Kritik - All is lost

Kritik - All is lost

"I'm sorry. I know that means little at this point, but I am. I tried, I think you would all agree that I tried. To be true, to be strong, to be kind, to love, to be right. But I wasn't." - 

Die oft zu diskutierende Hybris des Menschen: in vielen Blockbustern wurde dieses Thema in der Vergangenheit bereits zentralisiert? Es ist doch immer das gleiche mit uns Menschen. Das Leben, das härter nicht sein könnte, ist wie ein Sturm auf offener, hoher See, dem man immer wieder trotzen muss, um bis zu seinem Lebensende einfach weitermachen zu können. Und schauen wir uns unsere gegenwärtigen Befindlichkeiten auf unserem Fleckchen Erde an, so meint die Spezies Mensch immer, das diese sich das Leben und Natur im schnellen Verfahren zu Nutze machen beziehungsweise diese zur zweiten Kraft degradieren könnte. Ohne die Konsequenzen dabei befürchten zu müssen. In "All is lost" erleben wir ein geschildertes Schicksal eines universellen Charakters: manchmal ist es halt zwingend notwendig, das der Mensch eine Kurskorrektur mit seinem Boot auf hoher See vornehmen muss, um die jüngste bis auch die letzte Phase seines Lebens überhaupt erleben zu dürfen. Denn ihm wird eine harte Prüfung auferlegt. Und wenn ihm es nicht gelingt, diese erfolgreich zu absolvieren? Ja dann geht der Mensch halt in all seinem Bemühen, erfolgreich den Schwierigkeiten des Lebens getrotzt zu haben, mit dem Sturm auf hoher See irgendwann unter. Wenn er sich halt dazu entschließt, einfach aufzugeben. Bevor er versucht hat, durch seine oder die Unachtsamkeit anderer viele zwischendurch halt immer wieder entstandene Lecks (Schäden) in seinem Leben zu reparieren.  

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Oder mit anderen Worten: wenn er sich selbst zwischendurch immer wieder motiviert und neu in Stand gesetzt hat. Man ist nun mal keine Maschine, sondern vergänglich. "All is lost" behandelt also das Thema "Sterblichkeit". Wer einfach resigniert, bevor seine Zeit noch gar nicht wirklich abgelaufen ist, der hat irgendwann umsonst gelebt, der Nachkommenschaft kann nur noch Lebewohl gesagt werden. Was soll diese über einen dann denken, während die letzten Worte verklingen. Somit ist doch Alles verloren, ODER? Oder wenn man meint, es geht halt alles nicht mehr, muss halt irgendwo wie ein kleiner Funken Hoffnung, ein kleines Licht in dunkler Nacht halt her. Um uns den Weg in dieser zu weisen, wie wir unser Leben in Zukunft wieder gestalten sollen. Nachdem man die Erfahrung gemacht hat, das man nur ein Teil der Natur ist, die den Mensch selbst immer beherrschen wird, da sie einfach zu mächtig ist. Und daher sollte man am Ende dankbar dafür sein, innerhalb dieser überhaupt leben zu dürfen. Der Mensch kann halt nur dazulernen. Er ist zwar gut, aber von Natur aus perfekt ist er deswegen noch lange nicht. Aber er kann es besser machen. Er muss es einfach, es kann einfach nur vorwärts gehen, damit er zum weiterleben bis zu seinem unvermeidlichen und vom Zeitpunkt eher angemessenem Tode im Stande ist. Wir müssen uns auf unseren inneren Antrieb immer wieder deutlich stärker verlassen, dann erleben wir auch den letzten Momenten unserer Reise eine bessere Zukunft. Das ist nun mal unser Schicksal. Das alles könnte für manchen vielleicht philosophisch etwas überspitzt klingen, aber es bringt genau auf den Punkt, worum es Dank Robert Redfords Auftritt in "All is lost" in einem übertragenen Sinne überhaupt geht. 

