Kritik - Der ganz große Traum

Kritik - Der ganz große Traum

"This is a ball ... A football..." -

Im Grunde genommen ist es von Regisseur Sebastian Grobler ja ein recht charmanter Einfall, für die Inszenierung des eigenen, abendfüllenden Spielfilms "Der große Traum” auf die Grundidee bzw. das moralische Konzept von Peter Weirs US-amerikanischem Film-Klassiker "Der Club der toten Dichter” zurück zu greifen. Und dieses in ein eigenes optisches Gewand zu hüllen. Um das Publikum mit einem sehenswertem Film zufrieden zu stellen. Allerdings lässt die Umsetzung dieser Idee am Ende dann doch zu wünschen übrig. Denn "Der große Traum” entpuppt sich am Ende als ein verklärendes, also verschönigendes, zuckersüßes. wenig fesselndes, spannungsarmes, plakatives, teilweise spießig wirkendes und steif gespieltes Moralstück, welches mit vielen Schablonen all der Charaktere versehen ist, welche man bereits in Peter Weirs Klassiker "Der Club der toten Dichter " kennen und lieben gelernt hat. Und selbstverständlich ist die Botschaft, mit der man im Finale vorliebnehmen darf, als löblich zu erachten: man muß einfach nur zusammenhalten, um Vorurteile, Neid, Hass und Missgunst gegenüber anderen Menschen in der Gesellschaft überwinden zu können, um erwachsen zu werden und seine Selbstbestimmung zu erlangen. Ebenso soll das Publikum erkennen, das die Menschen trotz kultureller Unterschiede mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheint.

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In Peter Weirs Klassiker "Club der toten Dichter” war es jedoch die charmante Poesie, die es jedem erlaubte, einen Blick in die eigene Seele zu werfen. Um zu erkennen, wer man im Endeffekt selber ist. Peter Weir ließ die Frage offen, inwieweit man es schaffen kann, es durch Freiheit, Selbstbestimmung bzw. die moderne Art des gesellschaftlichen Denkens zu etwas zu bringen. Um mit sich und anderen anschließend im reinen zu seinen. Aber letztendlich scheiterte man mit dieser Art des Denkens an den feudalen, verkrusteten Strukturen der Gesellschaft der entsprechenden Dekaden, die durch eine Portion naiver Gutmenschentümelei alleine nicht zum umdenken zu und zur Akzeptanz zu bewegen war. Und ein "Fußball” der als plakatives Symbol all unsere noblen Werte verkörpert, hätte daran in kürzester Zeit ebenso wenig daran geändert. Denn betrachtet man unsere globale Gesellschaft aus einem realistischem Blinkwinkel, änderten sich das Denken der Menschen die eigenen archaischen, vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen in wenigen, globalen Gebieten erst über mehrere Jahrzehnte. Und manchmal müssen erst Tragödien passieren, bevor die Menschen überhaupt bereit sind, ein andere Denkweise an den Tag zu legen. Um z.B. ihren Familienmitgliedern das Recht einzuräumen, das sie die Berufswahl selber treffen dürfen. Um ihr Leben unabhänging von anderen gestalten zu können.

