Kriminelle in Spanien haben gute Aussichten auf Begnadigung

Kriminelle in Spanien haben gute Aussichten auf BegnadigungBlogger Ignacio Escolar hat in seinem Blog “Escolar.net” eine interessante Beobachtung der Begnadigungspraxis der spanischen Regierung veröffentlicht. “El indulto” wie die “Begnadigung" in Spanien genannt wird, scheint ein äußerst erfolgreiches Instrument zur Verkürzung von verhängten Strafzeiten zu sein, wenn man die Menge der in Spanien ausgesprochenen Begnadigungen betrachtet. Die Zahl der Begnadigungen macht Spanien zum Weltmeister in dieser Praxis.
Die Begnadigung scheint keine Ausnahme zu sein, sondern ein Normalfall. Die Regierung Rajoy, jetzt seit gut einem Jahr im Amt, hat bereits 444 Begnadigungen ausgesprochen. Seit der Wende von der Diktatur im Jahr 1977 hin zu einem demokratischen Staat sind nach einer Veröffentlichung des spanischen Gesetzblattes 17.620 Begnadigungen ausgesprochen worden. Hauptnutzniesser dieser Begnadigungsaktionen waren die Militärs, die Anfang der achtziger Jahre einen Staatsstreich versuchten, die Terroristen der Organisation GAL, bestochene Richter, große Unternehmer und betrügerische Bankiers. Während der sozialistische Ministerpräsident es in seinen beiden Amtszeiten nur auf 3.226 Begnadigungen schaffte, war der konservative Ministerpräsident Aznar in seinen beiden Amtszeiten besonders gnädig; Er begnadigte 5.916 Delinquenten.
Die Statistik zeigt, dass es nicht die Kleinkriminellen sind, die in den Genuss solcher Großzügigkeit kommen. Die staatliche spanische Obrigkeit begnadigt mit Vorliebe diejenigen, mit denen sie unsaubere Praktiken verbindet oder die auf Grund ihres Position in Wirtschaft und Gesellschaft man doch nicht so hart bestrafen sollte wie die “brutale” Justiz glaubte es tun zu müssen. Diese Begnadigungspraxis richtet sich gegen die spanische Justiz, die auf Grund des Regierungshandelns in ihren Urteilen konterkariert wird.
Die kürzlich ausgesprochene Begnadigung von 4 folternden Polizisten hat aber das Fass zum Überlaufen gebracht. 4 Polizisten der katalanischen Einsatzpolizei hatten einen unbescholtenen Bürger mit einem Gewalttäter verwechselt. Sie stürmten sein Haus, hielten ihn illegalerweise fest, schlugen ihn und steckten ihm einen Revolver in den Mund und drohten zu schießen. Das Landgericht Barcelona hatte drei der Folterer zu 6 Jahren und 7 Monaten Gefängnis und einen vierten zu 2 Jahren und 3 Monaten wegen Folter, Körperverletzung, illegaler Verhaftung, Hausfriedensbruch und Handeln gegen die moralische Integrität und Misshandlung verurteilt. Entgegen dem Gerichtsurteil mussten die vier keinen Tag hinter Gittern verbringen. Am Ende einer peinlichen langjährigen Aktion der staatlichen Stellen mit dem Ziel, den Übeltätern das Gefängnis zu ersparen, hat der spanische Ministerrat sie jetzt begnadigt und die Gefängnisstrafe in eine Geldstrafe von 7.300 Euro umgewandelt, die sie in Tagessätzen von 10 Euro abzahlen dürfen. Einzige Auflage: Sie dürfen in den nächsten fünf Jahren keine Straftaten mehr begehen.
Diesmal folgte aber ein geharnischter Protest von 180 Richtern, die sich durch solch eine Praxis ins Lächerliche gezogen fühlten. Sie unterschrieben ein Manifest, in welchem sie erklärten, dass die Begnadigung der Folterer gegen die Würde des Menschen spreche und “einem demokratischen Rechtsstaat unangemessen, illegitim und ethisch nicht akzeptabel sei”. Das Manifest trägt den Titel “Gegen die Begnadigung als Betrug, in Verteidigung der richterlichen Unabhängigkeit und Würde”.
Informationsquelle
Manifiesto de 180 jueces contra el indulto del Gobierno a cuatro mossos torturadores – Público.es
El Gobierno concede un doble indulto a cuatro mossos torturadores – Público.es

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