KRITIK - BOY 7

Boy 7 - Plakat

Autor: Marcel Flock

Dystopien, basierend auf Jugendromanen, sind nach dem kommerziellen Erfolg von Reihen wie „The Hunger Games“ keine Seltenheit mehr. Jedes Jugendbuch, das international erfolgreich war, egal, welches Genre, wird auf Teufel komm‘ raus auf die Leinwand gebannt, eine Adaption schlechter als die andere. Zwar spielen die meisten ordentlich was ein, jedoch sinkt die Qualität dramatisch, was wahrscheinlich daran liegt, dass manche Studios samt Regisseuren die Aussage des Autors entweder nicht verstehen oder es ihnen egal ist. Hauptsache: das Geld stimmt. So wurden Jahr für Jahr gute Buchreihen verschandelt, was es wirklich schwierig macht, sich auf die nächsten zu freuen. Kurz gesagt: Der Markt ist übersättigt von ihnen, und die Tatsache, dass diese Machwerke Millionen von Dollars kosten und auch Millionen wieder einspielen, schmerzt im Herzen jedes aktiven Lesers solcher Bücher. Mit jeder weiteren Sichtung ist man mehr und mehr frustriert, da diese „Fließbandproduktionen“ absolut herzlos und unkreativ verpackt werden.

Nun machte sich Regisseur Özgür Yildirim, der durch Filme wie den genialen Gangsterfilm „Chico“ oder die recht unterhaltsame Musikbusiness-Komödie „Blutzbrüdaz“ bekannt wurde, an ein recht sonderbares Werk heran mit dem Titel „Boy 7“. Im Vergleich zu Leuten wie Francis Lawrence oder Robert Schwentke stand Yildirim dafür allerdings kein üppiges Budget zur Verfügung, und doch schafft er es daraus, einen Film zu machen, der den genannten durchaus gewachsen ist, wenn nicht sogar übertrifft.

Zum Inhalt: Ein junger Mann (David Kross) kommt mitten in der Nacht auf den Gleisen in einem U-Bahn-Tunnel zu sich. Weder erinnert er sich an seinen Namen, noch weiß er, wie er dorthin gekommen ist. Als er sich plötzlich auf einem Fahndungsbild entdeckt, begreift er, dass sein Leben in höchster Gefahr ist. Doch zum Nachdenken bleibt nicht viel Zeit, denn seine Verfolger sind ihm dicht auf den Fersen. Unverhofft findet er ein Tagebuch, verfasst in seiner eigenen Handschrift und scheinbar der Schlüssel zu allem. Als schließlich auch noch eine junge Frau (Emilia Schüle) auftaucht, die wie er eine Brandwunde an der linken Hand hat, beginnt eine gefährliche Reise in die Vergangenheit. Mit jedem weiteren Puzzlestück enthüllt sich eine abgründige Verschwörung, die sich in höchste gesellschaftliche Kreise zieht…

Boy 7 - Bild

Zwar erfindet „Boy 7“ weder das Rad neu, noch geht er tiefgründiger zu Sache, aber dafür punktet er durch seine bisweilen außergewöhnliche Umsetzung auf der Leinwand. Seien es das faszinierende Zusammenspiel aus bunten Farben und elektronischer Musik oder die ungewöhnlichen Blickwinkel der Kamera. Yildrim experimentiert mit allem und das mit Erfolg. Hinzu kommt, dass keines der genannten Spielereien störend wirkt wie z.B. bei einigen neumodischen Found-Footage-Filmen, die das Found Footage entweder nicht brauchen oder es nicht richtig einzusetzen wissen. Zudem besticht das charismatische Gesicht von Newcomerin Emilia Schüle, die ihren Kollegen David Kross in jeder gemeinsamen Szene gnadenlos gegen die Wand spielt, was größtenteils auch an der Vielfalt ihrer Mimik liegt, während Kross ziemlich fehlplatziert und orientierungslos wirkt. Zwar half ihm das in „Der Vorleser“, leider ist es in „Boy 7“ unvorteilhaft und sorgt beim Zuschauer für regelmäßiges Kopfschütteln.

Da wünscht man sich manchmal lieber einen Tom Schilling in der Hauptrolle. Neben Kross ist das wohl größte Manko des Films das Durchexerzieren der Klischees wie beispielsweise Lehrbuchpsychopath Isaak oder den ahnungslosen, sehr naiven Leiter der Einrichtung Fredersen, der eine Schwarz-weiß-Denkweise pflegt und den „armen“ Häftlingen nur helfen will, damit die Kriminalitätsrate sinkt, wohl wissend, was sein außer Kontrolle geratener Angestellter die ganze Zeit tut. Auch trieft der Film vor Küchenpsychologie, siehe Sams Erinnerungen an seinen Unfall, der ihn fast jede Nacht plagt und innerlich zerfrisst. Eben das gewohnte Schema F, was aber die recht interessanten Ansätze wie die Kontrolle der Gedanken durch Microchips kaschieren, die vermutlich beim jetzigen Fortschreiten der Technik irgendwann möglich sein könnten oder bereits sind und den Aspekt der Resozialisierungsanstalt zum Fördern besonderer Sträflinge mit außergewöhnlichen Fähigkeiten nicht in den Schatten stellt, obgleich der Name der Einrichtung Kooperation X und das Anwesen einem Comicfan erschreckend bekannt vorkommen dürfte.
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Boy 7 - Bewertung

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