Kritik - All is lost

"All is lost here, except for soul and body, that is, what's left of them, and a half-day's ration. It's inexcusable really, I know that now. How it could have taken this long to admit? That I'm not sure, but it did." -  Was J.C Chandor im Endeffekt aus diesem Thema macht, lässt sich nach einer einmaligen Sichtung nur schwer in Worte fassen. Mit "All is lost" erschafft er eine kleine, meisterhaft in Szene gesetzte Filmperle, die halt als Metapher lesbar ist, also nicht das "echte" segeln zur Schau stellt, wie es vom Publikum vielleicht angenommen wird. Auch wenn vieles dem richtigen segeln entliehen ist, um halt etwas spezielles zur Schau zu stellen. "All is lost" ist halt eine US-amerikanische Mär beziehungsweise Parabel, die eine universelle Wahrheit über die Natur des Menschen spricht. Das segeln und das Meer sind halt nur ein bildhaftes Gleichnis, um den ewigen Kampf des Lebens zu illustrieren. Der Mensch ist halt immer dann am stärksten , wenn er in der Not wie der Teufel fliegen fressen beziehungsweise durch alle für ihn typischen "Up and Downs" gehen muss. Robert Redford verkörpert in J.C. Chandors Drama einen Charakter, der uns allen aus der Seele spricht. Denn wir müssen uns genau wie er halt auf hoher See, also täglich, immer der Härte des Lebens, sprich den im übertragenen Sinne gestellten Herausforderungen durch die Natur stellen, die uns unser Leben geschenkt hat. "All is lost" lässt sich nicht als erstklassig allein auf Grund der Schauspielleistung Robert Redfords bezeichnen. Nein, erst durch das Zusammenspiel verschiedener Komponenten wie zum Beispiel durch die klare Vorstellung J.C. Chandors einer eigenen Vision und damit verbundenen Metapher, durch angemessenes Pacing, ein entsprechendes Maß an Spannung, das auf entsprechend größer Bildfläche zur Geltung kommt, Dank eines erstklassigen Tons beziehungsweise Tonschnitts, einem guten Timing, der Kraft der Bilder selber und der mit diesen Dingen verbundenen, wirklich guten Schauspielleistung Robert Redfords entsteht ein richtig packendes und eines der besten Dramen 2014. Welches das Publikum in jeder Sekunde auffordert, an diesem aktiv teilzunehmen, um trotz kaum vorhandener Dialoge nicht auf ein erstklassiges, visuelles Filmerlebnis mit Hintersinn beziehungsweise auf das zu nutze machen der eigenen Phantasie bei Sichtung verzichten zu müssen. 

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"All is lost" ist nun mal nicht mit Michael Bays "Transformers" Blockbustern und deren momentanem Abstumpf-Manierismus zu vergleichen, der uns fälschlicherweise gute Unterhaltung als auch eine schwammige Begrifflichkeit suggeriert. Und uns längst ausgetrieben hat, wie die "eigene" Vorstellungskraft im Kino zu nutzen ist. Wenn uns halt eine fremde Phantasie eines Autors mitten ins Gesicht springt, die keinerlei Freiräume mehr schafft. Beziehungsweise bei der man am Ende nur hinzuschauen, aber zwischen den Zeilen rein gar nichts mehr zu erkennen braucht. Michael Bay´s auch 2014 erfolgreiche Transformers-Bilder zum Beispiel suggerieren nur den oberflächlichen, unfreiwillig komischen Spaß, den puren Selbstzweck, der sich innerhalb in kürzester Zeit in Luft auflöst. Das Publikum wird mittlerweile in eine voyeuristische Distanziertheit versetzt und kann einfach nur ungeniert sehen, aber nicht mehr genau hinschauen, es braucht nicht mehr zu interpretieren, zu verstehen, sich in die Dinge hinein zu fühlen. Die Lust am Schauen im Kino ist mittlerweile genauso wie das gesellschaftliche System, in dem wir leben, von sexueller Gleichmacherei und allen stärker werdenden, zu technisch-künstlichen und daher nicht mehr menschlich wirkenden Einflüssen bestimmt. Sie wird also auf den kleinsten, gemeinsamen Nenner reduziert. Gute Unterhaltung, so wie das Publikum es sich nun mal vorstellt, kann und sollte sich aber ganz anders ausdrücken. Nämlich als etwas geistreich-human-aufrichtiges, das den positiven Glauben an den Menschen wieder vermittelt, auch wenn dieser nicht immer alles im Leben richtig macht. Und dabei muss halt keine Bild- und Ton-Monotonie evoziert werden. Durch die hohe Inszenierungskunst J.C. Chandors in "All is lost" zum Beispiel kommt man in den Genuss eines Films, der im Blockbuster Zirkus Hollywoods mittlerweile selten geworden ist. Und der noch mit narrativen Überraschungen aufwartet. Denn man weiß halt nie, von welcher Gefahr auf hoher See Robert Redford als nächstes an seine menschlichen Grenzen getrieben wird.      

