an thematischer Glaubwürdigkeit ein.

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Und welchen Hintergrund haben die Entführungen der Menschen und die dazugehörigen Taten? Vielleicht die reine Selbsterhaltung auf Grund einer Erbgutentnahme des Menschen beispielsweise ? Ist Dr. Abigail Tylers Tochter deswegen Opfer einer Entführung geworden? Was für den Zuschauer eine schreckliche, zumutbare Realität wäre? Eine Antwort auf diese Fragen, welche sich somit mit einigen neuen, reellen Erkenntnissen im Bereich der Erforschung des vorliegenden, auch im Film behandelten Phänomens decken würden, erhält man am Ende nicht, was einen ziemlich schalen Nachgeschmack beim Publikum hinterlässt.  Das Fremdartige verliert also seine weiträumige Faszination bzw.  Dimension, welche dem Publikum in Gestalt eines inszenierten Schreck- und Hirngespinstes im Kopf einmal mehr durch das manipulierte Unterbewusstsein hätte Angst machen können. Stattdessen soll man in der Lage sein, ein offen gehaltenes Ende nach belieben zu interpretieren. Man erhält durch die Inszenierung des offenen Endes aber leider nur den Eindruck, das nicht einmal die Macher selbst in der Lage waren, ihren vorliegenden Stoff sinnvoll zu durchdringen, um das Publikum mit adäquaten Antworten zu den Fragen zu versorgen, welche vielen schon seit Roswell, New Mexiko und Co. unter den Nägeln brennen. Denn die Macher hinter der vierten Art sind keineswegs mit der vorliegenden wissenschaftlichen Materie auf eine wichtige Art und Weise vertraut, welche ihnen die notwendigen, erlaubten Top-Secret Einblicke von wichtigen Instanzen in eine unheimliche Thematik gewären würde. Um das Publikum so wirklich mit einer bahnbrechenden Inszenierung zu überraschen.  Aber was soll man am Ende von Olatunde Osunsanmi´s Thriller "Die vierte Art" noch vernehmen, außer ein inszeniertes (fiktives) Phänomen, welches sich in blutiger (und üblicher) 08/15 Slasher-Manier schon zu Beginn allem Störenden, etwa Dr. Abigail Tylers Mann, entledigt?  "Die vierte Art" ist am Ende, trotz Milla Jovovichs guter Darstellerleistung, auch Dank der zwischendurch etwas fahrlässigen und einschläfernden Art der Inszenierung  zum Scheitern verurteilt.

Fazit: Einige gelungene Schockmomente für ein gewollt-spaßiges Horror-Filmerlebnis sind in Olatunde Osunsanmi´s Horror-Reißer "Die vierte Art" durchaus garantiert, allerdings in einem so überzogenem Maße, dass man die Taktik der Filmemacher schon zu Beginn des Filmes  durchschaut. So kommt man schnell zu der Entscheidung, was man denn nun tatsächlich bereit ist am Ende der "vierten Art" zu glauben.


Wertung: 4/10 Punkte


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