Von Stefan Sasse
Ich habe mir ja vorgenommen, nicht immer nur über die Regierung zu meckern, sondern auch zu sagen, wenn sie etwas gut macht. Nachdem ich vor fast zwei Monaten Merkel für ihre Haltung in der Integrationsdebatte lobte, gibt es nun schon wieder ein Lob auszusprechen, dieses Mal ausgerechnet für Kristina Schröder. Das kommt unerwartet, weil man von ihr eigentlich generell nichts erwartet. Das Titelthema des neuen SPIEGEL nutzend (man debattiert in den Hamburger Redaktionsstuben einmal mehr Geschlechterrollen) bringt sie sich scharf gegen den Feminismus in Stellung, was den zuständigen Spiegel-Redakteur zu der Annahme bringt, sie schärfe damit ihr konservatives Profil. Das ist Unsinn, aber mehr dazu weiter unten. Was Schröder gesagt hat, ist das Folgende, grob zusammengefasst: Die reine feministische Lehre ist radikaler Unsinn, ihre Verwerfung von Familie und Kindern ebenso, und besonders der Theorie, dass Frauen einzig und allein homosexuell ihr Glück finden könnten, begegnet sie aggressiv. Schröder schreibt sich besonders die Jungenförderung auf die Fahnen.
Das alles ist richtig und bemerkenswert. Schwarzer hat zu den großen Unterstützerinnen Merkels gezählt (man denke, eine Frau als Kanzler! Das muss ja ein Fortschritt des Feminismus' sein) und dürfte mittlerweile bitterlich enttäuscht von ihrer Geschlechtsgenossin sein. Die weiblichen Mitglieder des Kabinetts fallen alle nicht gerade durch feministische Linientreue auf; im für Schwarzer besten Falle verhalten sie sich indifferent. Konservativ jedoch ist die Linie, die Schröder gerade fährt, nur bedingt. Konservativ wäre eine Propagierung der Rückkehr zum männlichen Ein-Ernährer-Modell; das jedoch hat die CDU inzwischen fast konsequenter abgeschrieben als die SPD. Wer Heterosexualität als Weg zum Glück zulässt ist nicht zwingend konservativ, und auch Kinder und Familie zu mögen, ist sicher kein konservatives Alleinstellungsmerkmal. Endgültig nicht konservativ ist aber die Jungenförderung, die Schröder jetzt als Parole ausgibt.
Tatsächlich ist es so, dass seit Jahren die Leistungen von Mädchen in der Schule die der Jungen übertrumpfen. Nicht umsonst sind sowohl die Zahlen der Schülerinnen im Gymnasium als auch der Studienanfängerinnen insgesamt inzwischen höher als die ihrer männlichen Pendants, die dafür die Hauptschulen und Schulabbrecherkarrieren unangefochten dominieren. Männerrechtler wie Arne Hoffmann weisen auf diesen Umstand seit Jahren hin, und Schröder ist die erste, die wenigstens ein Lippenbekenntnis zu diesem Problem abgibt.
Es dürfte spannend sein zu sehen, was und ob dieser Ankündigung für Taten folgen. Wird eine Lehrerquote eingeführt? Besonders in der Grundschule sind Lehrerinnenanteile von über 75% die Regel, nicht die Ausnahme, und viele Jungen verbringen die Zeit von Kindergarten bis Gymnasium praktisch ohne männliche Bezugspersonen. Wird der Unterrichtsstoff auf männliche Bedürfnisse hin untersucht und angepasst? Derzeit verlangt das Schulsystem extrem viel Auswendiglernen, Stillsein und Unterordnen - traditionell Domänen, in denen die Mädchen brillieren.
Bereits der offene Bruch mit Schwarzer aber war für Schröder sicher keine Kleinigkeit. Bisher war man stets ängstlich darauf bedacht, es sich nicht mit der Ikone des Feminismus' zu verscherzen. Es wäre zu begrüßen, wenn Schwarzer an Bedeutung verlieren würde. Ihr radikaler Feminismus ist völlig aus der Zeit gefallen, vertritt vollkommen abstruse Ideen und dient eigentlich nur dazu, die Gesellschaft zu entzweien. Es wäre Zeit für einen neuen, emanzipatorischen Feminismus, der sein Ziel nicht darin sieht, das vormalige Patriarchat in ein Matriarchat umzuwandeln, sondern anstelle des lesbischen Utopia eine echte Gleichberechtigung und Partnerschaft beider Geschlechter anzustreben. Das aber ist nicht in Sicht.
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