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"I fought 'til the end. I'm not sure what this worth, but know that I did. I have always hoped for more for you all. I will miss you. I'm sorry." -  
  

Also, was bedeutet Kino überhaupt? Ist es nur dazu da, damit eine künstlerisch Vision inklusive neuer Welten erschaffen werden kann, die ständig neue Handlungsplätze eröffnet, erweitert es dabei nicht den eigenen Horizont? Oder ist es einfach nur dazu da, um uns mit Action im Dauer-Lärm-Modus nur die Mägen zu malträtieren, sollte es uns nur einen begrenzten Radius von Schauplätzen mit ihm Rahmen überschaubaren, einstürzenden Schlachten zwischen Häusern und Himmel bieten, die bereits bekannt sind und nach einer Weile genauso wie in vorherigen Blockbustern ausschauen? Gibt es eigentlich keinen Mittelweg zwischen den Philosophien Action-Pornographie und der schwammig definierten Unterhaltung, ja am Ende gar keinen Kompromiss mehr? Doch, den gibt es natürlich. Denn in "All is lost" rummst, kracht und scheppert es auch permanent alles andere als pornographisch, weil auf das authentische reduziert, wenn Robert Redford sich in- und außerhalb seines Bootes und auch seines späteren, schwimmenden Rettungsrings allen Gefahren der Natur, inklusive den hohen, aufpeitschenden Wellen stellen muss. Was von den vielen Blockbuster-Kids von heute als nicht positiv goutiert wird. Da sie von Haus aus kein Interesse daran aufbringen, sich zur Abwechslung mit der zu Grunde liegenden Prämisse und dazugehörigen Weisheit des hier besprochenen, aktuellen Films auseinanderzusetzen, die von J.C. absichtlich nicht ganz kenntlich gemacht wird, damit man sich mit "All is lost" gezwungenermaßen auseinandersetzt. So etwas hat eine aktuelle, neue Generation durch gegenwärtige, verschiedene 08/15 Bumm-Bumm - große Brüste-hohle Köpfe-dicke Effekte Bay-Bruckheimer Blockbuster oder durch das fehlende Aufwachsen mit diversen Filmklassikern schon gar nicht mehr intuitiv erlernt. Dabei wird man in "All is lost" mit einer Prämisse konfrontiert, die unser gegenwärtiges menschliches Verhalten sehr simpel, aber auch unpolitisch bis nicht-religiös reflektiert, also im übertragenen Sinne einfach nur auf ein paar Dinge ohne den erhobenen Zeigefinger aufmerksam machen möchte, die jeden von uns etwas angehen. Irritierenderweise wird so etwas öfter als langweilig kritisiert, dabei ist Robert Redfords Auftritt in "All is lost" alles andere als unspannend inszeniert, da er in jedem Moment dem gespielten Tod ins Auge blickt, wenn er des öfteren auch mal über Bord geht. Oder im Boot mal einem Unfall zum Opfer fällt. Ja es kann schon sein, das "All is lost" dann nicht richtig zur Geltung kommen darf beziehungsweise genau in dem Moment als langweilig eingeschätzt werden kann, wenn man sich das gesamte, zu interpretierende Geschehen zwischendurch auf einem kleinem Laptop mit einem schmalen Bildschirm und einem blechern klingenden Paar Stereolautsprecher anschaut. Und von der überwältigenden Größe eines geschaffenes Settings beziehungsweise einer auf der Leinwand ins Leben gerufenen Welt, in welcher der Protagonist per künstlerischer Interpretation am Scheideweg steht, nichts mitbekommt, weil diese halt nicht "Over-The-Top" in Szene gesetzt ist, kein "Wow it´s such a fucking huge CGI" als Ausdruck evoziert. Warum sollte man das zur Schau gestellte "echte" überhaupt auf sich wirken lassen, während man sich mittels künstlicher Suchtmittel im Kino ablenkt, während in Wirklichkeit vieles mit uns nicht immer gerade perfekt-positiv verläuft, was manchmal vollkommen normal ist. Dem man sich halt, durchs Kino beziehungsweise Dank "All is lost" im Rahmen seiner Möglichkeiten abstrahiert, einfach wieder bewusst werden soll. "All is lost" ist also als ein intelligenter, positiv-kritisch-psychologischer (märchenhafter) Essay beziehungsweise als eine abseits aller Action-Sequenzen inszenierte, nüchterne Bestandsaufnahme über unsere momentanen, sprich modernen-menschlichen Befindlichkeiten zu verstehen, die durch Robert Redford als Segler kanalysiert werden. Viele Menschen schmeißen heutzutage die sprichwörtlichen Brocken einfach weg, weil sie keine Hoffnung durch ihre täglichen Schwierigkeiten im Leben, also im übetragenen Sinne auf hoher See, mehr haben. Aber das sollten sie am Ende halt nicht. Sondern sich an der (immer noch vorhandenen) Stärke wieder aufrichten. 

