Kritik - Der Medicus

Kritik - Der Medicus

Mit "Der Medicus" nahm sich Regisseur Phillip Stoelzel ("Nordwand") 2013 der Umsetzung eines erfolgreichen, höchst komplexen Romans von Noah Gordon für die große Leinwand und aktuell des Kinos daheim an. Und wieder einmal lief man daraufhin Gefahr, der Tragweite einer ausufernden Erzählung am Ende nicht gerecht werden zu können, auch wenn eine eigens herausgefilterte, kinematographische Essenz einer Erzählung dem Publikum in Phillip Stoelzels Verfilmung am Ende zumindest etwas plausibel erscheint. Aber wie so oft gilt auch im Falle von "Der Medicus", dass das Medium Film nun einmal grundsätzlich anders funktioniert als eine literarische Ansammlung von Ideen bzw. Gedanken, die nicht einfach nur simpel abstrahiert bzw. auf das thematisch nötigste beschränkt werden dürfen, um der zu Recht verkulteten Vorlage auf Teufel komm raus gerecht werden zu können. Phillip Stoezel macht es sich bereits im Einstieg seines Abenteuer-Dramas "Der Medicus" einfach zu leicht, die Geschichte des erst neunjährigen Rob Coles zu erzählen, der zu einem sympathisch wirkenden jungen Mann mit einer außergewöhnlichen Begabung heranreifen wird, die niemals ausreichend hinterfragt wird. Rob Cole ist nun einmal dazu auserkoren, nach einer Reise in den Orient, der Welt die moderne Medizin zugänglich machen zu können...Weitere ambivalente Facetten dieses vom Schicksals auserwählten Engländers, also einer sehr wichtigen Persönlichkeit, werden dem Publikum im Verlaufe aber nicht zu Teil. Und so bleibt ein recht eindimensional-funktionaler Charakter am Ende übrig, Rob Cole muß sich halt stets seiner eigenen, vorherbestimmten Entwicklung fügen.  

Kritik - Der Medicus

Nachdem als Höhepunkt auch die im Genre üblichen, hauruck-mäßig herbei inszenierten Intrigen-Schürereien zwischen arabischen Stammesverfeindeten hinter sich gebracht werden müssen. Selbstverständlich muß, wie sollte es anders auch sein, nebenbei noch die große Liebe noch gerettet werden und zur gemeinsamen Vollendung gelangen. Und der große Meister Ibn Sina  darf dann mit den letzten Worten seinem vom Schicksal auserkorenen Schüler das Zepter für die große, weite Welt überreichen, damit diese sich von ihren Geißeln endlich befreien darf. So brav, so einfallos-erzählerisch viele Etappen der Vorlage schnell überspringend, also zu sehr im Eiltempo voranschreitend und das notwendige Fingerspitzengefühl vermissen lassend, inszenierte Phillip Stoelzel seine Version einer eigentlich hochinteressanten Geschichte mit einer tiefschürfenden politischen Dimension, die in der 2013er Verfilmung gerade einmal an der sprichwörtlichen Oberfläche angekratzt wird. Und an der ein von echten Filmklassikern ahnungsloses ZDF-Senioren Publikum beim nachmittaglichen Kaffeegenuss seine helle Freude haben wird. 

Welches sich niemals mit dem Roman Noah Gordons und dessen Aussagekraft näher beschäftigt hat und Phillips Stoelzels Verfilmung daher automatisch in Qualitäts-Sphaeren hievt, die letzten Endes nicht gerechtfertigt sind. Es wird halt, Dank eines unübersehbaren, handwerklichen Geschicks im Glauben gelassen, man würde nochmal das vergangene, erstklassige, US-amerikanische Hollywood-Wüsten-Epos klassischer Prägung erleben. Der anspruchsvolle Coinosseuir hingegen guckt in die sprichwörtliche Röhre. Und wundert sich, wie einfach unsere in "Der Medicus" nachgebildete, geistig-plakativ wirkende Welt auf ein Minimum zusammenschrumpft.
 