Von der korrekten Behandlung dieses Themas ist in Sebastian Groblers Drama "Der große Traum” am Ende nur noch relativ wenig zu verspüren: Regie und Script wandeln stets auf bereits durchdeklinierten Genrepfaden. Denn wie sollte es denn auch anders sein, das sich die Schüler sich in Sebastian Groblers Drama "Der ganz große Traum" ebenso wie in Peter Weirs Filmklassiker "Club der Toten Dichter” zusammenraufen, für ihren Lehrer einstehen und zusammen als Gruppe und spätere Einheit erwachsen werden. Und sich gegen die autoritären Eltern auflehnen, deren Verhalten man im US-amerikanischen Vorbild trotz deren Kurzsichtigkeit auf Grund der notwendigen Differenzierungen des Drehbuchs noch nachvollziehen konnte, ohne das man in die Klischeefalle tappen musste. Regisseur Sebastian Grobler bewegt sich thematisch gesehen also auf ganz dünnem Eis, das er am Ende seines Dramas mit zuviel Gewicht, Pathos und Spießigkeit auf kurze oder lange Sicht durchbricht. Denn wie bereits angesprochen benötigt die Reformierung vorherrschender, verkrusteter Strukturen einen jahrelangen Prozeß des Umdenkens, um den Wandel der Gesellschaft herbeizuführen. Und dieses erreicht man nicht, wenn dem Publikum im Endeffekt nur das sprichwörtliche Sonntagsgesicht präsentiert wird, damit jeder in einer Art des "Fußball Endspiels" plötzlich wie vom Blitz getroffen die Erleuchtung erlangt, was denn bis dato im beisammen sein alles schief gelaufen ist.

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Und wenn wir alle nicht gestorben sind, dann leben wir  auch heute noch glücklich und zufrieden. Und spielen weiterhin Fußball. Denn nie wieder wird es einen Konflikt am Ende geben, nachdem sich alle Menschen zusammengefunden haben. Und der dahinplätschernde Score leistet seinen Beitrag dazu,das dem Publikum vorgegaukelt wird, das am Ende mit einen schönem und "realistischen”, abendfüllenden Spielfilm vorlieb nehmen durfte: In Sebastian Groblers Drama "Der ganz große Traum" ist am Ende aber wenig davon zu verspüren, das sich die Macher wirklich einmal für die wahren historischen Tatsachen des  den Einzug des Fußball-Sports als Symbol für ein beisammensein und aufbrechen der Gesellschaft interessiert haben. Obwohl bereits mit Werbeslogas darauf hingewiesen wird, wie "Lehrer Koch den Fußball nach Deutschland brachte". Aber darauf, wie Konrad Koch den Fußball während seines Aufenthaltes im Mutterland des Ballsports entdecken durfte und welche Konsequenzen (vor allem als Deutscher) damit verbunden sind, gehen Regie und Script zu keiner Zeit wirklich ein. Der Fußball-Sport, der in "Der ganz große Traum” vorgetragen wird, wirkt eher so, als wollte der Fifa-Vorsitzende Joseph Blatter persönlich diesen dem Publikum im Zuge der Fairplay und Kultur Bewegung wie als Werbebotschaft mit dem Holzhammer in den Kopf eintrichtern, um die Menschen zum Freidenkertum, dem Miteinander, der eigenen Unanabhängigkeit und zu Friede, Toleranz, Harmonie, Anerkennung als auch zur Freude und zum Eierkuchen zu bewegen. Obwohl sich die Welt nach Beendigung des zur Schau gestellten Fußballturniers mit samt ihrer zweifelhaften Moral wie gehabt weiterdreht. Ebenso fehlte im Finale nur noch der plakative, inszenatorische Verweis auf Peter Weirs Meisterwerk, das die Schüler auf die Tische gesprungen wären und ihrer Lehrkraft als Vorbild gehuldigt hätten.  Aber auch die schauspielerisch-durchschnittlichen Leistungen lassen und die arg stereotype / klischeehafte Figurenzeichnung lassen  sehr zu wünschen übrig. Denn jedes über Gebühr bereits auf das deutsche Publikum  losgelassene Klischee des klassischen Dramas und der deutschen Schauspiellandschaft wird noch einmal durch den Wolf gedreht uns noch entsprechend präsentiert.