Kritik - All is lost

Solch ein differenziertes Thema wie in "All is lost" offenbart für einen Teil des Publikums des öfteren aber leider als furchtbar dumm. Sollen sich doch andere um unsere schlimmen, gegenwärtigen, in "All is lost" per Mensch und See auf der Kinoleinwand für uns abstrahierten Belange kümmern. Warum sollte ich das überhaupt tun? Sollen andere doch die Kohlen aus dem Feuer holen, um sich und die Welt mit all ihrem Mut nun zu etwas besseren zu machen, nachdem man die eigenen, auferlegten Grenzen kennengelernt hat beziehungsweise sich allen Gefahren dabei stellt. Oder mit anderen Worten: anstatt sich einer im Rahmen des Kinos in "All is lost" dargestellten, per Symbolsystem zu dechiffrierenden Wahrheit zu stellen, mit unserem Boot manchmal noch andere, positive Richtung ansteuern zu müssen. Aber da wir auf unserem existenziellen Lebensweg manchmal beinahe kompletten Schiffbruch erleiden, flüchten wir uns lieber vor allem ehrlich gemeinten, also vor dem mit "All is lost" wieder wirksamen Independent-Kino in Action-pornographische, Reiz überflutende Mainstream-Streifen. Die abseits der sturen Rezeptions-Diktate Spaß und Unterhaltung (letzterer Begriff muss natürlich viel stärker differenziert werden) gar keine Daseinsberechtigung für sich verbuchen können, da sie sich als ein "Nichts" beziehungsweise ein existierendes Vakuum außerhalb der gängigen Mechanismen des Kinos offenbaren. Und am nächsten Tag ist wieder "business as usual" angesagt, man gibt einfach auf während weiterhin vieles kaputt geht. Ob dies auf oder abseits der Leinwand, also im privaten, ökonomischen als auch ökologischen Sinne geschieht, spielt dann keine Rolle mehr. Es macht einfach keinen Unterschied. Ist so etwas zu tolerieren? Oder sollten wir uns lieber mit dem in "All is lost" gegensätzlich evozierten beschäftigen, der Mär, das man nicht aufgeben und unsere größten, modernen, also gegenwärtigen Schwierigkeiten überwinden kann, wenn man nur fest an sich glaubt? Und das man wieder den Glauben an die Kraft des Kinos entdecken soll, die eine "alles ist am Ende möglich, auch positives" Prämisse heraufbeschwören kann? Eben. Michael Bays aktueller, viel beachteter Transformers-Blockbuster "Age of extinction" zum Beispiel ( mehrere Milliarden Dollar Einspielergebnis werden wieder einmal kein Traum sein) kann abseits vom verzweifelt-hilflosen "Knall Bumm -  wie lustig doch alles ist" doch gar nicht mehr mit dem Zuschauer in einen Dialog treten, der mit all dem in "All is lost" evozierten auch nur im Ansatz vergleichbar ist. Es wird kein Narrativ mehr vermittelt, Bilder und Symbole sprechen keine eigene Sprache mehr, sie lassen uns nicht auf mehr auf kluge Weise hinter eine zunächst aufgezogene Wand schauen, sondern sie sind einfach nur noch da. Das ist mittlerweile unsere Vorstellung davon, was Kino überhaupt zu leisten im Stande ist. Wir machen aus allem nichts mehr. Und blasen eine visuelle Mücke zu einem im inneren hohlen Elefanten auf, der schnell die Luft verliert, wenn man in diesen mit einer Nadel hinein sticht. Während man später in seinem beengtem Radius wiederum feststellen möchte, was an der Qualität von einem gut durchdachten  Film beziehungsweise einem positiv-human-existenzialistischen Survival-Trip wie "All is lost" überhaupt dran ist, wenn auf J.C Chandors Drama von anderer Seite aus entsprechend aufmerksam gemacht wurde. 