Wer als Filmliebhaber aber wirklich einmal genauer dabei hinschaut, welche (bei "Der Medicus" fehlenden filmischen) Mittel dazu notwendig sind, um ein dramatisches Epos auf hohem, künstlerischen Niveau zum Leben zu erwecken, wird in Phillip Stoelzels Verfilmung der Abenteuer Rob Coles nicht mehr als ein pures, mittelmäßiges, zusammengefügtes Potpourri aus diversen Genre-Versatzstücken erkennen. Im Abenteuer-Genre wurde seit mehr als 20 Jahren bereits alles thematisch gesagt. Und wenn Rob Cole am Ende nicht gestorben ist, dann heilt er halt noch heute: an solch einer Prämisse, die Dank der letzten Momenten Stellan Skarsgårds in Begleitung eines kleinen Jungen überflüssigerweise mit dem erhobenem Zeigefinger vorgetragen wird, hätte ein sympathisch wirkender Märchen-Erzähler wie  Hans-Dieter Hüsch seine wahre, helle Freude. Nichts darf die in "Der Medicus" mit ihrem unpassenden märchenhaft wirkenden "Abenteuer aus tausend und einer Nacht"  und unpassenden Tonfall so wichtige Erzählung bei ihrer freien, künstlerisch- erzählerischen gewollten Perfektion, ja aller vorgetragenen, politisch-vorgetragenen Korrektheit und epischen Ausweitung stören.

Phillip Stoelzes Verfilmung des Romans von Noah Gordon leidet  während einer stattlichen Laufzeit 155 Minuten unentwegt unter dem eigenem, aseptischen Blick auf alle Geschehnisse, an einem starren, erzählerisch herbeigezwungenen Korsett, dass dem Publikum in jedem Moment mit dem nächsten Kameraschwenk automatisch suggeriert, was dieses als nächstes erleben wird. Man weiß bereits nach kurzer Laufzeit, wie die gesamte Geschichte in "Der Medicus" nun einmal enden wird. Der deutlich sichtbare Wille von Script und Regie zur gewollt-fehlerlosen, akademischen Kunstbeflissenheit, welche mit ehrlicher Leidenschaft eines Genre-Afficionados auf dem Regiestuhl die Finger nach wahrer Größe ausstreckt, um David Leans epischen Filmen "Lawrence von Arabien" und "Die Reise nach Indien" die gebührende Ehre erweisen zu können, spiegelt sich lediglich permanent in schönen Kulissen und guten bis soliden Darsteller-Leistungen wieder, an denen man sich in diversen Making Of´s und Interviews bereits regelrecht ergötzen durfte. Und sie ist am Ende leider völlig nutzlos, wenn die gesamte Inszenierung einfach nur zu zäh, breitgetreten und die Erzählung an sich letzten Endes zu abgeschmackt wirkt.  Viel hat sich das aktuelle deutsche Kino von den letzten Jahrzehnten von prägender, amerikanischer Filmkunst und den trashigen 60er Jahre Abenteuer-Beiträgen aus eigenem Lande abgeschaut. Und letzten Endes bleibt mit "Der Medicus" nur eine leicht-affektierte, meistens spannungsfreie, einfältig-visuelle Stilübung eines großen Auteur-Kindes am Ende übrig, das versucht, auch Dank internationaler Besetzung das unmögliche möglich zu machen. Um aus einer gespiegelten Perspektive der Geburtsstunde der modernen Welt und dem damit verbundenen Zusammenprall der Kulturuen heraus in große Fußstapfen treten zu können. Aber der große Wurf wollte Dank des berühmten "Schema F´s", vielen in "Der Medicus" umherirrenden Charakter-Schablonen bis Klischees und Telenovela ähnlichen Dialogen am Ende leider dann nicht gelingen.

Fazit: "Der Medicus" taugt somit als mögliche Einmalsichtung, als biedere Aus- Nach- und Zusammenbuchstabierung prägender Genre-Filme vergangener Jahrzehnte daher nur für ein sehr anspruchsloses Publikum, das vor der teils vorhandenen, oft Gähnen provozierenden Langeweile und der erzählerischen Berechenbarkeit von David Stoelzels Verfilmung keine Angst kennt.

Wertung: 6/10 Punkte



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