Kritik - Colombiana
Erstellt am 27. Mai 2014 von Tobias Lischka
@tobe781
"Ermordet! Von wem?" - "Von niemandem der noch lebt!" -
Die wenigsten Analysten wird es heutzutage überraschen, wie erzählerisch durchwachsen bis vergessenswert, als auch visuell über inszeniert, das Action-Thriller Genre mittlerweile daherkommt. Und das nicht nur innerhalb der üblichen Erzählmuster Hollywoods, sondern auch abseits des US-amerikanischen Filmmarktes, nämlich Europa. Der Qualitätsabbau in diesem Bereich innerhalb der letzten 10 - 15 ist enorm.
Leider macht auch Luc Bessons Produktion "Colombiana" mit "Avatar" Darstellerin Zoe Saldana in diesem Hinblick keine Ausnahme, sondern fügt der aktuellen Entwicklung des Action-Thriller Genres auf amerikanischer und europäischer Ebene eine weitere, nicht gerade positive Notiz hinzu. "Colombiana" verkommt als US-amerikanische und französische Co-Produktion innerhalb von 108 Minuten Laufzeit mittels edler Bilder zum kurzweiligen inszenierten Actiontrip, der über die komplette Laufzeit nicht nennenswertes zu erzählen weiß. Außer das die Familie eines Mädchens von einem Drogenkartell hingerichtet wird, das sich nach oberflächlich-phlegmatischen und inkohärent wirkenden minimalen Handlungs-Abläufen, also nach einer Ausbildung in "Leon - der Profi Manier" zu einer "Over The Top" Killer-Maschine mausern muss , um Rache an ihren Peinigern nehmen zu können. Das ist bereits alles, was es über "Colombiana" zu wissen gibt.
Denn es ist mal wieder Zeit für die plakative Selbstjustiz in Hollywood und Frankreich, welche dem Publikum als lohnenswert dargestellt wird. Was in Luc Bessons "Leon der Profi" wenigstens noch plausibel gemacht wurde. Die notwendigen Entwicklungsschritte von "Cataleya Restrepo" (verkörpert von "Star Trek" und "Avatar" Schnuckeline Zoey Saldana) auf dem Weg zur Profikillerin werden anders als bei Luc Bessons Film-Klassiker "Leon der Profi" aber nur kurz angerissen und im Verlauf von 108 Minuten Laufzeit nicht weiter durchleuchtet. Wichtige Bezugspersonen der Protagonistin werden zu Gunsten von noch mehr Action und zu Lasten der Erzählung nach kurzer Zeit ebenso eliminiert, bis auch die letzten Schwächen des oberflächlichen Scripts von Autor Robert Mark Kamen sichtbar werden. Ebenso scheitern Regisseur Olivier Megaton, der sich für inszenierte Halbgurken wie "The Transporter 3" verantwortlich zeichnet, als auch Drehbuchautor Robert Mark daran, denn Reißbrett artigen ins Spiel geworfenen Charakteren so etwas wie Ambivalenz und Persönlichkeit zu verleihen. Belangloses schwarz-weiß denken und spießige, manchmal fragwürdige Moral ist in "Colombiana" angesagt: denn wer im Leben glücklich werden möchte, muss halt nur seine Peiniger überwinden. Der Tod heiligt alle Mittel. So einfach ist das Amen. Zoe Saldana versprüht in "Colombina" Dank ihrer knackigen Figur zwar einigen Sexappeal, aber mehr auch nicht. Sie wird im Videospiel artigen Finale halt mäßigen CGI Explosionen geopfert. Oliver Megatons Showdown biedert sich leider Gottes auch noch bei der "Bourne Trilogie" mit seinen Maßstab setzenden Handkanten und Tritt Duellen an. Und Zoey Saldana offenbart sich darin zuletzt als eine mit Eiseskälte versehene, ballernde Sex-Ikone á la Lara Croft.
Und der Versuch, entsprechende, intime Momente zu schaffen, in denen die von Cataleya Restrepo und ihrem
unvermeidlichem 08/15 Liebespartner innerliche Gebrechlichkeit und das Hadern
mit dem Schicksal dem Publikum als glaubwürdig verkauft werden sollen, muten ebenso zu konventionell bebildert als auch inszeniert an. Wie man ungewöhnliche, interessante Menschen mit außerordentlichen Fähigkeiten in außergewöhnlichen (Lebens)Situationen überzeugend in Szene setzt, zeigte z.B. Regisseur Joe Wright im
Jahre 2011 mit "Wer ist Hanna", in der Saoirse Ronan auf ihr weiteres Schicksal in einer Eislandschaft so lange von ihrem Vater ausgebildet und betreut wurde, bis sie sich ihrer Nemesis stellen und die ersten zwischenmenschlichen Erfahrung auf bis dato nicht mehr für mögliche gehaltene, geschilderte Art und Weise erleben durfte. Diese intimen Momenten fallen in "Colombiana" jedoch der Schema-F-Inszenierungsart zum Opfer. Sie werden also mit samt ihrer Überlänge solange breitgetreten, bis das Publikum sein Interesse an "Colombiana" auf Grund der sich breitmachenden Langeweile schon längst verloren hat.
Regisseur Olivier Megaton schafft es also zu keiner Zeit, bekannte Szenen Muster zu durchbrechen und serviert dem durchschnittlichen Thriller affinen Publikum natürlich eine Heldin, welche aber teilweise, trotz ihrer Präsenz und Momente, einfach zu unterkühlt agiert. Ein emotionales Polster zum mitfiebern ist für das Publikum also ausgeschlossen. Darüber hinaus offenbarte Joe Wrights Coming-Of-Age-Thriller "Wer ist Hanna" zum Beispiel im Gegensatz zu "Colombiana" zu einer abwechslungsreichen Sightseeing-Tour. In "Colombiana" hingegen beschränkt sich Oliver Megaton auf zwei Länder, die technisierter, lebloser und übertrieben glanzvoller nicht eingefangen werden konnten, so als hätte man beim Reisebüro in Kolumbien und New York eine Reise zu diesen beiden Orten hin und zurück gebucht, die dann mit steriler Postkarten-Idylle glänzen müssen. Joe Wrights Figur "Hanna" durchlief einst die Wandlung eines unreif entwickeltem Mädchen, das seinen Platz im Leben und unter den Menschen noch finden und darum kämpfen musste. Zoe Saldana dagegen möchte das Publikum als perfekte Power-Emanze aus dem sterilem Fitnessstudio von nebenan mit knackigen Po überzeugen. Die bereits von Anfang an ihrer Reise weiß, wo sie hin will und was sie erreichen möchte. Innovationen und erzählerische Überraschungen gibt es halt keine zu erleben. Man darf lediglich mit einem perfekten, optisch-reizbaren, weiblichen Ideal ohne echte Seele vorlieb nehmen, die als Kampfmaschine ihre Feinde Dank plakativer Weltanschauung auf stylische Art und Weise zerlegen darf. Das Publikum freut sich heutzutage also bereits über solch schöne Oberflächlichkeiten.
Fazit: Colombiana offenbart sich letzen Endes als kleingeistig-inszenierte, vergessenswert-scheußliche "Luc Besson Fließband-Thriller-Produktion".
Wertung: 4/10 Punkte