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Mittlerweile fehlt uns ein  ideologiekritisches Verständnis für den sogenannten "production of valued consens",  dabei ist "All is lost" mit samt seiner Botschaft und Ehrlichkeit, ja seiner Wichtigkeit der zu Grunde liegenden Thematik, prädestiniert dafür, das Publikum aufzuwühlen beziehungsweise bewusst nachdenklich zu machen, um uns also etwas mitzuteilen. Man kann sich, um Verständnisschwierigkeiten in "All is lost" vermeiden zu können, zum Beispiel einen Filmklassiker wie Ridley Scotts "Blade Runner" in Ruhe anschauen. Der Elemente wie Action, Spannung, epochale Gesellschaftskritik in Form einer Warnung vor dem selbst verschuldetem sterben unseres Lebensraums und die positiv-menschliche Katharsis von Harrison Ford durch das Erlebnis, sich am Ende niemals aufgeben zu dürfen, kongenial miteinander verknüpft. Eegal wie aussichtslos die Dinge in einem persönlich und um einen manchmal herum scheinen, Denn Kino bedeutet viel mehr als reine Knall-Bumm-Spaß-Effekte es evozieren können. Es drückt etwas aus, das mittlerweile des öfteren bereits verloren scheint. Wahres Kino bedeutet nämlich, das man in einem Film auch nach mehrfacher Sichtung immer wieder etwas neues entdecken kann. Und das können wir in Transformers-Blockbustern nicht, in bewegenden Filmen wie "All is lost" hingegen schon. Aber welcher Nicht-Film beziehungsweise welches auf der Leinwand ins Leben gerufene PC-Benchmark-3D-Render-Demo, das einem fälschlicherweise suggeriert, man würde tatsächlich in diesem mitten drin sein, man könnte es kontrollieren, damit man etwas zum rumspielen hat, hat im Gegensatz zum "authentischen" mehr Erfolg an der Kasse? Genau, unsere Welt ist mittlerweile halt eine ziemlich verdrehte. Sobald ein Film inhaltlich etwas fordernder, gedanklich nur ein bisschen tiefsinniger beziehungsweise inhaltlich vielschichtiger wird, müssen wir uns davor schützen, der künstlerischen Gestaltung auf den sprichwörtlichen Leim zu gehen. Denn wenn man etwas richtiges aus einem Film wie "All is lost" heraus liest, der die Extreme "Mensch und Natur" gegenüberstellt, uns vieles beim Aufeinanderprallen dieser Gegensätze durchleiden lässt und uns dann in eine positive Richtung befördern möchte, neigt man gleich wieder zum Hang der Überinterpretation.Wir fallen somit einer engstirnigen Sichtweise zum Opfer, die Blockbuster hervorruft, die sich zu leicht in eine Schublade pressen lassen. Wie zum Beispiel der aktuelle Erfolg "Das Schicksal ist ein mieser Verräter", das genau wie "Twilight" nach den selben Schema-F Szenenabläufen auf banalste Art und Weise die große Liebe thematisiert.  

Fazit: J.C Chandor Drama "All is lost" hingegen widersetzt sich als intelligente Allegorie solchen, mittlerweile um sich greifenden Mechanismen der Gleichmacher-Industrie Hollywoods recht erfolgreich, zum Beispiel wenn es um die Beziehung eines für das Publikum zunächst fremd erscheinenden Seglers zum eigenen Fleisch und Blut geht. Es lässt sich am Ende  nicht in eine einzige, bekannte Inszenierungs-Kategorie pressen und liefert daher einen entsprechenden Impuls im Genre. Im Geiste fühlt sich J.C. Chandors Drama zwar dem zu Grunde liegenden, ähnlich behandelten Thema diverser Arthouse-Verwandtschaften verpflichtet, dennoch verzichtet es durch das weitest gehende fehlen von Dialogen auf bekanntes, verkopftes Geschwätz. Ebenso ordnet es sich im Geiste dem klassischen, US-amerikanischen Action-Kino auf eine eigenwillige, höchst pragmatische Art unter. Als Publikum darf man Dank Robert Redfords Reise einen einzigen langen, in jeder Faser für sich sprechenden Survival-Take miterleben, der halt immer wieder mit beeindruckenden Actionplansequenzen aufwartet.  "All is lost" offenbart sich somit als ein klein wenig typisches, aber andersherum auch wieder als ein sehr untypisch-gutes bis sehr gut inszeniertes Kino made in Hollywood. Das gekonnt zwischen ruhigen und brachial inszenierten Momenten hin- und her pendelt. 

Wertung: 9/10 Punkte


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