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Adrian Moore gibt den problembehafteten Prügelknaben Joost, der typischerweise erst einmal zu schwach dazu ist, um sich gegenüber anderen behaupten. Und den man natürlich ins Herz schließen muß. Es ist schade, das Regie und Script dieser typischen "Problemfigur" keine neuen Facetten abgewinnen können. Thomas Thieme ("Das Leben der anderen", "Jud Süß - Film ohne Gewissen"). hingegen darf als "produktiver” Gegenpart bzw.  als "Familienvater" in die Bresche springen, der den neureichen, arroganten plakativen "Drecksack” vom Dienst, also ein eindimensionales Abziehbild eines Machbessenen Familienführers geben darf, dem man zuerst auf Grund seiner Boshaftigkeit beinahe an den Hals springen möchte. Gleichzeitig aber erfährt Thomas Thieme Figur durch einen Schlag auf die Nase wird durch ein Wunder, ohne das diese überhaupt irgendeine Form von richtiger, charakterlicher Entwicklung durchläuft, ihre moralische Besinnung, wird also als grobes Mittel zum Zweck gezeichnet. So bleibt dem Publikum kaum Zeit dazu, tief Luft holen zu dürfen, um sich auf die innerhalb kürzester Zeit veränderten Begebenheiten, also das beschleunigte, veränderte Verhältnis zum eigenem Familienspross, einzustellen. Die Melancholie der mäanderen Erzählung, welchen Dramen wie der "Club der toten Dichter" immanent ist und auch Teil von Sebastian Groblers Drama "Der ganz große Traum" sein sollte, geht auf halber Strecke verloren. Eher übertritt man hin- und wieder die Grenze zum dramatisch-rührseligen, manipulativ-ideologisch-verlogenen Hollywood-Kitsch.

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Denn auch erst die Liebe, welcher man durch eine überflüssige Romanze zu einer niederen Bediensteten beiwohnen darf, muß dem Spross der Familie die Augen öffnen, was man als eigenständiger Mensch zu tun gedenken sollte. Und was nicht. Sebastion Grobler zeigt sich als Regisseur also weniger am klassischen Ausleuchten einer am Ende immer noch vorherrschenden Tragödie, also dem Verlust der Selbstbestimmung eines jeden Invididuum in der Gesellschaft, interessiert. Sondern greift diese zeitlose Tragödie auf, zerrt sie in die positive entgegengesetzte Richtung und formt sie zu einer selbstgerechten Ausleuchtung der heterosexuellen Bourgeoisie und einem verlogenem "Wunschtraum" um. Und buchstabiert den damit verbundenen, wieder einmal typisch Schwarz-Weißen deutschen Klassenkampf aus, der nur gewonnen werden kann, indem man sich dem von Daniel Brühl ("Rush - Alles für den Sieg") vorgetragenem, strammen deutschem Gehorsam entzieht, in dem man andere durch Slap-Stick Attacken in die Schranken weist. Oder halt auf die Nase schlägt. So das am Ende alle frei, selbstbestimmend, glücklich und zufrieden sind, was in unserer Welt aber selbst unter heutigen Verhältnissen nicht zu 100 % Prozent der Fall sein kann. Denn in vielen Ländern herrschen noch die in "Peter Weirs" Filmklassiker "Der Club der toten Dichter" inszenatorisch geschilderten, gesellschaftlichen Verhältnisse und das daraus resultierende Denken. In Sebastian Groblers Drama "Der ganz große Traum" befindet sich immer wieder viel dramaturgischer Sand im Getriebe, denn Dank der Autoren bleibt auch die von Konrad Koch inszenierte Romanze mit der Mutter von Joost etwas unterentwickelt. Jediglich in Sachen handwerklicher Inszenierung wissen die Macher am Ende zu überzeugen, denn das Setdesign und dazugehörigen Kostümierungen können sich wirklich sehen lassen. 

Fazit: Sebastian Groblers holzschnittartiges Drama "Der große Traum" sollte man am besten wieder ganz schnell vergessen. Denn die perfekte, heitere und heile Welt, welche uns am Ende als naives "Wunschdenken" präsentiert wird, wird für vernünftig denkende Menschen im Grunde niemals existieren, so mehr man sich dafür auch anzustrengen vermag.

Wertung: 4/10 Punkte


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